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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Landau. Und nachdem der von Bruce erfahren hatte, dass weder er noch ein Anwalt je einen Blick auf die Verträge mit Appel geworfen hatte, drängte er den Freund, das Versäumte so schnell wie möglich nachzuholen. Bruce folgte dem Ratschlag, und er war gleichermaßen überrascht und verärgert, als ihm bewusst wurde, auf was er sich da eingelassen hatte. Erst jetzt wurde ihm klar, dass Appel in allen wichtigen Fragen das Sagen hatte; er hatte die Hand auf seinem Geld, seinen Songs, seinen Aufnahmen. Er hatte einfach über alles die Kontrolle.
    Und obschon ihm der Manager versprochen hatte, die Verträge zu überarbeiten, sobald Bruce Erfolg hatte, war das bisher noch nicht geschehen. Es deutete auch nichts darauf hin, dass Appel dies zu tun gedachte, bevor sie nicht verlängert waren. Als der sehr gekränkte Bruce daraufhin erklärte, dass er noch nicht genau wisse, ob er seine Verträge verlängern werde, überrumpelte ihn Appel mit einem Vorschlag: Mit Columbia /CBS hatte er bereits einen Vorschuss über fünfhunderttausend Dollar auf die Lizenzeinnahmen von Born to Run ausgehandelt. Das Geld war bereits auf eines der Firmenkonten von Laurel Canyon Ltd. transferiert worden, und Appel versicherte Bruce, dass er die ihm zustehenden fünfzig Prozent auf jeden Fall erhalten werde, unabhängig davon, ob er die Verträge verlängere oder nicht. Sollte er sich allerdings entscheiden, die Verträge zu verlängern, würde ihm Appel fünfundsiebzig Prozent dieser Summe zugestehen.
    Das war ein im Musikbusiness übliches Geschäftsgebaren. Doch für Bruce bedeutete es einen schweren Schlag, denn die Beziehung zwischen ihm und Appel gründete nicht auf branchenüblichen Praktiken. Seitdem sie sich im Winter 72 zum ersten Mal die Hände geschüttelt hatten, waren sie Glücksritter gewesen, die Seite an Seite in den Kampf zogen. Verträge mochten Verträge sein, ein Handschlag und das Versprechen, für das er stand, bedeuteten Bruce allerdings wesentlich mehr. Zumindest bisher. Als er am 31. Dezember die Bühne des Tower Theater betrat, wusste er nicht mehr, woran er glauben sollte. Bis auf eins: seine Musik, die ihm immer geholfen hatte. Er musste nur seine Gitarre einstöpseln, den Lautstärkeregler aufdrehen und loslegen.
    Er betrat die Bühne in seiner typischen Jeans- und Leder jackenkluft und mit einem langen bunten Schal um den Hals und stutzte zunächst, als er seine Bandkollegen erblickte, die sich in Schale geworfen hatten und weiße Smokings trugen. Nach dem entfesselten »Night« nickte Bruce den Musikern anerkennend zu – »Sehen diese Jungs nicht rattenscharf aus?!« – und zählte ein zu einer romantischen, langsamen Version von »Tenth Avenue Freeze-Out«, bevor er die verwunschenen Sümpfe von »Spirit in the Night« heraufbeschwor. Danach kam er kurz auf den Ruhm zu sprechen, der ihm kürzlich zuteil wurde (»Die Jahreszeiten kommen und gehen, das eigene Bild landet auf dem Cover der Time und der Newsweek , aber der Bus hält nie an«), womit er überleitete zu »Does This Bus Stop at 82nd Street?«, das noch spritziger klang als sonst und dessen Schlussbild mit dem Mädchen, das dem glücklichen jungen Matador eine Rose zuwirft, den krönenden Abschluss bildete.
    Was dann folgte, war neu: ein überlanges Klavierintro, eine Reihe düsterer Akkorde, begleitet vom schauerlichen Wehklagen des Saxofons und der Gitarre, das gelegentlich von einem unheilvollen Zittern auf den Becken verstärkt wurde. Bruce trat ans Mikrofon und sagte in einem monotonen, düsteren Tonfall:
Ich wohnte früher in diesem, äh, Zweifamilienhaus an der Hauptstraße. Abends schloss mein Vater die Haustür ab, sodass die Kinder durch den Hintereingang reinkommen mussten. Und die ganze Zeit über saß er in der Küche. Er hatte im ganzen Haus das Licht gelöscht und saß einfach nur rum. Das tat er, solange ich denken kann, bis sie dann irgendwann weggezogen sind …
    Er erzählte von seinen abendlichen Gesprächen mit seinem Vater. Wie er Doug allein am Küchentisch vorfand, die Glut der Zigarette als einzige Lichtquelle. Von seinem Atem, der nach Alkohol und Kippen roch, und davon, dass er Bruce bat, sich zu ihm zu setzen und sich mit ihm zu unterhalten. Von seinen unbeholfenen Versuchen, mit seiner gehemmten väterlichen Zuneigung irgendetwas zu Bruce’ Erziehung beizutragen, in dem er ihm Einblicke in sein eigenes unglückliches Leben gewährte und ihm riet, dass man als erwachsener Mann seine Träume über Bord werfen und sich auf

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