Brooklyn
sagte, er komme mit. Sie machten aus, wer als letzter im Wasser wäre, würde das Abendessen bezahlen. Nancy und Eilis zogen ihre Badeanzüge an, blieben aber auf den Decken sitzen.
»Manchmal sind sie die reinsten Kinder«, sagte Nancy, während sie zusahen, wie George und Jim sich im Wasser balgten.»Wenn sie einen Ball hätten, würden sie eine Stunde lang damit spielen.«
»Was ist eigentlich mit Annette?« fragte Eilis.
»Ich wusste, dass du am Donnerstag nicht mitgekommen wärst, wenn ich dir gesagt hätte, dass Jim dabei sein würde, und ich wusste, nur mit mir und George wärst du auch nicht gekommen, also habe ich dir erzählt, Annette würde mitkommen; es war eine Notlüge«, sagte Nancy.
»Und was ist mit Jims Manieren passiert?«
»Schlechte Manieren hat er nur, wenn er nervös ist«, sagte Nancy. »Er meint es nicht so. Rauhe Schale, weicher Kern. Und außerdem mag er dich.«
»Seit wann?«
»Seit er dich letzten Sonntag zusammen mit deiner Mutter in der Elf-Uhr-Messe gesehen hat.«
»Würdest du mir einen Gefallen tun, Nancy?«
»Und zwar?«
»Würdest du runter zum Wasser laufen und Jim ausrichten, er könnte mir mal im Mondschein begegnen? Oder noch besser, geh hin und sag ihm, du würdest jemand kennen, der an einem Teich wohnt, und ob er nicht bei Gelegenheit da reinfallen könnte.«
Lachend ließen sich beide rücklings auf die Decke fallen.
»Ist alles fertig für die Hochzeit?« fragte Eilis. Von Jim wollte sie nichts mehr hören.
»Alles außer meiner künftigen Schwiegermutter, die jeden Tag etwas Neues verkündet, was sie will oder nicht will. Meine Mutter meint, dass sie ein fürchterlicher alter Snob ist.«
»Das ist sie ja auch, nicht?«
»Das treib ich ihr schon aus«, sagte Nancy, »aber ich warte damit bis nach der Hochzeit.«
Als George und Jim zurückgekommen waren, brachen sie alle vier zu einem Strandspaziergang auf, wobei die zwei Männer anfangs vorausrannten, um sich zu trocknen. Eilis stellte belustigtfest, wie knapp und dünn ihre Badehosen waren. Kein Amerikaner, dachte sie, würde sich in einer solchen Aufmachung am Strand sehen lassen. Ebensowenig würden sich zwei Männer auf Coney Island so unbefangen bewegen wie diese beiden, denen überhaupt nicht bewusst zu sein schien, dass die zwei Frauen sie beobachteten, während sie auf dem festgebackenen Sand direkt am Wasser tolpatschig vor ihnen herliefen.
Auf diesem Strandabschnitt war sonst weit und breit niemand zu sehen. Jetzt verstand Eilis, warum George diese einsame Stelle ausgewählt hatte. Er und Jim und vielleicht auch Nancy hatten einen perfekten Tag geplant, an dem sie und Jim ebenso als Paar erscheinen würden wie Nancy und George. Als sie umkehrten und Jim sich wieder mit ihr unterhielt und die beiden anderen vorausgehen ließ, merkte sie, dass ihr seine massige, lässige Erscheinung und der Ton seiner Stimme, der so unverfälscht nach den Straßen der Stadt klang, gefiel. Er hatte klare blaue Augen, die, fand sie, alles ohne jeden Arg betrachteten. Und sie war sich völlig bewusst, dass diese blauen Augen jetzt mit unübersehbarem Interesse auf ihr ruhten.
Sie lächelte bei dem Gedanken, dass sie ein ganzes Stückweit mitspielen würde. Sie war im Urlaub, und es war harmlos, aber mit ihm ins Wasser gehen, als sei sie seine Freundin, das würde sie nicht. Sie wollte gern Tony in die Augen sehen können, im Wissen, dass sie das nicht getan hatte. Sie und Jim standen da und schauten zu, wie George und Nancy im seichten Wasser planschten und zusammen auf die Wellen zuwateten. Als Jim vorschlug, ihnen zu folgen, schüttelte sie den Kopf und ging ein Stück voraus. Als er sie einholte, fragte sie sich für einen Moment, wie sie sich fühlen würde, wenn sie erführe, dass Tony an einem Tag wie diesem mit einem Freund und zwei jungen Frauen nach Coney Island gefahren und mit einer von ihnen längere Zeit allein am Meer entlangspaziert war. Es war unmöglich, dachte sie, das würde er niemals tun. Und er würde leiden, wenn er auchnur das geringste von dem ahnte, was sie jetzt gerade tat. Sie kehrten zu der Stelle zurück, wo sie ihre Sachen gelassen hatten, und Jim strich die Decke für sie glatt und streckte sich, noch immer nur mit der Badehose bekleidet, neben ihr unter der warmen Sonne aus.
»Mein Vater sagt, dass die Erosion an diesem Teil der Küste besonders stark ist«, sagte er, als hätten sie schon eine ganze Weile miteinander gesprochen.
»Früher haben wir hier immer jedes Jahr ein, zwei
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