Brown, Dale - Schattenpilot
Offizier gewesen. Vielleicht sollten wir den geplanten Angriff überdenken, Genosse General?«
»Weil Sun findet, das sei nicht seine >Art<, ihn durchzuführen?«, fragte Chin sarkastisch. »Er ist enttäuscht, weil seine Idee, die Nationalisten würden von selbst kapitulieren, sich nicht bewahrheitet hat. Er ist verstört, weil wir letztlich brutale Gewalt anwenden mussten, um die Amerikaner aus Asien zu verdrängen. Er hat geglaubt, mit unorthodoxen Tricks und Mätzchen zum Erfolg kommen zu können, und seine mangelnde Voraussicht hat den Rebellen einen Gegenangriff mit amerikanischer Hilfe ermöglicht. Das dürfen wir nicht noch einmal zulassen. Wir stehen vor einem grandiosen Sieg über die Rebellen auf Formosa, Genosse Präsident, und unser Angriff wird ihnen endgültig das Genick brechen. Wir sollten ihren unterirdischen Stützpunkt mit allen verfügbaren Raketen, Kampfflugzeugen und Bomben angreifen. Wir werden diese Festung der Nationalisten in Schutt und Asche legen!«
»Aber was ist, wenn die Amerikaner wirklich zu einer Gegenoffensive antreten?«, fragte Jiang. »Vielleicht sollten wir wachsam sein, unsere Kräfte konzentrieren und uns auf die Abwehr eines amerikanischen Angriffs vorbereiten. Wir können die Amerikaner durch unsere rein numerische Überzahl in Schach halten. Sie setzen bestimmt keine Atomwaffen ein, wenn wir jetzt um Friedensverhandlungen ersuchen.«
»Und was würden die Rebellen machen? Ihre Streitkräfte wieder aufbauen, noch mehr Unterstützung von den Amerikanern erhalten und weiter Störangriffe gegen unsere Truppen fliegen«, sagte Chin. »Nein, wir müssen diesen unterirdischen Stützpunkt sofort dem Erdboden gleichmachen. Weigert Sun sich, den Auftrag auszuführen, habe ich fähige Generale, die das tun.«
Über dem Nordosten Taiwans
Sonntag, 29. Juni 1997, 03.19 Uhr Ortszeit
(Samstag, 28. Juni, 14.19 Uhr, Ostküstenzeit)
Der Angriff begann mit schwerem Beschuss durch ballistische Raketen Dong Feng 9 und 11 mit konventionellen Gefechtsköpfen vom Festland aus. Ihre Treffsicherheit war nicht allzu groß, aber das war auch nicht nötig, denn über dreihundert von sechzehn verschiedenen Orten abgeschossene Raketen mit zweihundert bis achthundert Kilogramm schweren Sprengköpfen schlugen über eine Stunde lang in der Umgebung von Kai-Shan ein. Jeder Quadratmeter des fünf mal fünf Kilometer großen Zielgebiets um Kai-Shan wurde umgepflügt. Diese Detonationen und die Auswirkungen der vorangegangenen Atomexplosion über Hualien bewirkten, dass das Gebiet sehr bald an die Mondoberfläche erinnerte.
In der zweiten Phase des Angriffs wurde ein völlig neues Waffensystem eingesetzt: ein chinesisches Raketen-U-Boot des Typs 031. Das U-Boot Yudao war schon am Vortag aus Shanghai ausgelaufen und hatte sich vor der Mündung des Flusses Mei, nur wenige Kilometer von dem unterirdischen Stützpunkt entfernt, auf die Lauer gelegt. Zur festgelegten Zeit tauchte der Yudao auf, ortete das Ziel mit seinem Golf-Band-Radar, indem es einen von chinesischen Spezialeinheiten am Höhleneingang aufgestellten winzigen Radarreflektor anpeilte, und beschoss den Stützpunkt dann mit Lenkwaffen Yinji 6. Nachdem die ersten vier Lenkwaffen die Panzertore am Eingang aufgesprengt hatten, flogen zwei der restlichen vier Yinji 6 in die Höhle hinein und sorgten bei ihrer Detonation für spektakuläre Feuerund Gesteinsfontänen.
Die dritte Angriffsphase der stärksten asiatischen Luftflotte seit der japanischen Marineluftwaffe im Zweiten Weltkrieg war am eindrucksvollsten. Zweihundert Jagdbomber Nanchang Q-5, die von dreißig Bombern H-6 geführt, von einem Radarflugzeug IL-/6 überwacht und von zehn Jägern Su-27 und dreißig Xian J-8 gesichert wurden und jeweils zwei 450-kg-Bomben und einen Zusatztank trugen, röhrten über die Insel Formosa hinweg, um Kai-Shan anzugreifen.
Die Bomber J-6 griffen zuerst an und schössen aus fünfzehn Kilometern Entfernung riesige Lenkwaffen Hai Ying 4 auf den Komplex ab. Diese Lenkwaffen, die nur einprogrammierte Zielkoordinaten ansteuerten, sollten die letzten Hindernisse vor dem Höhleneingang beseitigen. Obwohl die HY-4 nicht für Angriffe gegen Landziele gedacht waren und in dieser hastig zugewiesenen neuen Rolle teilweise versagten, machten ihre Detonationen den Weg für die jetzt folgenden Jagdbomber Q-5 wirkungsvoll frei.
Wie bei einem Standardanflug zur Landung in Kai-Shan flogen die Q-5 in dreihundert Metern über Grund auf Ostkurs über die Chung-Yang-Berge und etwa
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