Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
wenigstens ein paar davon. Haben wir dich erschreckt?« Jareds plötzliches Mitgefühl erstaunte sie.
Sie nickte dumpf. Plötzlich besann sie sich auf das Revolverduell. »Aber ... aber ihr habt doch aufeinander geschossen«, stammelte sie mit bebenden Lippen.
Rudy lachte und zeigte zwei Reihen milchweißer Zähne in
einem staubbedecktem Gesicht. »Jared braucht gelegentlich
eine kleine Abreibung.« Er zwinkerte ihr zu. »Rudy Mendez, ich stehe zu Ihren Diensten, Mrs. Lockett. Willkommen auf Keypoint. Jared hätte Sie vor unseren rauen Sitten
warnen müssen. Unser Willkommenskomitee war heute ein
bisschen übereifrig. Können Sie uns das noch einmal verzeihen?«
Lauren schenkte ihm ein angedeutetes Lächeln und murmelte: »Ja ... natürlich. Tut mir leid, dass ich überreagiert
habe.« Der Hut war ihr vom Kopf gerutscht und baumelte
zwischen ihren Schulterblättern. Der dicke Zopf hatte sich
gelöst, gelockte Strähnen federten ihr vorwitzig in die Schläfen. Zu allem Überfluss thronte sie völlig undamenhaft auf
Jareds Schoß, der sie innig umschlungen hielt. Erstaunt
stellte sie fest, dass sie ihn ebenfalls umarmte. Hastig zog
sie die Hände weg.
In diesem Augenblick stampfte Charger ungeduldig mit
den Hufen auf, und sie wäre um ein Haar von seinem
Rücken heruntergefallen. Schwankend griff sie nach irgendeinem Halt und bekam die Ausbuchtung zwischen Jareds
Schenkeln zu fassen. Sein lautstarker Fluch hallte ihr im
Ohr, ehe er ihr wütend zuzischte: »Verdammt, mach das nie
wieder. Leg deine Arme um meine Taille und lass sie gefälligst dort.« Sie gehorchte. Gottlob übertönte Chargers ungehaltenes Wiehern ihr kleines Geplänkel. Mit einer flinken
Handbewegung dirigierte Jared das Pferd im Kreis. Sein seliges Grinsen entging den übrigen Cowboys nicht.
Die Vaqueros und Rudy machten keinen Hehl aus ihrer
Bewunderung für die junge Frau. Die Kleine sah blendend
aus! Als die Nachricht von Jareds überstürzter Heirat auf
der Ranch eintraf, hatte dies zum Teil unschmeichelhafte
Spekulationen ausgelöst. Jetzt schwante ihnen, wieso ihr
Boss scharf darauf gewesen war, das Mädel ins Bett zu bekommen.
Lauren fühlte sich zunehmend unbehaglich unter ihren
stierenden Blicken. »Habt ihr keine Arbeit, Jungs?«, brüllte
Rudy, um sie zu erlösen. Sie verstanden den Wink, tippten
höflich an ihre Cowboyhüte und ritten in Richtung Herde
zurück. »Ich hole Ihr Pferd, Mrs. Lockett.«
»Nein, Rudy«, warf Jared ein. »Ich nehm sie das letzte
Stück auf Charger mit. Die Stute steht bestimmt längst vor
ihrem Futtertrog.«
»Kein Problem, Jared«, schmunzelte Rudy mit einem verständnisvollen Blick auf das eng umschlungene Paar.
Als Jared Charger die Knie in die Flanken stemmte und
lostrabte, pfiffen und grölten die Vaqueros ihnen hinterher.
»Verdammt und zugenäht«, grummelte Jared an ihrem Ohr.
Grundgütiger, womit hab ich das verdient!?, stöhnte er insgeheim, als sie unbewusst mit den Hüften wackelte, um
bequemer zu sitzen.
Rudy, der neben den beiden ritt, beobachtete, wie Lauren
sich aus Jareds Umarmung schälte. Der schien sie jedoch
nicht loslassen zu wollen. Die unterschwelligen Spannungen zwischen den beiden blieben dem Cowboy indes nicht
verborgen.
Als er nach Bens Beerdigung nach Keypoint zurückkehrte,
hatte Jared kein gutes Haar an dieser Lauren Holbrook gelassen. Er war über ihre niederen Motive, ihr berechnendes
Wesen, ihre fehlende Moral hergezogen. Rudy hatte ihn
deswegen hochgenommen und zu seiner nicht gelinden
Verblüffung festgestellt, dass Jared das Mädchen noch nicht
einmal kannte.
»Woher willst du dann wissen, dass sie ein gerissenes
Flittchen ist? Im Übrigen dachte ich, du hättest sie in Austin vom Bahnhof abgeholt?«
»Hab ich auch!«, ereiferte sich Jared. »Aber ... ich ... ach,
zum Henker. Reden wir nicht mehr drüber, okay?«
Rudy bedrängte ihn nicht weiter. Eine knappe Woche später hatte Pepe Vorräte auf die Ranch gebracht und die
Neuigkeit verkündet, dass Jared das Mädchen heiraten
würde, das er angeblich noch nie gesehen und als »raffiniertes kleines Flittchen« bezeichnete hatte. Tja, dachte Rudy
bei sich, inzwischen hat er sie dann wohl gesehen. Getestet
und für gut befunden. Gloria und Mama waren begeistert
über die Hochzeitspläne gewesen, und Rudy hatte seine
Skepsis für sich behalten.
Rudy riss sich aus seinen Gedanken. Wenn Jared einen
Funken Verstand in der Birne hatte, woran sein bester Vaquero bisweilen zweifelte, dann
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