Brown, Dale - Phantomjäger
hatten einen Deal
mit Präsident Nijasow. TransCal hat fast acht Milliarden Dollar für den Bau dieser Pipelines und die erforderliche Infrastruktur ausgegeben...«
»Jetzt ist Kurban Gurisow an der Macht.«
»Gurisow ist eine Marionette der Russen«, sagte Martindale scharf. »Er war von Anfang an gegen den Deal mit TransCal.
Er will seinen Reichtum und sein Prestige vermehren, indem er die Russen nach Turkmenistan zurückholt, damit sie ihn als Präsidenten stützen. Dann wird TransCal den Vertrag mit der turkmenischen Regierung neu aushandeln müssen.« »Sehr wahrscheinlich«, bestätigte Hershel nüchtern. Martindale starrte die stellvertretende Außenministerin entgeistert an. »Freut mich, dass Sie meiner Analyse zustimmen«, sagte er sarkastisch. »Aber erscheint Ihnen das fair, Maureen?«
»Aus der Sicht von TransCal vermutlich nicht«, antwortete sie. »Aus Gurisows Perspektive dürfte das eine völlig logische, vernünftige Idee sein.« Sie merkte, dass Martindale mit jeder Minute zorniger wurde. »Kevin, ich bin sicher, dass TransCal sich der Risiken bei diesem Vertragsabschluss bewusst gewesen ist. Ich bin sicher, die Firmenspitze war sich darüber im Klaren, dass Turkmenistan praktisch eine Diktatur war und noch heute eine ist. TransCal hat von Gurisow und seinen engen Bindungen zur russischen Regierung, von den riesigen Öl- und Erdgasmengen, die weiterhin nach Russland gehen, und der fortgesetzten Stationierung russischer Truppen in Turkmenistan gewusst. TransCal hat die Risiken gekannt – ebenso gut wie Ihre Regierung, Sir. Trotzdem sind Sie mit Präsident Nijasow zusammengetroffen und haben diesen Deal für TransCal eingefädelt.«
Hershels Stab hatte vor diesem Gespräch ganz entschieden seine Hausaufgaben gemacht. Martindale fragte sich sogar, ob Maureen Hershel schon vor der Festsetzung des Gesprächstermins Zigarrenraucherin gewesen war.
»Warum informiert die CIA Sie nicht besser darüber, was dort draußen passiert?«, fragte er, weil er hoffte, rasch das Thema wechseln zu können.
»Wie Sie wissen, haben wir überall Quellen«, sagte Hershel, »aber die können auch nicht alles sehen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass TransCal unterrichtet wurde und die Risiken genau gekannt hat, als der Vertrag mit Präsident Nijasow unterzeichnet wurde.«
»Offen gesagt, Maureen, konnten wir den Vertrag damals unterzeichnen, weil meine Regierung zugesichert hatte, Recht und Gesetz weltweit Geltung zu verschaffen«, stellte Martindale fest. »Hätte Thorn auch nur einen Bruchteil des Rückgrats bewiesen, das meine Regierung hatte, säßen wir wahrscheinlich nicht in der Patsche.«
»Das möchte ich nicht kommentieren.«
»Nun, ich darf es, und so sehe ich die Sache.« Martindale machte eine Pause, dann lehnte er sich zurück, griff nach seiner Zigarre und entlockte ihr neue Rauchschwaden.
»Sagen Sie, Miss Hershel«, fuhr er fort, »was ist eigentlich Minister Kercheval passiert?«
»Minister Kercheval ist nichts passiert«, antwortete sie. »Gerüchteweise hört man, dass er Medikamente gegen die Parkinsonsche Krankheit nimmt.«
»Bei seiner letzten gründlichen Untersuchung ist er für kerngesund erklärt worden. Von der Parkinsonschen Krankheit war keine Rede.«
»Weitere Gerüchte behaupten, er sei mit Präsident Thorns Außenpolitik sehr unzufrieden und wolle lieber zurücktreten, als dieser Regierung weiter anzugehören.«
»Ich habe nichts dergleichen gehört.«
»In letzter Zeit scheinen plötzlich alle möglichen hässlichen Gerüchte zu kursieren, Miss Hershel – und sie korrespondieren exakt mit Ihren in letzter Zeit auffällig häufigen Besuchen im Weißen Haus. Wie entstehen alle diese Gerüchte, Maureen?«
»Das müssten Sie am besten wissen, Kevin«, antwortete sie mit leicht amüsierter Miene. »Sie haben erst letzte Woche in Crossfire darüber gesprochen, haben Sie das vergessen?« »Wird Außenminister Kercheval wegen Meinungsverschiedenheiten in der Turkmenistanfrage zurücktreten?« Hershel griff wieder nach ihrer Zigarre und lehnte sich in den Sessel zurück, ohne Martindale aus den Augen zu lassen.
Sie wusste, dass er sie auszufragen versuchte, und ließ deshalb Zigarrenrauch als Nebelwand zwischen ihnen aufsteigen. »Nein«, sagte sie.
»Sollen Sie Kerchevals Nachfolgerin werden, wie in der Presse spekuliert wird?«
»Ich habe den Auftrag, für Außenminister Kercheval ein Positionspapier unseres Hauses zur Lage in Zentralasien zu erarbeiten«, antwortete
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