Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
Vom Netzwerk:
dann brüllt er, während seine Stimme zugleich überrascht und triumphierend klingt: »Baby’s coming home!«
    Anschließend explodiert die Musik wieder und die Töne, die Bruce seiner Gitarre entlockt, wirken wie ein Feuerwerk in einer dunklen Sommernacht.
    Während Bruce alles daran setzte, sich eine glorreiche Zukunft aufzubauen, spielte sich seine Gegenwart immer noch in einer sterbenden Stadt ab. Lange Zeit hatte in Asbury Park strikte Rassentrennung geherrscht. Afroamerikaner und andere Farbige lebten fast ausschließlich im völlig heruntergekommenen Westteil der Stadt. Die Geschäfte entlang der Uferpromenade waren dafür bekannt, Schwarze nur für die niedrigsten Tätigkeiten einzustellen. Wut und Aggressionen schwelten bereits seit vielen Jahren, bis schließlich das fatale Zusammentreffen einer Hitzewelle mit Kürzungen im Sozialhaushalt bei einem hohen Mangel an Arbeitsplätzen zum Auslöser für mehrere Tage andauernde Unruhen wurde. Große Teile des Westteils von Asbury Park wurden zerstört, bevor die Krawalle auf das Geschäftsviertel übergriffen. Die Welle der Zerstörung sowie die nach wie vor ungelösten sozialen und Rassenprobleme verwandelten die einst prosperierende Stadt in einen Schatten ihrer selbst. Als nach den Unruhen viele Geschäfte in die großen Malls in den Vorstädten abwanderten und sich die Touristen nach friedlicheren Urlaubsorten umsahen, verwandelte sich die Stadt in einen trostlosen Ort.
    Im Herbst 71 hatte die depressive Stimmung auch das Upstage erreicht. »Es waren so viele Spritzen in Umlauf, so viel Speed und Heroin, dass sich jeder, den ich kannte, abgesehen von Bruce und seinen Leuten, mit Hepatitis C infiziert hatte«, sagt Bobby Spillane, der damals im Upstage arbeitete. »Wir pfiffen uns alles rein, was in eine Spritze ging: Bier, Wein, Meth.« Die harten Drogen zerstörten die einst so elektrisierende Atmosphäre des Clubs, meint Sonny Kenn. »Früher waren die Leute gekommen, um zu tanzen oder zumindest Musik zu hören«, sagt er. »Aber am Ende hingen alle nur noch zugedröhnt vor der Bühne rum. Die Musik war nicht mehr als Hintergrundberieselung für die Halluzinationen eines jeden Einzelnen.«
    Tom Potter war dem Alkohol verfallen und infolgedessen immer benebelt und unberechenbar, was dazu führte, dass er am Ende die durchgeknalltesten Mitarbeiter frei schalten und walten ließ. Eddie Luraschi fand es beispielsweise irrsinnig witzig, statt der alten Zeichentrickfilme, die Potter früher zwischen den einzelnen Sets hatte laufen lassen, einen Hardcoreporno zu zeigen, in dem eine hilflose junge Frau von einem entflohenen Sträfling vergewaltigt wurde. »Das war total krank. Es waren ja auch Mädchen im Publikum«, sagt Albee Tellone. »Ein paar Typen sagten zu ihm: ›Hey Alter, bist du eigentlich noch ganz dicht? Was machst du da für eine Scheiße?‹ Aber er lachte nur, spulte den Film zurück und ließ ihn nochmal laufen. Das war alles nicht mehr normal, aber Potter war viel zu betrunken, um dem Einhalt zu gebieten.«
    Potter ließ den Mietvertrag Ende Oktober auslaufen und gab dies rechtzeitig genug bekannt, sodass noch ein paar Abschiedskonzerte geplant werden konnten. Bruce und die Band organisierten am 29. Oktober eine Jam-Nacht. Am tatsächlich letzten Abend, dem 30. Oktober, konnten sie nicht dabei sein, weil sie an diesem Tag bereits für eine Show an der Virginia Commonwealth University gebucht waren. Die beiden Backgroundsängerinnen (Delores Holmes und Neuzugang Francine Daniels) waren hier noch ein letztes Mal mit von der Partie, aber die Bläsergruppe war bereits Geschichte. Bruce’ Traum von einer eigenen Rock’n’Roll-R&B-Big-Band war ausgeträumt. »Wir hatten eine Menge ziemlich guter Songs«, erinnert er sich. »Nur hatte ich mir bereits ein Publikum erarbeitet, das auf härteren Riff Rock, auf Prog Rock stand. Mir wurde klar, dass es das war, was die Leute hören wollten, keinen Rhythm and Blues. Das war etwas, das mir gefiel, aber mein Publikum vergraulte ich damit, und somit hatte sich die Sache erledigt.«
    Was niemand wusste, war dass Bruce bereits Kontakt zu einem Produzenten in New York aufgenommen hatte, einem Mann, der schon bald fast alles daran setzen sollte, diesen schmächtigen Gitarristen aus der schrecklichsten Ecke von New Jersey zum größten Rock’n’Roll-Star zu machen, den die Welt je gesehen hatte. Etwas in dieser Art versprechen natürlich alle Großstadtganoven den naiven Kids vom Land, damit sie ihnen auf den

Weitere Kostenlose Bücher