Brooklyn
oder Brausepulver oder Gummibärchen wollten, und Männer, die einzelne Zigaretten und Streichhölzer kauften, aber um die kümmerte sich Mary, da sie mit großen Einkäufen sowieso nicht gut zurechtkomme und sich auch keine Preise merken könne und oft, fuhr Miss Kelly fort, wenn viele Kunden im Laden seien, eher ein Klotz am Bein als eine Hilfe sei.
»Ich kann ihr einfach nicht abgewöhnen, Leute ohne jeden Grund anzugaffen. Selbst einige der Stammkunden.«
Der Laden, stellte Eilis fest, hatte ein reichhaltiges Warenangebot mit vielen verschiedenen Teesorten, einige davon sehr teuer und alle teurer als bei Hayes auf der Friary Street oder dem L&N auf der Rafter Street oder bei Sheridan’s am Market Square.
»Du wirst lernen müssen, wie man Zucker abfüllt und Brot einpackt«, sagte Miss Kelly. »Das ist immerhin eines der Dinge, die Mary gut kann, Gott sei’s gedankt.«
Eilis bemerkte, dass Miss Kelly jede Kundin, die an den Tagen ihrer Einweisung das Geschäft betrat, jeweils anders behandelte. Manchmal sagte sie überhaupt nichts, sondern biss die Zähne zusammen und stand hinter dem Ladentisch in einer Pose, die zu verstehen gab, dass sie die Anwesenheit der betreffenden Kundin in ihrem Geschäft zutiefst missbilligte und es nicht erwarten konnte, dass sie wieder verschwand. Andere bedachte sie mit einem dünnen Lächeln, musterte sie mit grimmiger Herablassung und nahm das Geld in Empfang, als gewährte sie ihnen eine unvorstellbare Gunst. Und dann gab es Kundinnen, die sie herzlich und mit Namen begrüßte; etliche von ihnen ließen anschreiben, und so wechselte kein Bargeld die Besitzerin, sondern es wurden Beträge in ein Hauptbuch eingetragen, begleitet von Erkundigungen nach dem werten Befinden und Bemerkungen über das Wetter und Kommentaren über die Qualität des Schinkens oder des Bacon oder über die Vielfalt des angebotenen Brotes, von den Kastenbroten bis hin zum Rosinenbrot.
»Und ich versuche gerade, diese junge Dame anzulernen«, sagte sie zu einer Kundin, die sie mehr als alle anderen wertzuschätzen schien, eine Frau mit einer frischen Dauerwelle, die Eilis noch nie gesehen hatte. »Ich versuche, sie anzulernen, und ich hoffe, dass sie nicht bloß guten Willens ist, denn die arme Mary ist guten Willens, aber das nützt nichts, es nützt weniger als nichts. Ich hoffe, die Neue ist flink und intelligent und zuverlässig, aber heutzutage bekommt man so was nicht für Geld und gute Worte.«
Eilis sah Mary an, die verlegen bei der Registrierkasse stand und aufmerksam zuhörte.
»Aber der Herr erschafft eben solche und solche«, sagte Miss Kelly.
»Da haben Sie recht, Miss Kelly«, sagte die Frau mit der Dauerwelle,während sie ihr Einkaufsnetz mit Lebensmitteln füllte. »Und es nützt auch nichts, sich zu beklagen, nicht? Brauchen wir schließlich nicht auch Leute zum Straßenkehren?«
Am Samstag kaufte sich Eilis mit Geld, das sie sich von ihrer Mutter geborgt hatte, in Dan Bolgers Geschäft einen dunkelgrünen Kittel. Am Abend bat sie ihre Mutter um den Wecker. Am nächsten Morgen würde sie um sechs aufstehen müssen.
Als Jack, der ihr vom Alter her am nächsten stand, seinen zwei älteren Brüdern nach Birmingham gefolgt war, war Eilis in das Jungenzimmer umgezogen und hatte Rose ihr altes Zimmer überlassen, das ihre Mutter jeden Morgen sorgfältig aufräumte und putzte. Da ihre Mutter nur eine kleine Rente bekam, waren sie auf Rose angewiesen, die in der Verwaltung von Davis’s Mills arbeitete; ihr Gehalt deckte den größten Teil ihrer Bedürfnisse. Darüber hinaus kam gelegentlich etwas von den Jungen aus England. Zweimal im Jahr fuhr Rose nach Dublin zum Schlussverkauf und kam jeden Januar mit einem neuen Mantel und Kostüm zurück und jeden August mit einem neuen Kleid und neuen Strickjacken und Röcken und Blusen, die sie oft deshalb auswählte, weil sie glaubte, sie kämen nicht aus der Mode, und dann bis zum Jahr darauf beiseite legte. Rose’ Freundinnen waren mittlerweile größtenteils verheiratete Frauen, häufig ältere Frauen mit schon erwachsenen Kindern oder Ehefrauen von Bankangestellten, die Zeit hatten, im Sommer abends Golf zu spielen oder sich am Wochenende zu gemischten Viererpartien trafen.
Mit Dreißig war Rose, wie Eilis fand, attraktiver denn je, und obwohl sie mehrere Freunde gehabt hatte, war sie immer noch ledig; sie erklärte häufig, sie habe ein viel angenehmeres Leben als viele ihrer früheren Schulkameradinnen, die man jetzt Kinderwagen die
Weitere Kostenlose Bücher