Brown, Dale - Schattenpilot
Cheshire ein. Willis sah zu der Luftwaffenpilotin hinüber. Er war ihr schon mehrmals in den Hangars begegnet, aber da sie ihn nie beachtet hatte, hatte auch er sich nicht weiter um sie gekümmert, obwohl sie recht hübsch war.
Diesmal war es anders. Nancys Fliegerkombi hatte Abnäher erhalten, um ihre weiblichen Formen zu betonen, und der weit geöffnete Mittelreißverschluss ließ den Ansatz ihres vollen Busens sehen. Sie hatte ihr Haar aufgesteckt, um ihr schmales Gesicht mit den hohen Backenknochen wirkungsvoll zur Geltung zu bringen. Willis sah, dass ihre grünen Augen ihn prüfend musterten, wobei ihre Lippen sich leicht öffneten, als finde sie seine schneidige Erscheinung in der weißen Tropenuniform beeindruckend und vielleicht sogar erregend.
»Können Sie uns die Genehmigung nicht ausnahmsweise erteilen?«, fragte Cheshire bittend. »Wir sind in zwei Stunden fertig, und die Maschinen können bis Mitternacht wieder im Hangar sein.« Sie zögerte, dann fügte sie hinzu: »Ich mache Ihnen persönlich Meldung, wenn wir fertig sind.«
Willis atmete tief durch. Obgleich er diese Vorstellung aufregend fand, war er nicht im Geringsten bereit, nachzugeben. Sein Vorsatz verflüchtigte sich jedoch im nächsten Augenblick, als Cheshire ihn verheißungsvoll anlächelte. »Tut mir Leid, ohne vorherige Genehmigung darf ich nicht erlauben, dass die Flugzeuge aus dem Hangar gebracht werden. Aber Sie können die Hallentore auf beiden Seiten öffnen und die Triebwerke im Stand laufen lassen.«
»Da/u müssten die Maschinen wirklich im Freien stehen.«
»Abgelehnt«, entschied Willis. »Die Probeläufe finden im Hangar oder überhaupt nicht statt.«
McLanahan schüttelte den Kopf, murmelte etwas vor sich hin und nickte dann schicksalsergeben. »Also gut, Fregattenkapitän. Nur in den Hangars. Das muss reichen.«
»Benachrichtigen Sie mich in meiner Dienststelle, wenn Sie mit der Arbeit fertig sind«, verlangte Willis und sah dabei wieder zu Nancy Cheshire hinüber. Sie zog die Augenbrauen hoch, um eine stumme Frage zu stellen, die er mit einem fast unmerklichen Nicken beantwortete. Er wandte sich ab, erteilte dem Federal Marshai und dem Sergeanten seiner Marineinfanteristen einige knappe Anweisungen, sah sich erneut nach Cheshire um, deren grüne Augen weiter auf ihn gerichtet waren, und ging dann zu seinem wartenden Humvee.
»Danke, Fregattenkapitän!«, rief McLanahan ihm nach, aber Willis reagierte nicht darauf. Patrick wandte sich an seine Begleiter: »Okay, Crew, wir dürfen nicht ins Freie, deshalb wird's hier verdammt laut, aber wir müssen uns eben so behelfen. Wir haken als erstes die Klarlisten >Vor dem Anlassen< ab und gehen dann an Bord. Jeder muss bereit sein, den anderen auszuhelfen. Also los!«
Die fünf brauchten nicht lange, um die Hangars auszuräumen und die vorderen und hinteren Hallentore zu öffnen. Keine halbe Stunde später röhrten die riesigen Triebwerke der ersten EB-52 Megafortress los. Die Marineinfanteristen setzten Ohrenschützer auf, müssten sich wegen des Lärms aber trotzdem in ihre Humvee-Jeeps zurückziehen.
Zum Glück stand die Wachablösung bevor, sodass sie diesen infernalischen Lärm nicht lange würden aushaken müssen. Als wenig später über Funk die Meldung einging, die Ablösung sei unterwegs, machte das Wachpersonal sich zur Abfahrt bereit, sobald die neue Mannschaft eintraf. Gleichzeitig verließ eine von vier Jeeps begleitete lange Kolonne von Sattelschleppern einen der Hangars jenseits der Parallelstartbahn und kam auf das offene Hallentor zu. Das machte die Wachen neugierig, aber da die Ablösung jeden Augenblick eintreffen musste, war das jetzt ihr Problem.
Der Jeep mit der Ablösung für die Wachmannschaft im vorderen Teil von Hangar No. i hielt genau vor dem wartenden Fahrzeug, so dass seine Scheinwerfer die Insassen des anderen Jeeps blendeten. Die sechs Männer, die aus dem Fahrzeug stiegen, trugen Marinekorpshelme mit integrierten Ohrenschützern; der neue Wachführer hielt vorschriftsmäßig das Wachbuch und die Waffenliste in der Hand. Der alte Wachführer wollte aussteigen, um Buch und Liste abzuzeichnen, aber der andere Sergeant stand schon an der Tür und hielt ihm beides hin. Seine Männer öffneten die hinteren Türen, um auszusteigen...
... und dann war plötzlich die Hölle los.
Türen wurden aufgerissen. Männer brüllten etwas. Allgemeine Verwirrung. Im Inneren des Jeeps breitete sich Gas aus. Türen wurden zugeknallt und von außen geschlossen
Weitere Kostenlose Bücher