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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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seinen gespenstisch kreiselnden Rumpf. Etliche Ruder waren blockiert. Zwei knickten ab. Die übrigen aber pflügten unaufhaltsam weiter wie die geriffelte Flosse eines gigantischen Fisches; und so rammte der schlanke Kiel des mächtigen Kreuzers die zierliche Jacht mit voller Breitseite. Der Sporn traf sie mit ungebremster Wucht und – daran konnte kein Zweifel bestehen – in bestialischer Absicht. Die Trireme bohrte sich mit einem einzigen gewaltigen Stoß in die Isis und strich dann unverzüglich die Riemen: das klassische Manöver der Flotte, um dem aufgebrachten Feind die zertrümmerten Planken aus dem Rumpf zu reißen, sowie beide Schiffe wieder aufeinanderprallen. Die Isis war freilich so leicht gebaut, daß die Trireme, statt sich von ihr loszumachen, den lädierten Rumpf der Jacht mit sich schleppte.
    Totenstille legte sich über die Lagune.
    Ich las am Bug der Trireme, daß sie Pax hieß. In den schwachen Händen eines inkompetenten Kleinstadtmagistrats wurde sie diesem Namen freilich kaum gerecht.
    Unser Bootsmann hatte sein Ruder verloren; er schwamm ihm nach und ließ uns, bis er es gefunden hatte, auf den noch immer wild schaukelnden Wellen allein. Als wir ihn wieder an Bord gezogen hatten, wendete er das Skiff; wir machten uns bereit, zu retten, was zu retten war. Die Besatzung der Isis klammerte sich an die Takelage, bis sie an Bord der Pax übergeholt wurde. Die Marinesoldaten schwärmten über den mächtigen Bronzerammbock aus und hackten die Reste der Jacht herunter. Geborstene Planken des einst so wunderschönen Spielzeugs tanzten auf den Wellen. Aus dem vibrierenden Wrack hörten wir die Schreie eines eingeschlossenen Matrosen. Ohnmächtig wandten Gordianus und ich uns ab und erklommen eine Strickleiter zum Deck der Trireme, um den Magistrat zur Rede zu stellen. Wir kamen am Heck herauf. Rufus machte keine Anstalten, uns entgegenzugehen, daher durchmaßen wir beide der Länge nach das riesige Schiff, bis wir ihn in einer Gruppe Matrosen erblickten, die eben unter dem Kommando des finster dreinblickenden Bootsmanns Aufidius Crispus’ sterbliche Überreste über die Reling hievten.
    Noch ein Leichnam.
    Dieser landete mit dumpfem Aufprall an Deck, wo sich unter ihm im Nu eine trübe Lache von jener eigentümlich hellroten Färbung bildete, die Blut annimmt, wenn es sich mit Salzwasser mischt. Wieder ein brutaler, sinnloser Tod. Ich spürte, daß Gordianus vor Zorn ebenso außer sich war wie ich. Er riß sich den Mantel von den Schultern, und wir hüllten den zerschmetterten Körper darin ein. Gordianus bedachte Aemilius Rufus mit einem einzigen Wort, bevor er sich abwandte: »Vergeudung!«
     
    Ich war nicht so zurückhaltend.
    »Was sollte dieses grauenvolle Manöver? Behaupten Sie ja nicht, Vespasian hätte das angeordnet – Vespasian ist kein solcher Tor!«
    Aemilius Rufus zögerte. Er sah noch immer atemberaubend gut aus, aber die selbstbewußte Art, mit der er mich einmal beeindruckt hatte, wirkte schal. Er war nichts weiter als ein sprunghafter Aristokrat ohne Urteilsvermögen und bar jeder praktischen Intelligenz. Ich hatte es während der Großen Rebellion in Britannien erlebt und sah es nun hier zu Hause wieder: zweitklassige Beamte mit imposant klingendem, aber hohlem Namen, die tüchtige, tapfere Männer mutwillig in den Tod schickten.
    Er gab keine Antwort. Ich hatte auch keine erwartet.
    Rufus hatte den Blick über die Riege der geretteten Besatzungsmitglieder schweifen lassen und verbarg nur mühsam seine Bestürzung, als er den einen Mann nicht finden konnte, den er suchte.
    »Bedaure! Ein tragischer Unglücksfall! Aber immerhin ist das Problem Crispus damit gelöst …«
    »Crispus war nie ein Problem!« Meine schroffe Antwort brachte ihn vollends aus dem Gleichgewicht.
    »Falco, was ist mit Pertinax geschehen?«
    »Wenn es nach Ihnen ginge, würde er jetzt die Austern füttern. Aber nur keine Angst, er dürfte auf der Skorpion sicher sein …«
    Ich hätte es besser wissen müssen.
    Als wir an die Reling traten und nach meinem Freund Laesus Ausschau hielten, entdeckten wir, daß die Skorpion während des Tumults die Anker gelichtet hatte. Sie hatte schon ein gutes Stück Vorsprung gewonnen und hielt direkt aufs offene Meer zu.

LXXII
    Noch mußten Wrackteile von der Trireme losgeschlagen und geborstene Ruder eingeholt werden. Trotzdem hätten wir die Skorpion noch eingeholt. Aber als wir die Verfolgung aufnahmen, gerieten wir mitten in die Regatta, die ich zuvor schon gesehen

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