Bronzeschatten
aufs Spiel gesetzt und sich gegen den Kaiser versündigt hat?«
»Das hat er also getan?« fragte ich naiv. Wir drei verbrachten mehr Zeit damit, uns gegenseitig zu belauern, als nach Verschwörern zu fahnden. Momus, der eifrige Lauscher an der Wand, tat bald so, als wäre er eingeschlafen. Damit konnte er mich freilich nicht täuschen. Seine Plattfüße in den schwarzen beschlagenen Stiefeln, mit denen sich so gut nach Sklaven treten ließ, bildeten einen präzisen rechten Winkel.
Ich spürte, wie Anacrites mich beobachtete, ließ ihn aber ruhig gewähren. »Na, hast du ’n erfolgreichen Tag gehabt, Falco?«
»Tote Kerls und scharfe Weiber von morgens bis abends!«
»Die Sekretäre im Palast lassen dich wohl ganz schön im dunkeln tappen, wie?«
»Scheint so die allgemeine Strategie zu sein.«
Anacrites half mir, den Frust über die verlorene Zeit mit Albaner runterzuspülen. »Ich versuche mir ein Bild von dir zu machen, Falco. Was bist du für ein Mensch?«
»Oh, ich bin der Sohn eines Auktionators, bis mein leichtsinniger Vater die Familie hat sitzenlassen. Na, und jetzt verschachere ich die Antiquitäten dieses Playboys an die Nippesverkäufer auf der Saepta Julia …« Er machte immer noch ein neugieriges Gesicht, deshalb fuhr ich fort: »Mit meinem Job ist es so, als ob man eine Frau küßt – wenn ich nicht höllisch aufpasse, könnte was Ernstes daraus werden!«
Anacrites durchforstete die Privatpapiere des Toten; soviel wußte ich. (Ein Auftrag, den ich selber gern übernommen hätte.) Anacrites war schmallippig, verschlossen, ein unsicherer Kandidat. Im Gegensatz zu Momus, der ohne mit der Wimper zu zucken vier numidische Sänftenträger als zwei Geflügeltranchierer, einen Wagenlenker und einen Fächertänzer aus Xanthus hätte verkaufen können, prüfte Anacrites seine Dokumente mit der Gewissenhaftigkeit eines Revisors, der damit rechnet, daß ein anderer Revisor seine Arbeit nachkontrolliert.
»Falco, ich finde, Momus wundert sich mit Recht«, bohrte Anacrites weiter. »Wozu das Risiko?«
»Nervenkitzel? Nach Neros Tod war das Intrigenspiel darum, wer der neue Caesar werden würde, aufregender als alles andere. Und unser Mann war der geborene Spieler. Er würde zwar ein großes Vermögen erben, aber bis dahin war ein einziges Haus auf dem Quirinal für einen Emporkömmling, der in Rom Beachtung finden wollte, vielleicht nichts Besonderes.«
Anacrites schürzte die Lippen. Ich tat es ihm nach. Wir blickten uns um. Für uns war die kostspielige Pertinax-Villa etwas ganz Besonderes.
»Und was hast du in den Papyrusrollen Seiner Gnaden entdeckt?« fragte ich beiläufig.
»Ach, eine ziemlich fade Korrespondenz!« klagte Anacrites. »Seine Freunde waren lauter Großmäuler von der Rennbahn, ohne jede literarische Ader. Aber seine Bücher sind tadellos geführt und auf dem neuesten Stand. Der Mann hat für sein Geld gelebt.«
»Hast du Namen gefunden? Einzelheiten der Verschwörung? Beweise?«
»Nur Biographisches. Und das meiste davon hätte auch ein halber Tag im Büro des Censors ans Licht gebracht. Atius Pertinax stammte aus Tarentum; sein leiblicher Vater war ein Mann von Stand und hatte viele Freunde im Süden, aber weder Geld noch Einfluß. Mit siebzehn machte Pertinax dieses Manko wett: Er nahm einen greisen Ex-Konsul namens Caprenius Marcellus für sich ein, der enormes Prestige und Geld wie Heu hatte, aber keinen Erben …«
»Und dann«, mutmaßte ich, »hat dieser reiche Knopf den eben erblühten jungen Gnaeus vom Stiefelabsatz Italiens gepflückt und ihn adoptiert?«
»Nach bester Tradition. Und damit hatte der frischgebackene Pertinax Caprenius Marcellus plötzlich nicht nur große Rosinen im Kopf, sondern auch einen Monatswechsel, um sie zu finanzieren. Sein neuer Vater vergötterte ihn. Er tat Dienst als Tribun in Makedonien …«
»Eine gemütliche warme Provinz!« unterbrach ich wieder, diesmal in gereiztem Ton. Ich hatte meinen Militärdienst in Britannien absolviert: kalt, feucht, windig – und zur damaligen Zeit (während der großen Rebellion) furchtbar gefährlich.
»Versteht sich! Ein junger Mann mit großer Zukunft muß Vorsicht walten lassen! Zurück in Rom, heiratet er die Tochter eines eher begriffsstutzigen Senators und wird nach diesem ersten Schritt in die große Gesellschaft prompt selbst in den Senat gewählt – im ersten Anlauf, tja, die Kinder der Reichen haben eben überall Vortritt.«
Ich stand auf und schenkte mir nach. Anacrites schwieg und nippte
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