Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brook, Meljean - Die Eiserne See

Brook, Meljean - Die Eiserne See

Titel: Brook, Meljean - Die Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammendes Herz
Vom Netzwerk:
Begierde und seine Wildheit, als er sie gegen die Wand drückte und in sie hineinstieß.
    »Hart«, sagte sie. »So hart, dass wir es nächste Woche noch spüren.«
    Schmerz, wenn schon nichts anderes. Und das würde genügen müssen.
    Das würde genügen müssen.
    Hassan erschien in heiterer Stimmung bei Tisch. Vielleicht freute er sich schon auf seine kastrierten Gefühle. Archimedes konnte sich für seine finstere Miene, seine schlechte Laune selbst nicht leiden – aber davon war er ja bald geheilt, ha!
    Der Alte sah ihm einen Moment lang ins Gesicht, dann zu Yasmeen. Sie aß vorsichtig eine Bohne nach der anderen, aber sie machte gerade so gut wie alles vorsichtig. Archimedes bewegte sich auch nicht so lässig wie sonst. Er hätte es sich nie vorstellen können, aber möglicherweise hatten sie tatsächlich zu hart gevögelt.
    Gott, was für eine Frau sie war!
    Er warf einen Blick zur Uhr. Einige wenige Stunden noch. Kurz vor Mitternacht würden sie in Reichweite kommen. Himmel, er kam sich so rührselig vor, als würde er auf den Tod warten! Er sollte stattdessen vernünftig sein.
    »Wenn der Turm fällt«, sagte er, »habt ihr dann keine Sorge, dass das Volk genauso reagieren wird wie damals in England? Die Panik, das Chaos?«
    Hassan schüttelte den Kopf. »Nein, es ist ja nur das, wofür er steht.«
    »Aber wenn das Signal plötzlich aufhört und sie von Emotionen überschwemmt werden …« Er verstummte, als Hassan die Stirn runzelte. »Was ist?«
    »Das Signal ist längst abgestellt. Seit fünf Jahren schon.«
    Neben ihm ließ Yasmeen ihre Gabel fallen. Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch, vergrub das Gesicht in den Händen. Ihre Schultern zuckten.
    War das ein Scherz? Er starrte Hassan an. »Seit fünf Jahren?«
    »Ja. Temür hat das Signal langsam heruntergefahren, um eine solche Panik zu vermeiden. Einige Jahre lang mit reduzierter Stärke, und seit fünf Jahren sendet der Turm gar nicht mehr.« Hassan bedachte ihn mit einem befremdeten Blick, als würde er sich plötzlich fragen, ob er es mit einem Schwachkopf zu tun hatte. Archimedes fragte sich das allmählich selbst. »Diese Türme sind mit ein Grund dafür, dass der Aufstand eine solche Unterstützung erfährt. Warum hätte Temür weitersenden sollen, nachdem er die Regierung übernommen hatte?«
    »Warum steht der Turm dann noch?«
    »Er wurde auf dem Sockel eines alten Minaretts errichtet, ein Bauwerk, das viele als Verbindung zu ihrer Vergangenheit und zum alten Glauben betrachten – etwas aus der Zeit vor der Horde. Er wollte die Konvertiten der letzten Jahre nicht gegen sich aufbringen.«
    »Aber du schon?«
    »Der Turm muss fallen«, sagte Hassan. »Es ist ein altes und kostbares Minarett, aber Rabat würde an Stärke gewinnen, wenn wir stattdessen gemeinsam dort etwas Neues bauen.«
    Also war es kein Scherz. Yasmeen nahm das Gesicht aus den Händen, wischte sich die Augen trocken. »Ach, verdammt! Ich kann kaum sitzen «, schimpfte sie und brach erneut in Lachen aus, diesmal ohne den Versuch, es zu verbergen.
    Hassans Augen funkelten belustigt, während er zwischen Yasmeen und Archimedes hin und her sah, als würde er die Albernheit genießen, ohne gänzlich zu verstehen, woher sie rührte. Dann ruckte sein Kopf nach oben. »Ach, verstehe! Er hat gedacht, der Turm würde ihn beeinflussen.«
    Herrgott noch mal! »Du warst es doch, der gesagt hat, dass ihr den Turm sprengen wollt, genau wie der Eiserne Herzog damals in England.«
    »Und wie immer hast du daraus deine Schlüsse gezogen und bist ohne Zögern losgeprescht«, sagte Hassan, und sein Lachen, das in seinem Atemgerät widerhallte, dröhnte durch die Kabine. »Du fürchtest mehr, du wagst mehr – und nun liebst du mehr. Nichts davon wird dir in Rabat genommen werden. Weißt du eigentlich, dass Temür das Signal nur deshalb früher abgestellt hat als beabsichtigt, weil er miterlebt hatte, was mit dir geschah?«
    Yasmeen zog die Augenbrauen hoch. »Im Ernst?«
    »Ja. Er hatte es vorher schon herunterfahren wollen, aber sehr langsam – über eine Generation hinweg vielleicht. Wir wussten das mit England und wollten keine Wiederholung riskieren. Doch als Wolfram angeschossen wurde, als wir nach der Infektion seine Veränderung mit ansehen mussten …« Er schüttelte den Kopf. »Wie es ist, wenn jemand, der unter dem Turm gelebt hat, sich aus seiner Reichweite entfernt, hatten wir oft erlebt. Es war uns zumeist eine Ermahnung, langsam vorzugehen. Zu viel Angst, zu viel Heftigkeit.

Weitere Kostenlose Bücher