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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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älter und unscheinbarer als bei seinem Auftritt in der Villa Poppaea – dafür aber eher wie ein Mann, mit dem man ganz gern einmal zum Angeln gegangen wäre.
    »Meinen Sie das ernst? Darf ich Sie demnach von der Liste derer streichen, die einen üblen Streich gegen ägyptische Kornschiffe planen?«
    »Da bin ich abgesprungen«, antwortete Crispus scheinbar ganz freimütig.
    »Was denn – keinen Erfolg bei der Flotte gehabt?«
    Er machte keinen Versuch, den Plan zu leugnen. »Ach, der Kommandant und seine Kapitäne trinken mit jedem, der bezahlt – aber die Marine sieht sich als treue Soldaten. Eins muß man Ihrem Vespasian lassen, Falco – seine Armee ist absolut loyal.«
    »Die Männer wissen eben, daß er ein guter General ist, Crispus.«
    »Wollen wir hoffen, daß er auch einen guten Kaiser abgibt.«
    Ich musterte sein Gesicht. Helena hatte recht; er war ein guter Verlierer. Die Frage war nur, ob er diesmal wirklich verloren hatte. Der einzige Weg, das herauszufinden, war, ihn gewähren zu lassen und scharf im Auge zu behalten.
    Als ich mich über die Reling schwang, um ins Skiff hinunterzusteigen, stützte mich Crispus. »Danke. Sie können Vespasian um jeden Posten bitten, der Ihnen genehm wäre«, versprach ich, immer noch bemüht, ihn zu retten.
    Aufidius Crispus warf einen verstohlenen Blick zum Skiff hinunter, wo Gordianus sich schwerfällig am Bug niedergelassen hatte. »Aber bei mir wäre es mit einem törichten Priesteramt nicht getan!«
    Ich grinste. »Sagen Sie einfach, was Ihnen vorschwebt! Viel Glück, Crispus, und auf Wiedersehen in Rom …«
    Vielleicht.
     
    Bis jetzt war alles glattgegangen – zu glatt; ich hätte es wissen müssen. Die Parze, die mein Schicksal lenkt, hat einen makabren Sinn für Humor.
    Das Beiboot der Skorpion hatte uns etwa die halbe Strecke zurück zum Mutterschiff gerudert, als ein Neuankömmling in der Lagune erschien. Gordianus blickte mich an. Es war eine Trireme von der Misenum-Flotte.
    »Rufus!« zischte ich. »Das sieht ihm ähnlich: Taucht mit seinem Rosenknospenkranz auf, wenn das Fest praktisch aus ist!«
    Der Neuankömmling war unauffällig herangeglitten, aber kaum, daß wir die Trireme entdeckt hatten, fingen sie an, die Trommel zu schlagen. Auf der uns zugewandten Seite tauchten im Takt achtzig Ruder ins Wasser. Als die Trireme Fahrt gewann, brachen sich die Sonnenstrahlen in den Schilden und Speerspitzen des Geschwaders, das auf dem Kampfdeck Stellung bezogen hatte. Am Bug des unauffällig grau-blau gehaltenen Kriegsschiffes flammte stolz ein scharlachroter Blitz, und ein eindrucksvoll gemaltes Auge verlieh ihm einen Hauch von Lebendigkeit, als es jetzt dank der Kraft dreier vollbesetzter Ruderbänke mit todbringender Geschwindigkeit auf uns zuschoß. Hinter uns hörte ich den Warnschrei von Bassus, dem Bootsmann der Isis.
    Der Matrose, der unser Skiff ruderte, hielt inne. Wenn die Triremen auch gewissermaßen die Arbeitspferde der Marine waren und in der Bucht häufig auftauchten, verschlug es einem dennoch den Atem, eine so mit voller Kraft dahinfliegen zu sehen. Nichts auf dem Meer war so schön – und so bedrohlich.
    Gordianus und ich sahen das Schiff auf uns zusteuern. Wir waren vor Angst wie gelähmt. Wir sahen seinen Rachen – die schweren, bronzeverkleideten Planken, die ihm als Sturmbock dienten; das tückisch gezackte, stets hungrig aufgesperrte Maul hart über der Wasserlinie. Es kam uns so nahe, daß wir das Knirschen der Riemendolle hörten und beim Heben der Ruder das Wasser von den Blättern spritzen sahen. Im nächsten Augenblick warf unserer Ruderer sich flach auf den Boden, und wir klammerten uns am Skiff fest. Riesige Brecher aus dem Kielwasser der Trireme schlugen gegen unsere erbärmliche Nußschale.
    Wir warteten, wohl wissend, daß eine Trireme auf der eigenen Kiellänge wenden kann. Hilflos auf den gepeitschten Wogen schaukelnd wie ein prächtig aufgezäumtes Treibgut, wartete auch die Isis Africana . Aber die Trireme stoppte nicht. Haarscharf vor dem Aufprall traf Aufidius Crispus seine letzte spontane Entscheidung. Ich erkannte seine rote Tunika, als er untertauchte.
    Seine mutwillige Spielernatur, diese betrübliche Charakterschwäche, hatte ihn abermals zur falschen Entscheidung verleitet.
    Er geriet direkt unter die Ruderblätter an Steuerbord. Nur auf der obersten der drei Ruderbänke, am Braßbaum, von wo aus die Schaufeln zu sehen waren, dürfte man ihn überhaupt bemerkt haben. Einmal noch erhaschte ich einen Blick auf

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