Brown, Dale - Feuerflug
innerhalb der Regierung mehr bewirken zu können als außerhalb«, antwortete Susan. »Bin ich lediglich die Witwe eines toten Präsidenten, wird meine Stimme nur als Hintergrundgeräusch wahrgenommen. Lassen Sie mich versuchen, aus meinem Namen und der Tatsache, dass ich die Witwe des letzten Präsidenten bin, Kapital zu schlagen. Vielleicht kann ich etwas Gutes bewirken.«
Baris betrachtete seine junge Freundin einige Sekunden lang nachdenklich. Ihre Worte klangen resolut, überlegt und entschlossen – trotzdem fühlte er sich dabei unbehaglich, unsicher. Was stimmte hier nicht? Was übersah er?
»Ich schlage vor, dass Sie Ägypten verlassen«, sagte Baris ruhig. »Sobald Sie in Italien, England oder den Vereinigten Staaten sind, können Sie in allen Talkshows auftreten und über Ihre Vision eines modernen Ägyptens sprechen. Sie können Spenden sammeln, Aufmerksamkeit für Ihre Ideen wecken und um Unterstützung werben. Versuchen Sie Ihre Vision jetzt zu verwirklichen, wo das Land in einer schweren Krise steckt und die Libyer uns mit totaler Vernichtung bedrohen, geht Ihre Stimme im Chor ängstlicher und verwirrter Stimmen unter – von der schrecklichen Gefahr für Ihr Leben ganz zu schweigen.« Er ergriff ihre Hände. »Denken Sie darüber nach, meine Liebe. Ich bin nur um Ihre Sicherheit besorgt. Ägypten kann noch eine Weile warten.«
»Ich werde darüber nachdenken.«
»Wunderbar.« Er küsste ihr die Hände, lächelte herzlich und verließ den Raum.
Chalid al-Khan war tot. Die Regierung war desorganisiert, vor Angst gelähmt. Sie musste etwas unternehmen ...
Tripolis, Vereinigtes Königreich Libyen Zur gleichen Zeit
»Das kann mir keiner nachweisen«, behauptete Jadallah Zuwayy stolz. »Ein ganzer Militärstützpunkt zerstört, und sie haben keine Ahnung, wer ihnen das angetan hat. Teufel, das hätte ich sehen wollen!« General Tahir Fazani, sein Generalstabschef, und Juma Mahamud Hijazi, sein Minister für Arabische Einheit, beobachteten ihn angstvoll und ungläubig ...
» ...aber vor allem versuchten sie eine Möglichkeit zu finden, mit heiler Haut aus diesem Dilemma herauszukommen. Jadallah, zum Feiern ist’s noch viel zu früh«, wandte Hijazi ein. »Seit diese Waffe in Marsá Matrũh hochgegangen ist, sind Ägypten und die ganze übrige Welt in höchster Alarmbereitschaft.«
»Das Unternehmen zur Besetzung der Ölfelder von Salimah läuft weiter genau nach Plan«, stellte Zuwayy fest. »Wir haben dort fast fünfzigtausend Mann, die das Gebiet abgeriegelt haben, und weitere zwanzigtausend sudanesische Söldner. Zu ihrem Schutz können wir den größten Teil unserer Luftabwehr dorthin verlegen. Sobald wir die Ölfelder besetzt haben, bringen wir überall Sprengladungen an und drohen damit, alles in die Luft zu jagen, wenn die Ägypter nicht einer gemeinsamen Ausbeutung des Ölvorkommens zustimmen.«
»Wir brauchen nur noch ein paar Monate«, stellte Fazani fest. »Sowie wir für die ersten Öllieferungen kassiert haben, setzen wir uns nach Malaysia oder auf eine indonesische Insel ab und genießen das Leben.«
»Oder wir können sofort abhauen«, sagte Hijazi.
»Verdammt noch mal, Jadallah, wir haben auf Geheimkonten in aller Welt mehr Geld gebunkert, als Bill Gates besitzt – wozu bleiben wir als Zielscheiben hier? Ich bin dafür, schnellstens abzuhauen.«
»Ich darf nicht weglaufen!«, widersprach Zuwayy. »Ich bin der König von Libyen! Ich bin der Anführer der MuslimBruderschaft! Ich darf nicht weglaufen! Ich bin das geistige Oberhaupt von zweihundertfünfzig Millionen Muslimen in aller Welt ...«
»Jadallah, diesen Scheiß glaubst du doch selbst nicht!«, unterbrach Fazani ihn. »Du bist kein gottverdammter König, und die Muslim-Bruderschaft würde dich bereitwillig Kasakow oder Salaam oder sonstjemandem ausliefern, wenn das Kopfgeld hoch genug wäre.«
»Ich bin dafür, sofort Schluss zu machen«, drängte Hijazi. »Man soll immer aufhören, wenn’s am schönsten ist.«
»Hau doch ab, wenn du unbedingt weg willst«, sagte Zuwayy mürrisch.
Genau daran hatte Hijazi schon gedacht, und er hatte lange mit Fazani darüber gesprochen. Aber sie brauchten Zuwayy – nicht etwa aus falsch verstandener Loyalität, sondern weil nur Zuwayy die Kontonummern und Geheimzahlen wusste, die sie brauchten, um an alles Geld heranzukommen, das sie aus den libyschen Öleinnahmen für sich abgezweigt hatten. Als Kopf ihres Unternehmens kannte Zuwayy alle Geheimzahlen, während Fazani und Hijazi nur
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