Brooklyn
ich dir zeigen könnte, wie schön sie war.«
»Du bist schön«, sagte er.
»Sie war die Schönste, alle haben das gesagt, und ich kann mich nicht an den Gedanken gewöhnen, dass sie nicht mehr da ist. Ich muss jetzt aufhören, an ihren Tod zu denken und ihren Sarg und all das und vielleicht anfangen zu beten, aber es ist schwer.«
»Ich helf dir dabei, wenn du möchtest«, sagte er.
Obwohl das Wetter besser wurde, hatte Eilis das Gefühl, dass alle Farbe aus ihrer Welt verschwunden war. Bei der Arbeit nahm sie sich zusammen, und sie war stolz, dass sie nicht ein einziges Mal zusammengebrochen war oder plötzlich auf die Toilette hatte gehen müssen, um zu weinen. Miss Fortini erklärte ihr, wenn sie einmal früher nach Hause gehen müsste oder wenn sie sich außerhalb der Arbeitszeit mit ihr treffen wollte, um über das, was geschehen war, zu sprechen, so sei das kein Problem. Tony holte sie jeden Abend nach dem Kurs ab, und sie fand es schön, dass er sie nicht zu reden zwang, wenn ihr nicht danach war. Er nahm sie einfach bei der Hand oder legte den Arm um sie und begleitete sie nach Hause, wo ihre Mitbewohnerinnen ihr eine nach der anderen versicherten, wenn sie etwas brauche, egal, was, solle sie an ihre Tür klopfen oder zu ihnen in die Küche kommen, und sie würden für sie tun, was immer sie konnten.
Eines Abends, als sie hinauf in die Küche ging, um sich eine Tasse Tee zu machen, sah sie, dass auf dem Beistelltisch ein Brief für sie lag, den sie zuvor übersehen hatte. Er kam aus Irland, und sie erkannte Jacks Handschrift. Sie öffnete ihn nicht sofort, sondern nahm ihn, als der Tee fertig war, mit nach unten, um ihn ungestört lesen zu können.
Liebe Eilis,
Mama hat gesagt, dass ich Dir schreiben soll, weil sie dazu nicht imstande ist. Ich sitze gerade im vorderen Zimmer am Tisch am Fenster. Das Haus war voller Leute, aber jetzt ist es vollkommen still. Sie sind alle nach Haus gegangen. Wir haben heute Rose begraben, und Mama lässt Dir sagen, dass es ein schöner Tag war und es nicht geregnet hat. Father Quaid hat die Messe für sie gelesen. Wir sind mit dem Zug aus Dublin gekommen und sind gestern früh nach einer schlimmen Nacht auf dem Postschiff gelandet. Die Totenwache war noch nicht zu Ende. Sie sah schön aus, ihr Haar und alles. Alle sagten, dass sie friedlich aussah, als ob sie nur schlafen würde, und vielleicht war das auch wirklich so, bevor wir gekommen sind, aber als ich sie gesehen habe, sah sie verändert aus, ganz und gar nicht so wie sie selbst, nicht schlimm oder so, aber als ich mich hingekniet habe und sie berührt habe, habe ich keinen Moment lang geglaubt, dass das wirklich sie war. Vielleicht sollte ich das nicht sagen, aber ich dachte, Du solltest am besten wissen, wie es war. Mama hat gesagt, dass ich Dir alles schreiben soll, was passiert ist, wer alles da war, der ganze Golfklub, und Davis’s Büro hatte den Vormittag über geschlossen. Es war nicht wie bei Papa, wo man, als er tot war, eine Minute lang glauben konnte, er wäre noch am Leben. Rose war wie aus Stein, als ich sie gesehen habe, ganz blass, wie ein Bild. Aber sie war schön und friedlich. Ich weiß nicht, was mit mir los war, aber ich habe nicht geglaubt, dass sie das war, bis wir den Sarg tragen mussten, die Jungs und ich und Jem und Bill und Fonsey Doyle aus Clonegal. Das Schlimmste war, dass ich nicht glauben konnte, dass wir das mit ihr machten, sie da drin einschließen und sie begraben. Ich werde für sie beten müssen, wenn ich wieder zurück bin, denn ich konnte den Gebeten überhaupt nicht folgen. Mama hat gesagt, ich soll Dir sagen, dass sie ihr speziell in Deinem Namen Lebwohl gesagt hat, aber ich konnte nicht im Zimmer bleiben, als Mama mit ihr gesprochen hat, und fast hätte ich den Sarg nicht tragen können, weil ich so geweint habe. Und auf dem Friedhof konnte ich überhaupt nicht hinsehen, ich hab mir fast die ganze Zeit die Augen zugehalten. Vielleicht sollte ich Dir das alles nicht erzählen. Es ist nur so, dass wir wieder zurückmüssen und arbeiten, und ich glaube nicht, dass Mama das schon weiß. Sie glaubt, einer von uns bleibt vielleicht hier, aber das geht nicht, weißt Du. Bei uns läuft das mit der Arbeit nicht so. Ich weiß nicht, wie das bei Euch drüben ist, aber wir müssen zurück, und dann ist Mama hier ganz allein. Die Nachbarn werden alle vorbeikommen und die anderen auch, aber ich glaube, das ist ihr noch nicht so richtig klar. Ich weiß, sie würde Dich furchtbar
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