Broughton House - Haus der Sehnsucht
Land zog? Erneut sah Marcus zu Eleanor hinüber.
Es gab mindestens ein Dutzend Gründe, weshalb Broughton House für seine Familie nicht geeignet war – abgesehen von der Tatsache, dass Eleanor dort ein Wunder erwartete. Er liebte das Landleben nicht besonders, und der Gedanke an die ständigen Fahrten, die der Umzug mit sich bringen würde, gefiel ihm erst recht nicht.
Er hatte Eleanor nicht enttäuschen wollen und deshalb nichts gesagt. Andererseits hätte sie seine fehlende Begeisterung eigentlich erkennen müssen. Normalerweise war sie eine äußerst einfühlsame Frau.
Sie mussten unbedingt miteinander reden, das war ihm klar. Auch dass sie umziehen mussten. Das Haus in Chelsea war eindeutig zu klein.
Die Frage war nur, woher er die Zeit für solch ein Gespräch nehmen sollte. Die Auflösung von Eleanors beruflicher Partnerschaft und Julias längerer Aufenthalt in den Vereinigten Staaten hätten zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen können.
Er liebte seine Arbeit und die Herausforderungen, die sie mit sich brachte. Wenn er ehrlich war, musste er sogar zugeben, dass er die spannungsgeladenen Momente brauchte, die sie ihm verschaffte.
Das hatte er auch zu Sondra Cabot gesagt, die gestern in seine Kanzlei gekommen war, um einige Unterlagen abzuholen.
Er war schon mehrmals mit der jungen Amerikanerin zusammengetroffen, seit er sie bei den Lassiters kennengelernt hatte. In mancher Beziehung erinnerte sie ihn an Eleanor – genauer gesagt, an die Eleanor von früher. Natürlich war Sondra jünger und nicht ganz so weiblich. Auch etwas energischer. Sie war es gewöhnt, ihren Willen durchzusetzen. Aber deshalb war sie nicht weniger attraktiv.
Unbekümmert stellte sie ihre Sexualität zur Schau, was eher auf eine gewisse Unschuld als auf große sexuelle Erfahrung schließen ließ. Ihre Jugend, ihre Frische, ihre Begeisterung und ihr Optimismus hatten einen gefährlichen Reiz.
Sondra war eine ganze Weile in seiner Kanzlei geblieben und hatte hitzig über einen strittigen Fall von Datendiebstahl mit ihm diskutiert. Ihre Heftigkeit hatte ihn belustigt – vielleicht sogar erregt.
Erneut runzelte Marcus die Stirn, während Eleanor sich im Schlaf bewegte und zu ihm drehte.
9. KAPITEL
H ast du freibekommen?“, fragte Zoe aufgeregt, sobald Ben die Wohnung betrat.
Er nickte und verzog ein wenig das Gesicht. „Natürlich war Aldo nicht begeistert, aber mir steht noch Urlaub vom letzten Jahr zu.“
„Der Mann nutzt dich furchtbar aus, Ben. Ohne dich …“
„Ich bin der Koch, sonst nichts. Zumindest sieht Aldo es so“, erinnerte Ben sie. „Köche sind heutzutage im Dutzend zu haben.“
„Aber nicht solche wie du“, erklärte Zoe überzeugt. „Ob er etwas ahnt?“
„Nein, bestimmt nicht“, antwortete Ben sofort. „Sonst hätte er mich längst an die Luft gesetzt.“
Er merkte, wie barsch seine Stimme klang. In Wirklichkeit war er ebenso begeistert über ihre Zukunftspläne wie Zoe, wenn nicht noch mehr. Clives Angebot, ihm zu einem eigenen Restaurant zu verhelfen, bedeutete die Erfüllung seiner kühnsten Träume. Nur traute er seinem Glück nicht recht.
Sollte ihn Zoe ruhig damit aufziehen. Er nahm es ihr nicht übel. Im Gegenteil: Ihr überschäumendes Selbstvertrauen und ihre Zuversicht hatten ihn als Erstes angezogen.
„Ich habe Clive mitgeteilt, dass wir lieber allein hinüberfahren und einige Tage dort bleiben möchten, um uns ein bisschen umzusehen und die Konkurrenz auszukundschaften“, erzählte Zoe. „Er war sofort einverstanden. Außerdem habe ich ein Zimmer für uns in dem Landhotel bestellt, das behauptet, ‚dem kritischen Gast jeden Komfort und Luxus zu bieten‘. Es hat ein eigenes Hallenbad, einen Fitnessraum sowie ein Restaurant mit einer besonderen Empfehlung.“
„Das klingt ja ziemlich großspurig“, meinte Ben. „Die offizielle Empfehlung für das Restaurant könnte allerdings ein Problem für uns werden.“
Zoe zuckte unbekümmert die Schultern. „Hoffentlich ist es weit genug von Broughton House entfernt, sodass es keine unmittelbare Konkurrenz darstellt. Wenn Clive tatsächlich noch ein Grundstück hinzukauft und einen Golfplatz anlegt …“
„Wenn – das ist die Frage. Außerdem bin ich nicht sicher, ob man gleich so groß einsteigen sollte. Wir dürfen uns nicht übernehmen, Zoe. Fangen wir lieber nur mit dem Restaurant an.“
„Und dem Hotel“, unterbrach Zoe ihn.
„Nein, das Haupthaus ist zu klein für mehr als drei oder vier Doppelzimmer. Und
Weitere Kostenlose Bücher