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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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faszinierte sie der Kontrast zwischen seinem Metier, das im Ruf zügelloser Ausschweifungen stand, und seinem doch eher maßvollen Verhalten. Bruce machte während ihrer Unterhaltung mehr als einmal deutlich, dass er weder fluchte, noch trank, noch Drogen nahm. Er wirkte einfach nur nett. Als Bruce Bracken einlud, am nächsten Tag nach Freehold zu kommen und mit ihm zu Mittag zu essen, sagte sie gerne zu.
    Pünktlich zur verabredeten Zeit stand sie bei Bruce vor der Tür und klopfte. Niemand reagierte, sie klopfte ein zweites Mal. Von drinnen war kein Laut zu hören. Schließlich erschien ein schlaftrunkener Bruce und setzte sich auf die Eingangsstufen. Er sei sehr froh, sie zu sehen, sagte er, aber noch etwas müde. Doch wisse er, was dagegen helfen würde: Ein kleiner Spaziergang zum Bäcker, wo er für sich und die Jungs Streuselkuchen kaufen wollte. Also zogen sie los wie ein junges, verliebtes Paar an einem strahlenden Sommertag. »Jahre später«, erzählt Bracken, »gestand mir Bruce, dass der wahre Grund für unseren Spaziergang eine andere Frau gewesen war, die er am Abend aufgerissen hatte und die nun irgendwie von mir unbemerkt aus dem Haus kommen musste.« Tatsächlich wurde aus ihnen ein Paar. Ihre Beziehung hielt zwei Jahre lang, obwohl die beiden während dieser Zeit oft getrennt waren aufgrund ihres Studiums, seiner Musikkarriere und der emotionalen Stolperfallen, die hinter Bruce’ dunklen, stets erwartungsvollen Augen lauerten.
    Da die Miete für zwei Monate im Voraus bezahlt war, lud Bruce seine Bandkollegen ein, sich in den unbenutzten Zimmern, auf den Sofas und dem Boden seines quasi leerstehenden Elternhauses breitzumachen. Lopez und Federici zogen den Sommer über bei ihm ein, und fortan fuhren die drei gemeinsam zu den Bandproben in die Surfbrettfabrik. Childs Konzertkalender war für den Sommer vollgepackt mit schweißtreibenden Auftritten im Pandemonium und einer Handvoll anderer Clubs an der Uferpromenade zwischen Sea Bright und Asbury Park. Child war also schon eine profitable Band, bevor sie sich als der große Act in der Festivalszene etabliert hatten, zu dem West sie machen wollte. Als dem sein alter Kumpel Doug »Goph« Albitz, den er noch aus seiner Zeit in Kalifornien kannte, eine Freikarte für das dreitägige Music and Art Festival zuschickte, das Mitte August in White Lake, New York, stattfinden sollte, und anfragte, ob Wests neue Band auf der von dem Aktivisten-Clown Wavy Gravy und seiner Hog-Farm-Kommune organisierten Nebenbühne auftreten wolle, konnte West für Child leider nicht zusagen. Unglücklicherweise war die Band für dieses Wochenende bereits gebucht: drei Auftritte im Student Prince an der Kingsley Street. Weil er den Besitzer des Clubs nicht verärgern wollte – und weil er wie alle anderen nicht wissen konnte, was für ein Jahrhundertereignis Woodstock werden würde –, fuhr West alleine zu dem Festival und ließ die Band in Asbury Park zurück.
    »Mannomann, was war da zum Teil für ein Schrott auf der Bühne«, ärgert sich West noch heute. »Ich lief rum und dachte: ›Scheiße, was bin ich nur für ein Idiot! Warum habe ich die Band in New Jersey gelassen?‹ Und ich hatte natürlich recht, denn wenn ich Springsteen nach Woodstock gebracht hätte, wäre auf einen Schlag alles geritzt gewesen. Wir hätten uns etliche beschissene Jahre sparen können. Aber die Band hatte ein Engagement, und wir brauchten das Geld. Punkt.«
    Es lässt sich unmöglich sagen, wie das vom Zeitalter des Wassermanns inspirierte, schlammverkrustete und LSD-berauschte Woodstockpublikum Childs knüppelharten Rock’n’Roll-Sound aufgenommen hätte. Aber es dauerte nur eine Woche, bis einer der größten Stars des Festivals völlig hingerissen war von dem aufstrebenden jungen Musiker Bruce Springsteen. Nicht, dass Janis Joplin je einen Ton seiner Musik gehört hätte, aber als die Sängerin am 23. August in der Convention Hall von Asbury Park auftrat und den damals neunzehnjährigen Gitarristen erblickte, der ihre Show zusammen mit Lopez, Roslin und West von der Seite der Bühne aus verfolgte, hielt sie mit ihrer Neugier nicht hinterm Berg. »Als sie ihr Set beendet hatte, kam sie von der Bühne, musterte ihn von oben bis unten und warf ihm diese schmachtenden ›Wo bist du nur mein ganzes Leben gewesen‹-Blicke zu«, erinnert sich Lopez.
    »Ich war ihr wohl aufgefallen«, erinnert sich Bruce. »Ich war neunzehn, hatte schulterlange Haare, war ein großer Star in der Gegend und trat

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