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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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vor dem Schreibtisch wissen, die jedoch dankend und mit Schaudern ablehnten.
    »Wie auch immer, die Crows haben es damals geschafft, als Sieger aus diesen Revierkämpfen hervorzugehen, was auch bedeutet, dass bis heute niemand versucht hat, ihnen diesen Rang streitig zu machen. Es gab zwar immer mal wieder Ansätze, von denen wir wissen, zuletzt von einem Trupp Rumänen, die mit dem Rückenwind des EU-Beitritts ihres Heimatlandes in Kassel Fuß fassen wollten, aber gelungen ist es keinem.«
    »Das heißt, die Black Crows kontrollieren den Drogenhandel und die Prostitution in der Stadt?«
    Lehmann nickte, stand auf, übergoss den Teebeutel in der Tasse mit heißem Wasser und stellte den Kocher zurück auf die Station. Sofort verbreitete sich im Raum ein Duft, den Liebhaber der Teesorte sicher als betörend beschreiben würden, Lenz und Hain jedoch mit einem schlagartig aufkommenden Brechreiz kämpfen ließ.
    »Das zumindest, ja. Die Kollegen haben aber, wie sie mir erzählten, in den letzten Jahren immer wieder feststellen müssen, dass die Jungs versuchen, ihre auf dem illegalen Weg verdiente Kohle in blütenweiße Unternehmungen zu investieren. Beispielsweise wollten sie eine Harley-Davidson-Dependance aufmachen, wozu sie natürlich die nötigen Barmittel gehabt hätten; gescheitert ist der Versuch allein daran, dass der seit ewigen Jahren vor Ort ansässige Händler in seinem Vertrag einen Gebietsschutz stehen hat.«
    Der Teebeutel verließ die Tasse, wurde liebevoll ausgedrückt, wanderte in einen Eimer neben dem Sideboard, und Lehmann setzte sich.
    »Aber das ist natürlich längst nicht alles. Gar nicht zu reden brauchen wir von solchen Allerweltsdelikten wie Körperverletzung, unerlaubter Waffenbesitz, Raub und Schutzgelderpressung, wobei die bei uns in Kassel eher als Randnotiz abzuhaken ist, so weit wir wissen.«
    »Als ich noch bei der Sitte war«, hakte Hain nach, »hatten wir auffallend wenig mit den Jungs zu tun, Lemmi. Wie lässt sich das erklären?«
    »Das ist ganz einfach. Die Crows stehen zwar manchmal in der Zeitung, wenn es wieder mal irgendwo eine Fehde oder einen Toten gegeben hat, aber ansonsten haben sie gelernt, dass man viel besser seinen Geschäften nachgehen kann, wenn man nicht auf große Fresse macht. Also benehmen sie sich nach außen hin wie die guten Jungs und provozieren keinen Ärger, was allerdings nicht heißt, dass der Umgang mit ihnen easy wäre. Die Frauen werden schlecht behandelt und natürlich vergewaltigt und in vielen Fällen zur Prostitution gezwungen, aber beweis das mal. Hier hat in den letzten zehn Jahren, so haben mir die Kollegen erzählt, gerade mal eine von ihnen über die Praktiken der Crows ausgepackt, und die ist, als es zur Gerichtsverhandlung kam, auch noch mit fliegenden Fahnen eingeknickt. Dem Richter hat sie erzählt, man hätte sie zur Aussage gezwungen, und dann hat sie alles zurückgenommen.«
    »Manchmal kann ich nicht so schnell kotzen, wie mir übel ist«, schob Hain angewidert hinterher.
    »Ja, aber das hilft ja auch nichts. Wir versuchen, das zu erreichen, was möglich ist, und was darüber hinausgeht, klappt halt nicht.«
    »Von der Organisation her sind die ein Verein, oder?«, wollte Lenz wissen.
    »Das hat früher mal gestimmt, jetzt nicht mehr. Damals waren sie als Verein eingetragen und es gab einen Ersten Vorsitzenden und einen Kassenwart und einen Schriftführer und so weiter. Irgendwann haben sie aber gemerkt, dass man mit dieser Masche recht gepflegt in der Öffentlichkeit steht, und haben den Verein einfach aufgelöst und gelöscht. Geändert hat sich dadurch natürlich gar nichts, aber keiner von ihnen musste jetzt nach außen hin die Rübe hinhalten.«
    »Aber so etwas wie einen Boss gibt es doch bestimmt, oder?«
    »Klar, den konntest du bis vor ein paar Tagen sogar in der Theodor-Fliedner-Straße besuchen.«
    Lehmann sprach von der Kasseler Justizvollzugsanstalt.
    »Allerdings ist er, wie man hört, auf Kaution freigekommen.«
    »Was hat er denn angestellt?«
    »Das ist eine ganz irre Geschichte, wenn ihr mich fragt.«
    Lehmann lehnte sich zurück und nuckelte genüsslich an seinem Heißgetränk, was sowohl Lenz als auch Hain zu einem Stirnrunzeln veranlasste.
    »Es war vor einem knappen dreiviertel Jahr. Drei Crows, darunter auch der Präsident, hatten sich einen Prospect vorgenommen, dem sie …«
    »Moment, Moment, Lemmi«, bremste Lenz seinen Kollegen, »was hatten die Drei sich vorgenommen?«
    Lehmann lachte laut

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