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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Olin
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erfahren haben, aber sie waren mit als Erste gekommen und hatten gleich die Wii in Beschlag genommen. Inzwischen war es fast vier Uhr morgens, und immer noch waren sie abwechselnd dabei, aus dem Avatar Brei zu machen, den sie als Boxgegner kreiert hatten. Sie kriegten überhaupt nicht mit, was um sie rum los war. Sie lachten, teilten Boxhiebe aus und riefen sich in dieser albernen Sprache, die sie miteinander sprechen, irgendwelche Sachen zu. Keine Chance, dass sie von allein aufhören würden. Also ging ich hin und schaltete einfach den Apparat aus. Mir war völlig egal, was sie sagen würden. Schließlich handelte es sich bloß um Luke Pfifer und seine Jungs.
    »Tschüs dann«, sagte ich. »Die Party ist vorbei.«
    Als sie endlich aus dem Haus waren, ließ ich mich aufs Sofa fallen, und dann kam langsam alles hoch, was passiert war. Ich sah zu dem polierten Holzgeländer auf, das über alle Wohnebenen rund um das Wohnzimmer läuft, und folgte ihm mit meinem Blick langsam nach oben. Das ist eine Angewohnheit, die ich schon seit Jahren hab, praktisch seit meiner Geburt. Aber jetzt kam mir das Haus verändert vor. Nicht so luftig wie sonst.
    Ich bekam Panik. Lauter Fragen gingen mir durch den Kopf. Wo steckten die beiden? Was hatte die SMS zu bedeuten, die Will mir geschickt hatte? Was war mit Craig? Warum hatte er mir keine SMS geschickt? Und jetzt diese Stille! Da konnte doch was nicht stimmen! Irgendwas Schlimmes musste passiert sein, irgendwas ganz Entsetzliches.
    Mein Mund wurde ganz feucht und etwas Saures stieg in meinem Hals auf.
    Ich sprang vom Sofa und rannte aus dem Haus.
    Auf der Terrasse sog ich gierig die würzige Waldluft ein und befahl meinem Körper, mir zu gehorchen. Alles war ruhig. Nur ein paar Grillen zirpten. Der Garten war leer und dunkel, nur das Licht der Wohnzimmerbeleuchtung warf einen schwachen Schein nach draußen.
    »Will?«, rief ich. Das heißt, es war bloß ein heiseres Flüstern. »Bist du da?«
    Nichts.
    Die Luft war kühl. Ich zitterte. Ich wartete noch ein paar Sekunden, und als ich gerade wieder ins Haus gehen wollte, um mir einen Pullover überzuziehen, hörte ich hinter dem Schuppen ein kratzendes Geräusch, als ob jemand in der Erde buddelte.
    Ich wartete und rieb mir die Arme, um mich aufzuwärmen. Alles war still. Wahrscheinlich hatte ich einen Waschbär oder ein Opossum gehört, dachte ich.
    Ich wartete aber noch ein wenig, um sicherzugehen.
    Dann kam das Geräusch wieder. Etwas bewegte sich beim Schuppen. Dann löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit, so groß wie ein Mensch, und er bewegte sich langsam und vorsichtig ins Licht.
    Will. Ich erkannte ihn am Gang. Beziehungsweise daran, wie er beim Gehen mit den Ellenbogen schlackerte. Er trug einen Golfschläger über der Schulter. Je näher er kam, desto besser konnte ich ihn erkennen, aber erst als er kurz vorm Wohnzimmer war, sah ich das Blut in seinem Gesicht. Er sah wie eine Horrorfigur aus. Oder wie eins dieser gespenstischen Wesen, die er immer zeichnete.
    Ich bin total durchgedreht. Dabei weiß ich gar nicht, ob mir in dem Moment schon klar war, was passiert war. Trotzdem war ich total fertig. Ich konnte an nichts denken, hatte einfach nur Angst. So große Angst, dass ich anfing zu schreien. Ich zitterte am ganzen Körper und schüttelte Arme und Beine, als ob ich was Ekliges auf der Haut hätte, das ich loswerden wollte.
    Als Nächstes merkte ich, dass Will mich festhielt und mir die Arme an den Körper drückte. Er hielt mich, bis ich mich beruhigt hatte und nicht mehr um mich zu schlagen und zu treten versuchte. Als ich aufgab, hab ich seine Umarmung nicht direkt erwidert, aber ich hab mich auch nicht dagegen gewehrt. Nicht dass ich eine große Wahl gehabt hätte. Er dachte gar nicht daran, mich so schnell wieder loszulassen. Schließlich spürte ich, wie sich meine ganze Muskulatur entspannte. Ich sackte einfach weg, auf den Boden. Will mit mir. Ich drückte mich an ihn und fühlte, wie sich sein Brustkorb hob und senkte. Er weinte, genau wie ich. Also hockten wir schon wieder irgendwo zusammen am Boden und heulten uns die Augen aus.
    Als ich wieder sprechen konnte, flüsterte ich: »Was ist passiert? Hat …«
    Will drückte sich fester an mich und hielt kurz den Atem an. Dann stieß er einen wahnsinnigen Schrei aus. So was hatte ich noch nie gehört. Wie ein Tier, das furchtbare Schmerzen hat. Es war entsetzlich. Ich werde das nie vergessen.
    Und dann war es, als ob … Ich weiß nicht.
    Ich fing wieder an zu

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