Brown, Dale - Feuerflug
Aber vorher habe ich noch etwas in Alexandria zu erledigen.«
»Sie kommen mir nicht wie ein rachsüchtiger Mann vor.«
»Ich weiß wirklich nicht mehr, wer oder was ich bin, Hoheit.«
»Aber ich weiß es – und mir gefällt, was ich sehe. Ich hoffe, dass Ihre Vorgesetzten das ebenso sehen.« Senussi musterte Patrick, dann fügte er mit schwachem Lächeln hinzu: »Ich habe das Gefühl, dass wir uns wiedersehen werden, Sir. Hoffentlich unter glücklicheren Umständen.«
»Hoffentlich behalten Sie Recht, Hoheit«, sagte Patrick. »Aber ich glaube es nicht.«
Abu Kir, Alexandria, Ägypten Zur gleichen Zeit
Aus dem sechzehnten Stock des Apartmentgebäudes, einer der luxuriösesten Eigentums-Wohnanlagen in ganz Ägypten, hatte Susan Bailey Salaam einen herrlichen Blick über Alexandria. Von ihrem Wohnzimmerbalkon aus konnte sie nach Westen bis zur Corniche und zum Fort Kait Bey sehen, auf dessen Platz einst der über hundertdreißig Meter hohe Leuchtturm gestanden hatte – eines der sieben Weltwunder der Antike. Von ihrem Schlafzimmer aus reichte der Blick bis zur AbukirBucht, in der ein Nebenarm des Nils mündete, und nachts war weit am südlichen Horizont sogar der Lichtschein von Kairo zu sehen. In dieser Nacht stand Susan auf dem Balkon, rauchte eine Zigarette und genoss die vom Mittelmeer kommende kühle Brise. Im Wohnzimmer hinter ihr war General Achmed Baris damit beschäftigt, Stapel von Schriftstücken zu sichten und zu ordnen. Er hatte in letzter Zeit Mühe, Susan für irgendetwas zu interessieren.
»Die Zahl der Todesopfer in Marsá Matr ũh ist erschreckend hoch, Sechmet«, berichtete Baris tonlos, als er sich einige Minuten später auf dem Balkon zu ihr gesellte. »Die Behörden fürchten, dass bei dem Angriff über elftausend Menschen umgekommen sind. Das Ramses-Korps ist vernichtet, die AmunFlotte hat über fünfzig Prozent ihrer Schiffe und Besatzungen verloren, und die Zahl der Toten steigt mit jeder Stunde weiter.«
»Schweinehunde«, sagte sie hölzern. »Wie können sie’s wagen, unser Land so zu überfallen?«
»Die Waffe, die Marsá Matrũh verwüstet hat, war eine Neutronenbombe mit einer geschätzten Sprengkraft von ein bis zwei Kilotonnen – das entspricht ein- bis zweitausend Tonnen des Sprengstoffs TNT. Im Umkreis von zwei Kilometern um den Nullpunkt ist alles Leben durch eine massive Strahlendosis vernichtet worden. Die Menschen sind innerhalb weniger Stunden eines qualvollen Todes gestorben.
Außerdem haben libysche und sudanesische Truppen unsere Südgrenze überschritten und das gesamte Ölgebiet Salimah eingekreist«, fuhr Baris fort. »Sie stehen offenbar für einen Angriff auf die Ölfelder von Salimah bereit, der innerhalb der nächsten Tage stattfinden dürfte.«
»Weshalb ist in Marsá Matrũh nicht nach Überlebenden gesucht worden?«, fragte Susan. »Vielleicht lebt Patrick noch.«
Aha, sagte Baris sich, ihre Gedanken sind also bei Patrick McLanahan und seinem Team. Vielleicht auch ihr Herz ...? »Alles in Ordnung mit Ihnen, Sechmet?«
»Danke, mir geht’s gut.« Susan trat ins Wohnzimmer und setzte sich aufs Sofa.
Nebenan in Susan Bailey Salaams Arbeitszimmer nahm Hauptmann Shafik ein Telefongespräch entgegen. Sie machte vor Erstaunen große Augen und reichte den Hörer an General Achmed Baris weiter – der dann ebenso überrascht und erstaunt wirkte. »Was gibt’s, General?«, fragte Susan vom Wohnzimmer aus.
»Das war mein Informant aus dem Verteidigungsministerium. Vor kurzem sind zwei libysche Militärstützpunkte aus der Luft angegriffen worden.«
»Was? Welche Stützpunkte?«
»Zillah und Al-Jawf«, antwortete Baris. »Außerdem sollen mehrere libysche Flugzeuge abgeschossen worden sein.«
»Von Amerikanern ...?«
»Dr. Kalir hat bei der US-Botschaft nachgefragt, die ihm versichert hat, an den Angriffen seien keine amerikanischen Einheiten beteiligt gewesen.«
»Können das unsere Luftstreitkräfte gewesen sein?«
»Die sind zum Schutz der Hauptstadt alle um Kairo zusammengezogen worden«, sagte der General. »Aber für einen Vergeltungsschlag dieser Art müssten wir unsere gesamten Luftstreitkräfte aufbieten. Allein die Planung eines Großunternehmens dieser Art würde Wochen dauern.«
Das war Patrick, sagte sie sich. Er muss überlebt haben! Aber woher hatte er solche Angriffsmittel? Wo waren seine Luftstreitkräfte stationiert? Bestimmt nicht in Ägypten – davon hätte Baris erfahren. Auch nicht in Libyen oder Israel. Irgendwo auf dem
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