Broughton House - Haus der Sehnsucht
durfte. Er hatte seinen Halbbruder von Anfang an nicht gemocht. Eifersüchtig hatte er beobachtet, wie seine Mutter ihre Zeit und Aufmerksamkeit Adams Vater und dessen Sohn zuwandte, die ihm vorher allein gehört hatten. Immer wieder hatte sie ihm Adam als Vorbild hingestellt.
„Was hat dich so lange aufgehalten, Darling?“, schmollte Venice wie ein hilfloses kleines Mädchen.
Einen Moment war Nick besänftigt. Dann erinnerte er sich, weshalb er gekommen war. „Bist du dir darüber klar, was du getan hast?“, fragte er. Er machte sich los und ging zum Fenster. „Fern hat die Krawatte erkannt und sich furchtbar aufgeregt.“
Sie brauchte nicht zu wissen, was Fern tatsächlich gesagt hatte. Vielleicht konnte er sie mit dem Hinweis, seine Besuche künftig einschränken zu müssen, für den Bruch eines der ungeschriebenen Gesetze jeder Affäre bestrafen und Venice gleichzeitig sanft, aber deutlich daran erinnern, wer diese Beziehung bestimmte.
Er drehte sich zu ihr und wartete auf ihre Einwände, ihre Entschuldigungen und die Tränen, die gewiss folgen würden.
Er würde sie eine Weile zappeln lassen und die Strafe ein wenig ausdehnen, bevor er ihr großzügig verzieh.
„Tut mir leid, Darling. Mir blieb nichts anderes übrig.“
Nick hörte das schlechte Gewissen in Venices Stimme und entspannte sich ein wenig.
Sie war eifersüchtig – natürlich. Alle Frauen waren eifersüchtig, besitzergreifend und verletzlich. Jeden Moment würde sie ihm versichern, dass sie nur aus Liebe zu ihm so gehandelt hätte. Nun, er würde sie darauf hinweisen, dass Fern seine Frau war, und sie …
„Sie musste es endlich erfahren. Und es schien mir taktvoller zu sein, es auf diese Weise zu tun, als so lange zu warten, bis …“
Nick runzelte die Stirn. Irgendetwas lief schief. Das hätte Venice nicht sagen dürfen. Wo waren ihre Gewissensbisse? Er hörte nur ruhige Entschlossenheit und eine gefährliche Kälte in ihrer Stimme.
Sie lächelte jetzt, aber nicht flehentlich oder unterwürfig. Nicks straffte sich instinktiv, als er ihre scheinheilige Miene, ihre Gerissenheit und – ihre Überlegenheit bemerkte.
Hier lief ganz entschieden etwas falsch.
„Ich habe eine wunderbare Nachricht für dich, Darling. Ich bin schwanger!“
Nick starrte sie entgeistert an.
Venice bemerkte seinen Schreck und lächelte glückselig. Dieses Lächeln hatte sie wochenlang täglich vor dem Spiegel geübt, lange schon, bevor sie schwanger geworden war. So lächelten die unschuldigen jungfräulichen Gesichter der steinernen Madonnen, die sie auf ihrer letzten Urlaubsreise mit ihrem Mann in Italien gesehen hatte. Kurz darauf war er gestorben.
Zum Glück war Bill bis zuletzt so verliebt in sie gewesen, dass er ihr bedingungslos sein gesamtes Vermögen vermacht hatte. Venice wusste, welche Verärgerung diese Erbschaft in seiner Familie erregt hatte. Es bestand immer noch die Gefahr, dass jemand mit einem guten Rechtsanwalt und genügend Ausdauer das Testament anfocht.
Es sei denn, sie, Venice, unternahm etwas und sorgte dafür, dass ihre Position gesichert und ihr Ruf so unantastbar wurde, dass man ihr nichts anhaben konnte.
Dieses Problem beschäftigte sie gerade, als sie Nick zum ersten Mal begegnet war. Damals war er nicht mehr als ein weiterer attraktiver, eingebildeter Mann für sie gewesen, der sie reizte und sexuell anzog. Doch mit der Zeit war der Gedanke in ihr gereift, dass Nick auch eine andere Rolle in ihrem Leben spielen könnte.
Als Mutter hätte sie gewiss einen besseren Stand bei einem eventuellen Prozess vor Gericht. Sie würde mehr Sympathie erregen als eine junge Witwe ohne Anhang. Eine Mutter musste in der Lage sein, ihr Kind – ihre Kinder – zu unterhalten. Wenn sie nicht nur als Mutter, sondern auch wie eine moderne Madonna dastand …
Venice beobachtete Nick. Panik, Wut und Hilflosigkeit spiegelten sich in seinem Gesicht, und sie lächelte innerlich.
„Schwanger?“, fragte Nick ungläubig. War Venice verrückt geworden? War ihr nicht klar, was das bedeutete? Es würde ihn ruinieren … Mit dümmlicher Miene stand sie da und sah ihn an, als müsste er sich jetzt schrecklich freuen.
Babys … Er hatte Kinder nie besonders gemocht und gewiss keine zeugen wollen. Wenn sich herumsprach, dass es außerhalb seiner Ehe geschehen war, noch dazu mit einer Frau wie Venice, einer derartig bekannten Größe am Ort …
„Ist das nicht herrlich?“, hörte er sie sagen. „Ich bin überglücklich,
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