Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
Höchstleistungen angespornt. Obwohl der Zusammenbruch der Sowjetunion auch das Aus für große, supergeheime, üppig finanzierte Institute wie das Fisikous bedeutete, konnte Fursenko nun plötzlich reisen und an Kongressen und Seminaren in aller Welt teilnehmen, um sein Fachwissen zu erweitern. Als Oserow verschwand – wahrscheinlich zurück zu dem Planetoiden oder in den genmanipulierten Brutkasten, der ihn hervorgebracht hatte –, war Fursenko wieder der führende russische Konstrukteur für Flugzeuge und Waffensysteme geworden.
Und jetzt wusste Kasakow, wo er war, hatte ihn kennen gelernt und konnte sich sogar als seinen Boss bezeichnen – immerhin gehörten Kasakow fast zwei Drittel der Industriellen Investmentgruppe Metjor. Das Genie Fursenko hatte ihm seit langem zur Verfügung gestanden, und er hatte nichts davon geahnt! Aber wie konnte er diese Tatsache zu seinem Vorteil nutzen? Sein Verstand begann auf Hochtouren zu arbeiten …
Erst als die Heckrampe der Transportmaschine sich wieder schloss, damit das Flugzeug in den Hangar geschleppt werden konnte, drehte Kasakow sich endlich zu den drei Dienstwagen um, die hinter ihm gewartet hatten.
Die linke und die mittlere Limousine fuhren plötzlich davon und ließen nur einen Wagen zurück. Aus dieser StretchLimousine stieg ein Leibwächter mit einer Maschinenpistole über seinem dunklen Anzug und hielt dem jungen Mann die Tür auf. Kasakow wischte sich Schnee von den Schultern, nahm seine Pelzmütze ab, unter der ein kahlrasierter Schädel zum Vorschein kam, und stieg ein. Hinter dem jungen Mann schloss sich die Tür mit einem dumpfen Knall, der ihm zeigte, dass der Wagen gepanzert war. Die Limousine fuhr sofort an.
Hinten saß ein Offizier Anfang sechzig, der eine Kommunikationskonsole mit Funk, Satellitentelefon, Bildschirmen und einer Computertastatur vor sich hatte. Ihm gegenüber saß mit dem Rücken zur Fahrtrichtung eine bildhübsche Adjutantin mit der gleichen Konsole vor sich. Sie begutachtete den jungen Mann, schenkte ihm ein anerkennendes halbes Lächeln und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.
»Sie haben nicht einmal versucht, meiner Mutter ein paar tröstende Worte zu sagen, General«, sagte der junge Mann ohne jegliche Begrüßung scharf.
»Ich habe es nicht für ratsam gehalten, auch nur zu versuchen, sie in ihrem offenbar hysterischen Kummer zu trösten.«
»Und wer war in den beiden anderen Wagen?«, fragte der junge Mann. »Der Präsident? Der Verteidigungsminister?«
»Der nationale Sicherheitsberater als Vertreter Präsident Senkows und der Staatssekretär für Europafragen als Vertreter des Kabinetts. Ich vertrete die Streitkräfte.«
»Ich hatte gehofft, der Präsident würde den Mut aufbringen, selbst zu kommen«, sagte der junge Mann verbittert. »Der Oberbefehlshaber kneift nicht nur, sondern lässt die Maschine mit den Särgen nachts und bei Schneesturm landen! Was ist aus Ihrem Mitgefühl, aus Ihrer Pflicht geworden, den Angehörigen für das gebrachte Opfer zu danken?«
»Wir hätten es nicht an Ehrerbietung fehlen lassen, wenn Ihre Mutter nicht die Flagge entweiht hätte«, sagte der alte Offizier. »Das war ein entwürdigendes Schauspiel. Höchst bedauerlich.«
»Sie ist die Witwe eines Mannes, der im Einsatz gefallen ist, um einen Auftrag zu erfüllen, den nur wenige Offiziere wollten«, sagte der junge Mann. »Sie hat ihr Leben für die Armee geopfert. Sie hat ein Anrecht auf ihren Schmerz – wie sie ihn auch ausdrücken will.« Kasakow sah zu dem Offizier hinüber, der aber keine Antwort gab. Er holte prüfend Luft, griff hinter den Sitz, holte ein Kristallglas hervor und roch daran, während er über den Rand des Glases hinweg die Adjutantin begutachtete. »Wie ich sehe, haben Sie noch immer eine Vorliebe für amerikanischen Whiskey und hübsche Adjutantinnen, Generaloberst«, sagte der junge Mann.
»Scharf beobachtet, wie immer, Pawel Gregorjewitsch«, antwortete Generaloberst Walerij Tichonowitsch Schurbenko mit einem Lächeln. Er griff in ein Fach unter der Konsole und holte eine Flasche Jim Beam und zwei Schnapsgläser heraus. Er schenkte ein, gab dem jungen Mann ein Glas, hob sein eigenes und sagte: »Auf Gregor Michailewitsch Kasakow, den tapfersten und besten Offizier … nein, den besten Mann , den ich je gekannt habe. Mein bester Kamerad, mein Vertrauter, ein vorbildlicher Soldat und ein heldenhafter Sohn von Mütterchen Russland!«
»Auf meinen Vater«, sagte Pawel Gregorjewitsch Kasakow und
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