Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
schneller.
Lauren folgte seinem Beispiel, obwohl der Schmerz in
Schenkeln und Hintern fast unerträglich wurde. Sie hätte
sich jedoch eher die Zunge abgebissen, als sich vor diesem
arroganten Flegel lächerlich zu machen!
Trotz ihrer wachsenden Verärgerung ertappte sie sich dabei, dass sie ihn heimlich aus den Augenwinkeln betrachtete. Sie hätte diesen Mann abgrundtief hassen müssen, stattdessen fühlte sie sich unwiderstehlich von ihm angezogen.
Jared Lockett verkörperte den Prototyp des umwerfenden
Westernhelden, wie sie ihn aus Büchern kannte.
Unwillkürlich hatte sie wieder sein Bild vor Augen, als er
letzte Nacht mit nacktem Oberkörper und zerzausten Haaren vor ihr gestanden hatte. Ihr Herzschlag beschleunigte
sich. Zwar hatte sie Skrupel gehabt, die Tür zu öffnen, aber
letztlich doch gehorcht. Und das nicht wegen seiner Drohung, dass er die Tür kurz und klein schlagen und einen
Mordslärm veranstalten würde. Nein, sie war neugierig gewesen, was passieren würde. Der Blick seiner topasschimmernden Augen hatte ihr ein erotisierendes Prickeln über
den Rücken gejagt. Hatte sie sich etwa eingebildet, dass es
ihm ähnlich ging? Tja, wahrscheinlich.
Sie beobachtete Ross und Reiter, die geradezu eine Einheit bildeten. Das falbfarbige Fell des Hengstes harmonierte mit Jareds sonnengebleichtem Brustflaum.
Die Sonne stieg höher, und sie fielen in einen schnellen
Trab. Als er Laurens schmerzverzerrte Miene bemerkte, verlangsamte Jared das Tempo und lenkte die Pferde von der
Straße zu dem rauschenden Fluss hinunter. Sie stoppten an
einer schattenspendenden Zypresse.
»Ich brauche eine Pause.« Er schwang sich geschmeidig
aus dem Sattel und tränkte sein Pferd am Fluss.
Lauren blieb unschlüssig im Sattel sitzen. Sie war gut geritten, fand sie. Aber was jetzt? Sie brauchte einen Hocker
oder irgendeinen Felsen zum Absitzen.
Jared trat zu ihr und bot ihr hilfsbereit seine Hand. Sie zog
ihr schmerzendes Bein aus dem Steigbügel und legte ihm
widerstrebend die Hände auf die Schultern. Er umfasste ihre Taille und hob sie sanft zu Boden. Mit gesenktem Blick
wartete sie darauf, dass er sie wieder losließ. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Wange.
Die Stute trabte hinunter zum Fluss zu Jareds Hengst.
Der junge Rancher zog eine Wasserflasche aus der Satteltasche, entkorkte sie und reichte sie Lauren. Sie nahm ein
paar kleine Schlucke und gab sie ihm zurück. »Hast du
Hunger?«, wollte er wissen.
»Ja, ein bisschen.« Sie verkniff sich ein Stöhnen, als er sie
sanft auf einen der großen, flachen Felsen drückte.
Er nahm ein paar eingewickelte Sandwiches aus der Satteltasche und bot ihr eins an. »Ich hab sie heute Morgen geschmiert. Keine Ahnung, ob sie noch schmecken.«
»Es schmeckt himmlisch«, meinte Lauren zwischen zwei
Bissen von dem dicken, ausgetrockneten Schinkenbrot.
»Ich weiß, wie man über einem Lagerfeuer kocht, aber eine komplett ausgestattete Küche macht mich irgendwie
nervös.« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem angedeuteten Grinsen.
Sie hatten noch nie miteinander geplaudert. Und er hatte
das Gespräch begonnen - das war immerhin ein Anfang.
»Ich koche gern. Meine Pflegeeltern in Clayton hatten eine
Haushälterin, die auch in der Küche das Regiment führte.
Manchmal, wenn sie gute Laune hatte, durfte ich bei ihr ein
Rezept ausprobieren.«
»Gloria lässt dich sicher in ihrer Küche herumhantieren.
Sofern dich die vielen Kinder nicht stören.«
»Wer ist Gloria?«, fragte sie neugierig.
»Rudys Frau.« Als sie fragend die Brauen hochzog, setzte
er erklärend hinzu: »Rudy ist mein ... ähm ... er ist der Vorarbeiter auf der Ranch. Er wohnt dort mit Gloria und ... seiner Mutter. Sie bekommen fast jedes Jahr ein Baby.« Er
grinste, winzige Lachfältchen zeigten sich in seinen Augenwinkeln. Wenn er lachte, sah er bedeutend jünger aus.
»Ben ...« Sie zögerte. Warum eigentlich? Gefasst fuhr sie
fort: »Ben erzählte mir, dass einer eurer Vaqueros Indianer
ist?«
Jared lachte. »Stimmt haargenau. Und er trägt mit Vorliebe Mokassins. Thorn ist vom Stamm der Komantschen.
Mein Vater fand ihn mehr tot als lebendig, als er mit ein
paar Ranchern weißen Siedlern zu Hilfe kam.«
Er schluckte den letzten Bissen des Sandwiches hinunter
und rieb sich die Krümel von den Händen. »Ben nahm ihn
mit nach Keypoint. Thorn war damals elf oder zwölf, schätze ich. Das war lange vor meiner Geburt. Seitdem lebt er
dort, und er ist einer unserer besten Arbeiter. Er stand meinem Vater sehr nahe.
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