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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Tölpeln die Würmer aus der Nase zu ziehen war wirklich Schwerarbeit. Ich gab es schließlich auf und ging zu Chrysosto, einem levantinischen Sekretär, der einen hohen Preis erzielen würde, wenn wir ihn erst mal zur Auktion freigaben. Vorläufig brauchte ich ihn noch für die Inventur.
    Chrysosto war ein aufgeblasener Mensch mit fahler Haut und Triefaugen, was daher kam, daß er seine Nase beständig in zugige Ritze steckte, aus denen man eine Nase tunlichst heraushalten sollte. Heute trug er eine weiße Tunika spazieren, die viel zu kurz geraten war, obwohl die Beine, auf die er sich soviel einbildete, bloß die üblichen blassen Gehwerkzeuge waren, die überall in den Büros herumschleichen, inklusive der behaarten Knorpelknie und der abgelatschten Sandalen. Mit seinen Hammerzehen hätte man Zeltpflöcke einschlagen können.
    »Hör mal einen Moment auf mit dem Gekritzel. Was war eigentlich so Besonderes an diesem Barnabas?«
    »Oh, Seine Gnaden und Barnabas sind auf demselben Gut aufgewachsen.«
    Unter meinem stechenden Blick verbarg Chrysosto seine hageren Stelzen hinter dem Tisch. Vermutlich war er ursprünglich mal ganz talentiert gewesen, hatte aber als Schreiber eines Mannes mit trägem Hirn und cholerischem Temperament bald gelernt, seine Initiative zu unterdrücken.
    »Wie ist er denn so?«
    »Halt ein kalabrischer Mistkerl.«
    »Hast du ihn gemocht?«
    »Nicht besonders.«
    »Meinst du, er wußte über die Pläne deines Herrn Bescheid?«
    »Barnabas hat getan, als wüßte er alles.«
    Dieser gut informierte Kalabrese war aus der Sklaverei freigelassen worden; wenn er sich absetzen wollte, war das theoretisch seine Sache. Da sein Gönner ein Verräter war, hatte ich ursprünglich durchaus Verständnis dafür, daß er sich aus dem Staub gemacht hatte. Jetzt fragte ich mich allerdings, ob er getürmt war, weil er ein krummes Ding vorhatte.
    »Hast du eine Ahnung, warum er fortgelaufen ist, Chrysosto? Ist der Tod deines Herrn ihm sehr nahegegangen?«
    »Schon möglich, aber niemand hat ihn seitdem zu Gesicht gekriegt. Er war die ganze Zeit in seinem Zimmer. Das Essen ließ er sich vor die Tür stellen. Von uns konnte keiner besonders gut mit ihm, also hat sich auch niemand weiter um ihn gekümmert. Sogar als er ins Gefängnis ging und den Leichnam abholte, hat hier keiner davon gewußt. Daß er die Beisetzung angeordnet hatte, habe ich erst erfahren, als der Leichenbestatter mit der Rechnung kam.«
    »Ist denn niemand zur Einäscherung gegangen?«
    »Es wußte ja keiner davon. Aber die Asche ist in der Familiengruft beigesetzt worden. Gestern war ich selber dort, um dem Herrn die letzte Ehre zu erweisen. Da steht eine neue Urne, aus Alabaster …«
    Seine Zugehörigkeit zum Hochadel hatte den jungen Senator also davor bewahrt, in einer Kloake zu verschwinden. Nachdem er im Gefängnis den Tod gefunden hatte, war seine Leiche für eine kostspielige Feuerbestattung freigegeben worden, auch wenn die Zeremonie heimlich und nur in Gegenwart seines Freigelassenen stattfand.
    »Noch eins, Chrysosto. Als dein Herr Barnabas die Freiheit schenkte, hat er ihm da ein Geschäft eingerichtet – irgendwas mit Getreideimport vielleicht?«
    »Nicht daß ich wüßte. Die beiden haben eigentlich immer nur über Pferde geredet.«
    Mittlerweile bereitete dieser Barnabas mir beträchtliche Kopfschmerzen. Die Neuigkeit von seiner Erbschaft, die ich ihm durch Tullia hatte übermitteln lassen, mochte ihn aus seinem Versteck locken, vorausgesetzt, er wollte das Geld kassieren. Um ein bißchen nachzuhelfen, schickte ich einen Läufer zum Forum, damit er dort ein Plakat anschlug, das eine bescheidene Belohnung für Auskünfte über Barnabas versprach. Das mochte einen hilfsbereiten Bürger dazu verführen, ihn an die Wache auszuliefern.
    »Was soll ich denn als Belohnung einsetzen, Falco?«
    »Versuch’s mit drei Sesterzen. Wenn jemand nicht allzu durstig ist, reicht das für den Dämmerschoppen …«
    Wobei mir einfiel, daß es Zeit war für meinen.

VI
    Um mir eine Erfrischung zu genehmigen, brauchte ich das Haus nicht zu verlassen. Der Mann, der hier gewohnt hatte, hieß Gnaeus Atius Pertinax und hatte alles zurückgelassen, was das Leben angenehm macht: Getränke waren reichlich vorhanden, und ich hatte freien Zugang zu seinem Keller.
    Da Pertinax ein Verräter war, fiel sein Besitz an den Staat, das heißt, er wurde von unserem jovialen neuen Kaiser kassiert. Ein paar eher kärgliche Bauernhöfe in Kalabrien (darunter auch der,

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