Brown, Dale - Phantomjäger
auf Patrouillendienst, Bewachung des Stützpunkts und Meldungen an ihn persönlich, dann entließ er die Kompaniechefs und ihre Unteroffiziere. Der Offizier, der vorhin gesprochen hatte, Leutnant Aman Orasow aus einer Versorgungseinheit, blieb mit Turabi zurück. Orasow war ein großer, schwerer Mann, bartlos, mit langem, strähnigem Haar, schmutziger Uniform und ungeputzten Stiefeln – Turabi befürchtete, er könnte Läuse haben. »Es ist eine große Ehre, Ihnen zu dienen, Herr«, sagte Orasow in fließendem Paschtu. »Ich bin stolz darauf, jetzt Ihrer Armee anzugehören.«
»Sie sind ein treuer und tapferer Diener... Hauptmann Orasow«, antwortete Zarazi. Der schmuddelige Versorgungsoffizier schien Zarazi dafür die Hand küssen zu wollen – und dann tat er’s auf Abscheu erregende Weise tatsächlich. »Ich will nur hoffen, dass Sie die Lage in Gaurdak richtig beurteilen.«
»Das tue ich, Herr«, versicherte Orasow ihm. »Ich glaube nicht, dass diese Soldaten uns gefährlich werden können. Sie sind noch isolierter als wir hier in Kerki; sie machen viele Schwarzmarktgeschäfte mit Dorfbewohnern und Schmugglern aus Usbekistan und Afghanistan. Ich denke, dass viele den Wunsch haben werden, sich Ihnen anzuschließen.« »Nun, wir werden sehen«, sagte Zarazi.
»Sorgen machen mir dagegen der Major und die ehemaligen Kompaniechefs, denen Sie freien Abzug gewährt haben, Herr«, fuhr Orasow fort. »Ich fürchte, dass sie Lügen und wilde Geschichten über Sie verbreiten werden. Wir sollten nicht zulassen, dass sie Tschardschu erreichen.« Tschardschu, ungefähr hundertachtzig Kilometer flussaufwärts, war der größte Militärstützpunkt Ostturkmenistans. Die Augen des turkmenischen Zeloten leuchteten, und er trat vor Vorfreude von einem Fuß auf den anderen. »Ich erledige sie für Sie, Herr. Lassen Sie mich einen Angriff organisieren. Wir sind ihnen überlegen. Es wäre mir eine große Ehre, Ihre loyalen turkmenischen Soldaten zum Angriff gegen die Unterdrücker zu führen, von denen Sie uns befreit haben.« Jalaluddin Turabi wollte seinen Ohren nicht trauen, aber Wakil Zarazi quittierte das psychotische Geschwätz dieses Bauernlümmels tatsächlich mit nachdenklichem Nicken.
»Nein, Hauptmann«, antwortete er dann zum Glück. »Ihre Begeisterung und Ihr Schwung sind anerkennenswert, aber diese Männer sind noch nicht unsere Feinde, nur unsere Gegner. Gruppieren sie sich neu und kehren zurück, um zu kämpfen, sollen Sie unsere Truppe ins Gefecht führen.« Zarazi sah rasch zu Turabi hinüber. Suchte er Zustimmung oder fürchtete er, sein Stellvertreter könnte dagegen protestieren, dass er einem Turkmenen das Kommando über ihre Truppe übertragen wollte? Turabi zuckte gleichmütig mit den Schultern.
»Ich habe ihnen mein Wort gegeben, dass ihnen nichts geschieht, wenn sie sich ergeben – und dabei bleibt es. Gehen Sie jetzt. Organisieren Sie Ihre Männer und melden Sie mir, wenn sie zur Besichtigung bereitstehen.«
Der Kerl konnte nicht aufhören, sich tief zu verbeugen, während er rückwärts gehend den Raum verließ.
Als sie allein waren, betrachtete Turabi seinen Führer und langjährigen Vorgesetzen mit einer Mischung aus Vorsicht und Bewunderung. Zarazi stand auf dem Podium und starrte auf die im Sonnenlicht liegende Fläche vor dem Stabsgebäude. »Mir gefällt der Plan, Gaurdak einzunehmen«, sagte Turabi. »Auch die Besatzung des Wasserkraftwerks KisylArwat ist eine gute Idee. Für den Fall, dass wir angegriffen werden, können wir mit seiner Sprengung drohen. Hoffentlich hat dieser Orasow Recht, was den Kampfwert der Brigade betrifft. Wir werden jeden Vorteil brauchen, wenn wir unsere Truppe teilen, um das Wasserkraftwerk zu besetzen und gleichzeitig Gaurdak anzugreifen.«
Zarazi schwieg. Es war, als habe er ihn überhaupt nicht gehört. Das erboste Turabi.
»Entschuldigung, General«, knurrte er in einem Tonfall, der Zarazis selbst verliehenen Dienstgrad unüberhörbar verspottete, »aber was bezwecken Sie damit? Was hoffen Sie damit zu erreichen?«
»Was wollen Sie hier erreichen, Oberst?«, fragte Zarazi, ohne sich nach ihm umzudrehen.
»Wakil, wir haben von unseren Stammesführern den Auftrag, Geld, Waffen und Ausrüstung zu beschaffen, die sich verkaufen lassen, um die Al-Qaida-Kräfte in Nordafghanistan zu unterstützen«, sagte Turabi. »Damit haben die Stammesältesten dich beauftragt, und du hast ausdrücklich Anweisung, loszuziehen und diese Dinge zu erbeuten. Das war der einzige
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