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Brooklyn

Brooklyn

Titel: Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colm Tóibín
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Mal spürte sie, dass er seinen Unterleib gegen sie drückte. Das wäre zuviel gewesen, und vermutlich hatte er beschlossen, es nicht zu riskieren. Als die Photos aufgenommen worden waren, ging sie zurück zur Decke, zog sich um und lag in der Sonne, bis die anderen aufbruchbereit waren.
    Auf dem Rückweg nach Enniscorthy wurde beschlossen, dass sie im Grill des Courtown Hotel zu Abend essen würden, der laut George bis neun Uhr offen hatte, und anschließend zum Tanzen gehen würden. George machte sich lustig über Nancy und behauptete, dass sie ewig brauchen würde, um sich fertig zu machen, und Nancy bestand darauf, sie und Eilis müssten sich wegen des Salzwassers die Haare waschen.
    »Aber dann schnell«, sagte George.
    »Schnell geht nicht«, erwiderte Nancy.
    Jim sah Eilis an und lächelte. »Herrgott, sie sind noch nicht mal verheiratet und liegen sich schon in den Haaren.«
    »Aber es ist für eine gute Sache«, sagte Nancy.
    »Sie hat recht«, sagte Eilis.
    Jim streckte den Arm aus und drückte ihr liebevoll die Hand.
    »Ich bin sicher, ihr habt beide recht«, sagte er mit genügend Sarkasmus und Selbstironie, um nicht so zu klingen, als versuchte er, sich bei ihr einzuschmeicheln.
    Um halb acht wollten sie alle fertig sein. Während Eilis sich die Haare wusch, sichtete ihre Mutter alle ihre Kleider und Schuhe. Bügeleisen und Bügelbrett standen bereit für den Fall, dass das Kleid, für das sie sich entscheiden würden, zerknittert wäre. Als Eilis mit einem Handtuch um den Kopf erschien, sah sie, dass ihre Mutter ein blaues Kleid mit Blumenmuster ausgewählt hatte, eins, das Tony besonders mochte, und dazu blaue Schuhe. Eilis hätte ihr beinahe gesagt, dass sie das nicht anziehen konnte, aber dann wurde ihr klar, dass jede Erklärung, die sie sich dafür hätte ausdenken können, unnötige Spannungen verursacht hätte, also probierte sie es an. Ihre Mutter, die es gar nicht übelzunehmen schien, für den Rest des Abends alleingelassen zu werden, sondern sich vielmehr darüber freute, dass Eilis sich herausputzte, um wieder auszugehen, machte sich daran, das Kleid zu bügeln, während Eilis sich Lockenwickler in die Haare drehte und den Föhn einschaltete, der früher Rose gehört hatte.
    George und Jim kannten den Besitzer des Courtown Hotel vom Rugby her, und sie hatten einen speziellen Tisch mit Kerzen und Wein und ein spezielles Menü und danach Champagner bestellt. Eilis bemerkte, wie andere Gäste ihnen Blicke zuwarfen, als seien sie die wichtigsten Personen im Restaurant. George und Jim trugen beide Sportsakkos und Schlips und Flanellhosen. Als sie Nancy dabei beobachtete, wie sie die Speisekarte studierte und dann ihr Menü bestellte, fiel ihr etwas Neues an ihr auf: Sie war vornehmer als früher und nahm die Feierlichkeit des Kellnersernst, während sie noch vor wenigen Jahren wegen seinem affektierten Gehabe die Augen verdreht hätte oder ihm umgekehrt mit formloser Freundlichkeit begegnet wäre. Bald würde sie Mrs. George Sheridan sein, und das würde in der Stadt einiges bedeuten. Nancy begann, sich mit Genuss in ihre Rolle einzuleben.
    Als sie später in der Hotelbar saßen, sahen George und Jim und der Hotelbesitzer attraktiv und weltgewandt aus, während sie sich über die gerade zu Ende gegangene Rugbysaison unterhielten. Es war seltsam, dachte Eilis, dass George und Jim nicht mit den Schwestern ihrer Freunde hier waren. Jeder in der Stadt war, wie sie wusste, überrascht gewesen, als George angefangen hatte, mit Nancy zu gehen, deren Brüder nie im Leben Rugby gespielt hätten, und hatte angenommen, der Grund dafür sei, dass Nancy so hübsch war und so gute Manieren hatte. Und als Jim Farrell vor zwei Jahren so offen unhöflich zu ihr gewesen war, erinnerte sich Eilis, hatte sie geglaubt, es liege daran, dass sie aus einer Familie kam, die in der Stadt absolut nichts besaß. Jetzt, wo sie aus Amerika zurück war, hatte sie offenbar etwas an sich, fast etwas wie Glamour, und das machte für sie selbst einen großen Unterschied, als sie zusammen mit Nancy dasaß und den Männern beim Reden zusah.
    Sie hatte nicht erwartet, im Tanzsaal so viele Leute aus Enniscorthy zu sehen. Viele Tänzer schienen zu wissen, dass Nancy und George bald heiraten würden, und während sie im Saal umhergingen, kamen von allen Seiten Glückwünsche. Eilis fiel auf, dass Jim eine Art hatte, den Leuten zuzunicken, durch die er lediglich zum Ausdruck brachte, dass er sie erkannte. Sie war weder abweisend noch lud

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