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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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an seinem Becher. Also steuerte ich ein bißchen Kolorit bei, das ihm vielleicht noch unbekannt war: »Mit der Tochter des Senators, dieser vermeintlich so fabelhaften Partie, hat er sich aber überschätzt. Nach vier Jahren Ehe reichte sie die Scheidung ein, ein schwerer Schlag für Pertinax.«
    »Tatsächlich!« Anacrites lächelte ölig. Es gehörte zu seinem Nimbus als Spion, mehr über andere Leute zu erfahren, als die von sich selber wußten. Und trotzdem war ich besser über die Ex-Frau von Atius Pertinax unterrichtet als er.
    Zum Beispiel wußte ich, daß sie vor vierzehn Tagen einen Bürger namens Falco verführt hatte – entschieden gegen dessen bessere Einsicht, wenn auch überhaupt nicht gegen seinen Willen.
    Ich leerte mein Glas in einem Zug. Den Blick darauf gerichtet, fuhr ich fort: »Ich bin Pertinax einmal begegnet.«
    »Ihn höflich darzustellen ist mehr, als ich ohne ein neues Glas vermag!« Diesmal bedienten wir uns beide von dem bernsteinfarbenen Nektar aus dem silbernen Samowar. Anacrites, der gern den Kultivierten spielte, verdünnte seinen Wein mit warmem Wasser. Ich sah zu, wie er geziert den Finger eintauchte, um den Wasserstrahl aus dem mit Juwelen besetzten Krug zu dosieren, und dann sein Glas schwenkte, um Wein und Wasser zu vermischen. Ich nahm das Wasser so, wie ich es mag, in einem Extrabecher.
    Fürs erste ließ ich das Wasser stehen und kostete genüßlich den Wein. »Gemeiner Kerl. Ein echter Fuchshai! Damals, als ich über ihn gestolpert bin, war er gerade Ädil geworden. Pertinax hat mich unter einem Vorwand verhaften und zusammenschlagen lassen. Dann nahmen seine hilfsbereiten Handlanger meine Wohnung auseinander und machten mein Mobiliar zu Kleinholz.«
    »Hast du Beschwerde eingereicht?«
    »Gegen einen Senator?« Ich schnaubte verächtlich. »Nachher ist der Richter ein Onkel von ihm und ich wäre wegen Mißachtung der Obrigkeit im Gefängnis gelandet.«
    »Der Ädil hat also mit dem Schlagstock sein Mütchen an dir gekühlt, und dafür wühlst du jetzt in den makedonischen Kuriositäten Seiner Gnaden rum!«
    »Auge um Auge«, sagte ich lächelnd und drehte behutsam den weißschimmernden Stiel meines Weinglases zwischen den Fingern.
    »Wie wahr!« Seine wäßrigen Augen verrieten mir, daß er angestrengt nachdachte. »Du hast Pertinax also persönlich kennengelernt …« Ich ahnte, was jetzt kommen würde. »Wie man munkelt, ist dir seine Frau auch nicht fremd?«
    »Ich hab mal für sie gearbeitet. Hitziges Naturell und strenge Grundsätze – nicht dein Typ!« Die Kränkung kam ganz ruhig über meine Lippen.
    »Und wie steht’s mit dir, ist sie dein Typ?«
    »Kaum. Schließlich ist sie die Tochter eines Senators. Ich pinkle in den Rinnstein, kratze mich in der Öffentlichkeit am Hintern und bin auch schon dabei erwischt worden, wie ich meinen Teller abgeleckt habe.«
    »Ah! Sie hat sich nicht wieder verheiratet. Ich tippe drauf, daß diese Scheidung bloß ein Täuschungs-«
    »Nix da!« Ich war empört. »Pertinax ist verhaftet worden, weil seine Frau ihn angezeigt hat.«
    Jetzt war Anacrites eingeschnappt. »Niemand hat es für nötig gehalten, mir das zu sagen! Ich hatte mir fest vorgenommen, die Frau demnächst zu verhören …«
    »Na, dann viel Glück.«
    »Und warum hat sie ihn ans Messer geliefert? Aus Rachsucht?«
    Eine berechtigte Frage; trotzdem brachte sie mich in Rage. »Das hatte rein politische Gründe. Ihre Familie unterstützt Vespasian. Sie hatte ja keine Ahnung, daß Pertinax’ Kumpane ihn zum Schweigen bringen würden, bevor er vernommen werden konnte …«
    Der Spion zuckte zusammen; er wußte, wie seine Kollegen aus dem Strafvollzug sich in der Abgeschiedenheit einer Gefängniszelle Geständnisse verschafften. »Alsdann, Pertinax Marcellus – heil dir und Lebewohl!« rief Anacrites mit geheuchelter Hochachtung.
    Ich persönlich würde es vorziehen, mir den Weg über den Styx ohne Passierschein zu bahnen, als mit dem Segen des kaiserlichen Oberspions im Hades zu landen.
     
    Für Anacrites wurde es Zeit, dem Kaiser Rapport zu erstatten. Momus schlief inzwischen tief und fest.
    Anacrites sah mich mit undurchdringlichen Augen unverwandt an; ich würde mit ihm zusammenarbeiten können – solange ich immer eine Nasenlänge Vorsprung hatte.
    »Du beobachtest mich im Auftrage Vespasians«, sagte ich, »während Momus …«
    »Allabendlich über uns beide Meldung macht!« ergänzte Anacrites im verächtlichen Ton des mit allen Wassern gewaschenen Hofbeamten.

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