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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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entsprechend auf.« Aber Joplin hatte keine Gelegenheit, ihn anzusprechen, bevor ihr Roadmanager sie bei den Schultern packte und zur Bühne zurückdirigierte, damit sie ihre Zugabe spielte. Just in dem Moment – erzählt West – sah Bruce seine Freunde an »wie eine Kuh, wenn’s blitzt«. Laut West und Lopez hatte Bruce nicht das geringste Interesse daran, die Bluessängerin aus San Francisco näher kennenzulernen. Stattdessen raunte er seinen Freunden zu: »Ich mach mich verdammt noch mal vom Acker!«, sprintete den Flur entlang und verließ die Halle durch den nächstbesten Notausgang.
    Als Joplin ihren letzten Song beendet hatte, ging sie geradewegs dorthin, wo Bruce zuvor gestanden hatte. Als sie sah, dass er nicht mehr da war, runzelte sie ebenso überrascht wie enttäuscht die Stirn. »Wo ist er hin!?«, rief sie. Lopez deutete auf den Notausgang und sagte: »Da lang!« Joplin rauschte ab in ihre Garderobe. Wenige Minuten später sprach der Manager ihres Co-Headliners, James Cotton, West auf dem Gang an. »Komm schon Tinker«, sagte er. »Janis will Bruce echt gern ficken.« West zuckte mit den Achseln und lachte. »Was hätte ich da machen können? Ich sagte einfach: ›Tut mir leid, er hat sich schon verabschiedet.‹«
    Jetzt, wo Federici und Lopez mit ihm unter einem Dach wohnten, verwandelte sich das ehemalige Zuhause der Springsteens schnell zu einem Treffpunkt für Musiker. Hier wurden stundenlang Platten aufgelegt und es wurde mit Federicis CB-Funkgerät herumgespielt, wenn man sich nicht gerade spontan aufmachte, um ein bisschen surfen zu gehen, die Gegend unsicher zu machen oder sich irgendeine Band in einer der nahegelegenen Strandbars anzuschauen. Weniger abwechslungsreich als das Unterhaltungsprogramm war das, wovon sich Bruce damals zu ernähren pflegte. Gegen den Hunger halfen in der Hauptsache Schmelzkäse-Mayonnaise-Sandwiches und Grillhähnchen aus dem Tasty Dee-lite Drive-In. Gemüse stand ausgesprochen selten auf seinem Speiseplan, und zum Nachtisch gab es eine große Schale voll von – wie Pam Bracken sich erinnert – »dieser ekelhaften Pampe mit Erdbeeraroma«, die Bruce gerne mit einer großzügigen Portion Sprühsahne garnierte. Als Bracken ihm eines Abends frische Erdbeeren mit Schlagsahne servierte, nahm er einen Bissen, verzog das Gesicht und meinte: »Grauenhaft!«
    Nachdem sie den Rest der Band sowie all ihre Unterstützer und Freunde kennengelernt hatte, fühlte sich Bracken in der Clique ihres Freundes mehr und mehr zu Hause. West war ihr gegenüber besonders zuvorkommend. Er erklärte ihr, sie solle sich als Teil des Teams begreifen und sei überall, wo die Band auftrete, willkommen. Bracken war entzückt – bis Bruce sich wutschnaubend zu ihr gesellte. Was es so lange mit Tinker zu besprechen gegeben habe? Warum sie so zufrieden aussah, wenn sie mit ihm zusammen war? Schon das geringste Anzeichen von Sympathie für einen anderen Mann reichte aus, um Bruce in Rage zu versetzen.
    »Bruce mochte es überhaupt nicht, wenn mir irgendjemand anders Aufmerksamkeit schenkte«, sagt sie. »Wenn er das Gefühl hatte, dass es mir Spaß bereitete, mich mit irgendeinem Kerl zu unterhalten, redete er nicht einmal mehr mit mir. Er sagte einfach: ›Diese Beziehung ist beendet!‹ und zeigte mir die nächsten ein, zwei Tage die kalte Schulter.«
    Ende September zogen die Jungs aus dem Haus an der South Street wieder in die Surfbrettfabrik um, wo West inzwischen neue Badezimmer eingebaut und ein paar Liegen aufgestellt hatte. Mietfrei wohnen und das gesamte Equipment der Band in unmittelbarer Nähe – besser hätte es ein junger Mann, der an seiner Zukunft arbeitete, kaum antreffen können. Doch da fiel Bruce plötzlich die Spielzeugeisenbahn wieder ein, die Fred und Alice ihm geschenkt hatten, als er ein kleiner Junge gewesen war.
    Schon seit Jahren hatte Bruce nicht mehr mit der Modelleisenbahn gespielt, aber es war das einzige Überbleibsel aus seiner Kindheit, das ihm etwas bedeutete. Es war etwas, das er an seinen eigenen Sohn weitergeben konnte, falls er je einen haben sollte. Er hatte die Eisenbahn auf dem Speicher des Hauses in der South Street untergestellt und sie beim Auszug vergessen. Er rief den Vermieter an und bat darum, sein altes Spielzeug abholen zu dürfen, doch er wurde brüsk zurückgewiesen. Das Haus sei sein Eigentum, blaffte der Vermieter. Jetzt, wo die Springsteens keine Miete mehr zahlten, gehöre ihm auch alles, was sich in dem Haus befand.
    Erst war er nur

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