Broughton House - Haus der Sehnsucht
beschloss, auf keinen Fall feige in ihrem Zimmer zu bleiben, sondern anschließend mit Nick zu sprechen. Trotzdem zitterten ihre Hände ein wenig, als sie die letzten Sachen weggelegt hatte und die Schranktüren schloss.
Nick wartete in der Küche auf sie und verzog spöttisch den Mund. „Ich weiß zwar nicht, was du vorhast, Fern. Aber zu Adam kannst du nicht laufen. Er will dich jetzt ebenso wenig wie früher. Du scheinst nicht zu wissen, dass er mit dem Ehepaar James und deren Tochter in die Toskana gefahren ist“, fuhr er höhnisch fort. „Die Familie besitzt dort eine Villa. Wer hätte gedacht, dass sich der gute Adam in solch ein gemachtes Bett setzen würde. Der alte James ist stinkreich. Andererseits braucht Adam einen reichen Schwiegervater, falls er mit seinen Plänen für Broughton House scheitert. Und das wird er. Anthony Quentin wird schon dafür sorgen. Er ist nicht gerade scharf auf einen neuen Supermarkt vor seiner eigenen Nase … Was ist los, Fern? Du bereust doch nicht, was du getan hast, weil Adam verreist ist und dich nicht in sein Bett lässt?“
„Mit Adam hat das nichts zu tun“, wehrte Fern sich heftig.
„Lüg mich nicht an“, widersprach Nick ihr hitzig. „Es hat ausschließlich etwas mit Adam zu tun. Du hast ihn immer gewollt. Aber er wollte dich nicht, Fern. Wir haben uns halb totgelacht, wie du um ihn herumgeschwänzelt bist und an seinen Lippen gehangen hast. Er hatte mich gewarnt, dich nicht aus Mitleid zu heiraten.“
Ich darf jetzt absolut nichts sagen, ermahnte Fern sich. Auf keinen Fall darf ich meine Gefühle verraten. Zum Glück hat Cressy mir die Augen über Nick geöffnet.
„Ich gehe jetzt“, erklärte Nick. „Während ich weg bin, bitte ich dich, über einige Dinge nachzudenken. Zum Beispiel, wie du ohne meine Unterstützung leben willst. Du hast keine Eltern mehr, zu denen du zurückkehren kannst, kein Geld, kein Heim – und keinen Adam. Was willst du tun? Eines ist sicher: Du würdest nicht einmal genügend verdienen, wenn du dich gelegentlich auf den Rücken legtest …“
Er fügte etwas so Grausames und Beleidigendes hinzu, dass Fern entsetzt zurückwich. Sie hatte gedacht, sie hätte sich gegen alles gewappnet, was Nick ihr an den Kopf werfen könnte. Doch auf so etwas war sie nicht gefasst gewesen.
Ihr Gesicht glühte immer noch von seiner letzten Beleidigung, als sie die Küche aufräumte. Ihre Hände zitterten, und ihr Körper schmerzte, als hätte Nick sie geschlagen. Sie hatte nur noch den Wunsch, sich irgendwo zu verkriechen.
Hatte Adam doch tatsächlich ausführlich mit seinem Halbbruder über sie gesprochen? Er musste es getan haben, auch wenn Nick vermutlich gewaltig übertrieben hatte.
Tränen brannten in Ferns Augen, während sie zum Spülbecken ging. Jeder Schritt strengte sie körperlich an.
Ich tue dies nicht für Nick, sondern für mich, sagte sie sich eine halbe Stunde später, während sie das letzte Geschirr abwusch. Nachdem sie die Küche gesäubert hatte, wollte sie in die Stadt gehen und einige Makler aufsuchen. Irgendjemand würde schon ein Zimmer haben, das sie mieten konnte. Dafür reichten ihre bescheidenen Ersparnisse aus. Außerdem würde sie bei einigen Arbeitsvermittlungen vorbeischauen, um festzustellen, ob man dort etwas für sie hatte.
Das Telefon läutete, als Fern das Haus gerade verlassen wollte. Sie nahm den Hörer ab und nannte ihre Nummer.
„Fern?“ Sie erkannte Venices Stimme sofort und lächelte über den erstaunten Tonfall der Frau. Venice hatte offensichtlich keine Ahnung, dass sie zurück war.
„Ich muss unbedingt mit Nick sprechen“, erklärte Venice. „Es ist – sehr wichtig. Eine geschäftliche Angelegenheit.“
„Tut mir leid, Nick ist nicht da“, antwortete Fern ruhig. „Ich nehme an, Sie wissen eher als ich, wo er im Moment zu erreichen sein dürfte. Keine Sorge, ich weiß von Ihrem Verhältnis“, fügte sie hinzu, weil Venice nichts sagte. „Die Krawatte, die Sie zurückbrachten, hat mir die Augen geöffnet. Genau das hatten Sie vermutlich beabsichtigt.“
Einen Moment dachte Fern, Venice würde einfach auflegen. Dann hörte sie, wie die Frau tief Luft holte.
„Er liebt Sie nicht, Fern. Er will mich, nicht Sie! Er ist Ihnen ja nicht einmal nachgefahren, als Sie weg waren. Soll ich Ihnen sagen, was er getan hat?“ Ihre Stimme klang seidenweich, doch ihre Bosheit war unüberhörbar. „Er war bei mir, in meinem Bett. Er begehrte mich und schlief mit mir. Keinen einzigen Gedanken hat
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