Brook, Meljean - Die Eiserne See
Ceres und den Zombies, die sicher schon schauten, woher das Geräusch gekommen war.
Über dem Knirschen seines Herzens war das Knirschen von Schritten zu hören, das Ächzen und Knurren. Himmel! Er eilte zur Tür. Gott sei Dank, Gott sei Dank ging sie nach innen auf – allerdings wies das verrottete Holz schon Löcher auf, die so groß waren, dass man eine Hand hindurchschieben konnte. Mit genug Druck würden diese Löcher rasch größer werden.
Es ließ sich nichts daran ändern. Er stemmte sich mit seinem Gewicht gegen die Tür, pflanzte die Füße in den Boden. »Gibt es noch einen anderen Ausgang?«
Doch Yasmeen lief bereits suchend im Raum umher und tastete die Wände ab. Sie drehte sich mit großen Augen zu ihm herum. »Nein.«
»Nimm meinen Enter–«
Der erste Zombie krachte gegen die Tür. Der Stoß fuhr Archimedes in den Rücken, aber er hielt stand. Yasmeen kam und stemmte sich neben seiner Schulter mit den Handflächen gegen die Tür.
»Mein Enterhaken«, sagte er, und zwei weitere Zombies rammten die Tür. Oder der von eben, zusammen mit einem Freund. Archimedes’ Stiefel rutschten, ein winziges Stück nur – und über den hungrigen Knurrlauten war zu hören, dass noch mehr kamen. »Die Belüftungsschächte. Wir klettern nach draußen.«
Vielleicht. Groß waren die Öffnungen nicht.
»Alles klar. Los!«, sagte sie. »Schieß ihn ab!«
Nein. Nein, sie hatte nicht –
»Archimedes.« Sie sah ihn an. »Du bist es gewöhnt, diesen Werfer abzufeuern; ich nicht. Ich kümmere mich um die Tür. Du musst sowieso als Erster da rauf, weil der zweite erst noch rennen muss – und ich bin schneller.«
»Ich bin stärker.« Und die Zombies schlugen nicht etwa auf die Tür ein, sondern häuften sich gegen sie auf – schoben, schoben.
»Ja. Darum musst du schnell machen«, sagte sie.
Verdammt noch eins! Aber er nickte. »Auf drei tauschen wir.«
Sie nickte, und er zählte. Gewandt schlüpfte sie an seinen Platz, stemmte die Füße in den Boden, biss vor Anstrengung die Zähne zusammen. Ein ausgezehrter Arm schlängelte sich durch ein Loch, die Hand tastete dicht bei ihrem Bein herum.
»Mach schnell«, sagte sie.
Er rannte zum nächsten Belüftungsschacht, atmete kurz durch, damit er den Werfer ruhig halten konnte. Der Enterhaken flog los, schlug gegen die Oberseite des Schachtes, prallte aber davon nach draußen ab. Hinter Archimedes lachte Yasmeen vor Erleichterung.
»Rauf mit dir!«
Er warf sein Schultergeschirr ab – damit kam er auf keinen Fall dort hindurch. Er kletterte, grub seine Schuhspitzen in die Wand, um schneller hinaufzukommen. Er schob seinen Kopf in die Öffnung, spürte die Sonne, den Wind.
Seine Schultern passten nicht hindurch.
Er versuchte es noch einmal, in einem anderen Winkel, diagonal in dem viereckigen Schacht. Seine Hände schwitzten am Seil, ihm taten die Arme weh. Jede Sekunde war eine Sekunde mehr, in der Yasmeen die Tür halten musste. Ganz gleich, wie sehr er drückte, seine Schultern passten nicht hindurch.
Mit schwerer Brust ließ er sich wieder zum Boden hinab.
»Nein«, sagte sie. »Wag das ja nicht – Nein! «
»Doch.« Er stützte seine Hände gegen die Tür, rechts und links von ihren Gott sei Dank schmaleren Schultern, und rammte seinen einen Absatz auf eine Hand, die über den Boden tastete. »Anders geht es nicht. Ich bin schlicht von zu männlicher Statur.«
Ihre Augen füllten sich. »Nein.«
»Doch. Also los, auf drei – wir tauschen.«
Er begann zu zählen, und Gott, er wünschte, er hätte sie neulich noch richtig geküsst. Er wünschte, er hätte sie geliebt, als sie es gewollt hatte. Hart, schnell, heftig, langsam … es spielte doch keine Rolle.
»Drei«, sagte er und nahm ihren Platz ein, spürte das Hämmern gegen das Holz, die tiefen Knurrlaute. »Jetzt hau rein und geh!«
Sie sah ihn an. Die Tränen waren verschwunden. Ihre Augen waren klar, ihr Blick hart und kalt. Es war ihr Mörderblick, begriff er – sie zog sich völlig in ihr Inneres zurück.
Und dann küsste sie ihn.
Warm und fest, war sein Mund alles, was sie wollte, brauchte. Aber hinter ihm knurrten die Zombies, und sie durfte hier nicht bleiben. Sie hatte nicht viel Zeit – nicht, wenn sie ihn retten wollte.
Sie musste ihn retten.
Yasmeen riss sich los und sah sein Staunen, seinen Schmerz, seine Hoffnung. Aus alldem wurde glatte Ablehnung, als sie sagte: »Ich bin gleich wieder da.«
»Nein –«
»Wag es ja nicht, zu sterben!«, sagte sie. »Ich komme. Und wenn du
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