Brown, Dale - Phantomjäger
anderes gedacht – an seinen Sohn Bradley, der zu Hause in Nevada auf ihn wartete. Bradleys Mutter Wendy war während eines Einsatzes in Libyen, bei dem auch Patricks jüngerer Bruder Paul gefallen war, brutal ermordet worden. Patrick war heimgekehrt, um seinen Sohn zu sehen und seinen Bruder zu begraben, und dann wieder losgezogen, um zu versuchen, seine Frau zu retten, die der im Exil lebende libysche König in einem libyschen Gefängnis aufgespürt hatte.
Der Rettungsversuch schlug fehl: Wendy fand den Tod, und Patrick kam nur mit knapper Not mit dem Leben davon. Nachdem der libysche König in seinem Land eine konstitutionelle Monarchie ausgerufen hatte, gelang es Patrick schließlich, ihren Leichnam in die Heimat überführen zu lassen; dort wurde er eingeäschert, und sie streuten ihre Asche in den Pazifik. In Zukunft, das hatte Patrick sich geschworen, würde er nie mehr von Bradleys Seite weichen...
Aber er brach dieses Versprechen wenig später, als Präsident Thomas Thorn ihn zum Generalmajor der Air Force befördert und ihm das Kommando über die Air Battle Force auf dem Luftwaffenstützpunkt Battle Mountain übertragen hatte. Anfangs hatte er nur kurze Dienstreisen machen müssen: zur Tonopah Test Range, nach Dreamland, vielleicht nach Washington. Um Bradley kümmerten sich dann Patricks Schwestern in Battle Mountain oder bei sich zu Hause in Sacramento; oft nahm Patrick seinen Sohn auch mit. Bradley fand überall Freunde, mit denen er T-Ball spielte, schien sich zu freuen, wenn sein Vater heimkam, und wirkte nicht traumatisiert oder krampfhaft anhänglich. Er war ein zäher kleiner Bursche, fand Patrick. Allerdings hatte er in seinem jungen Leben schon ziemlich viel mitmachen müssen.
Diesmal befand Patrick sich jedoch auf einem einwöchigen Einsatz mit Flügen von Diego Garcia im Indischen Ozean aus. Als Rechtfertigung legte er sich die Erklärung zurecht, hier handle es sich nur darum, Einsätze von StealthHawks zu überwachen; Flüge über feindliches Gebiet waren nicht vorgesehen, deshalb würde er so sicher sein, wie man an Bord eines zweihundertfünfzehn Tonnen schweren Bombers überhaupt sein konnte. Jetzt war selbst dieser schwache Rechtfertigungsversuch geplatzt. Im schlimmsten Fall hatte er eine sehr gute Chance, seinen kleinen Sohn zur Vollwaise zu machen; im besten Fall würde er wahrscheinlich gegen seinen Willen entlassen werden. Wie schon einmal.
Endlich verließen die Hornets, deren Piloten vermutlich erleichtert aufatmeten, die enge Formation, in der sie ständig in Gefahr gewesen waren, mit der EB-1C zusammenzustoßen, und der Bomber war wieder allein.
Die Vampire war mehrere Meilen nördlich der Insel Diego Garcia, als das erste Triebwerk wegen Treibstoffmangels ausfiel. »Das gegenüberliegende Triebwerk auch stilllegen, bevor zwei auf einer Seite ausfallen«, sagte Rebecca sofort, aber Patrick hatte die Computer bereits angewiesen, genau das zu tun. Rebecca starrte angestrengt durch ihre Windschutzscheibe nach vorn, sah jedoch alles nur verschwommen. »Wie sieht’s aus?« Keine Antwort. »Patrick? Alles in Ordnung?«
»Ich... ich habe an meinen Sohn gedacht«, sagte Patrick. »Nach dem katastrophalen Einsatz in Libyen und dem Tod seiner Mutter bin ich nur mit knapper Not davongekommen, und jetzt könnte ich ihn durch eine verpatzte Landung zur Vollwaise machen.«
»Wir können immer noch aussteigen. Ich bin jederzeit bereit. Sie brauchen nur den Befehl zu geben.«
Patrick zögerte – aber nur einige Sekunden lang. »Nein, wir können’s schaffen.«
»Puppenspieler, Sie sind zu tief«, sagte der Fluglotse im Kontrollturm. »Kurven Sie sofort langsam vom Gleitpfad weg, sonst schaffen Sie’s nicht mehr.«
»Für uns heißt’s jetzt oder nie, Patrick«, sagte Rebecca mit fester, gleichmäßiger Stimme. »Warten Sie zu, und versuchen Sie später, zu eng wegzukurven, überziehen Sie und stürzen ab. Fällt ein weiteres Triebwerk aus, schaffen wir’s nicht. Und fällt im Kurvenflug eines aus, trudeln wir so schnell ins Meer, dass sie ein Schleppnetz brauchen werden, um uns vom Meeresboden raufzuholen. Kurven Sie jetzt weg.«
»Nein. Wir können’s schaffen.«
»General, das ist verrückt ...«
»Bei einer Notwasserung verlieren wir ein Flugzeug für dreihundert Millionen Dollar, Rebecca«, sagte Patrick. »Versuchen wir zu landen und machen auf der Landebahn Bruch, machen sie vielleicht sogar unbenutzbar ... na und? Ich bezweifle, dass der Schaden höher als dreihundert
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