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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Stuhl fallen.
    »Also, was wollt ihr zu den Black Crows wissen?«
    »Zunächst, ob du überhaupt schon mal mit ihnen zu tun hattest?«
    »Ist Paris ’ne Stadt? Ist der Papst katholisch? Wenn man in der Abteilung OK sein Geld verdient, dann ist die Beschäftigung mit den Crows quasi so etwas wie das tägliche Brot.«
    »Das heißt, es stimmt, was man über sie in den Medien hört?«
    »Was hört man denn in den Medien?«
    »Dass es sich bei ihnen um durch und durch böse Buben handelt«, gab Hain grinsend zurück.
    »Da hast du ausnahmsweise mal recht, du Großmaul.«
    »Und du, lieber Lemmi«, bemühte Lenz sich um ein wenig Versachlichung, »erzählst uns auf die Schnelle, was es zu wissen gibt über die Jungs.«
    Der Mann hinter dem Schreibtisch hob den Kopf, sah zur Decke und verschränkte die Arme vor seinem Bauch.
    »Pünktlicher Feierabend, da gehst du hin,« philosophierte er ein wenig pathetisch, »aber sei’s drum. Die Black Crows Kassel sind ein sogenanntes Charter der Black Crows Germany. Gegründet wurde es 1995 von einem Typen, der leider die Jahrtausendwende nicht mehr erleben durfte, allerdings hatte das weniger mit seinem Status als Rocker, sondern mehr mit einem fies großen Tumor zu tun, der es sich in seinem Kopf gemütlich gemacht hatte. Das ausgehende 20. Jahrhundert, also die Zeit bis zu den Nullerjahren, war geprägt von Revierkämpfen um die Vorherrschaft im Drogen- und Prostitutionsgeschäft, speziell mit albanischen und russischen Mitbewerbern, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die schnelle Mark in unserer ach so schönen, aber doch sehr verschlafenen Heimatstadt machen wollten. Weil die Crows aber ziemlich fest im Sattel saßen und außerdem nicht sehr zimperlich waren, ist es ihnen gelungen, sich über viele Jahre die Vorherrschaft in diesen Kreisen zu sichern. Das Ganze kam so um 2003, 2004 für ein paar Jahre ins Wanken, nachdem sich eine Familie aus dem Libanon Kassel als Heimat für ihre dreckigen Geschäfte ausgesucht hatte.«
    Lehmann holte tief Luft, bevor er weiter sprach.
    »Diese Familie hatte die Crows zunächst mit weichen, später dann auch mit härteren Drogen versorgt, es bestand also ein gütliches Miteinander im Sinne der Gewinnmaximierung. Diese Symbiose wurde durch eine ebenso romantische wie zum Ende hin triste Liebesgeschichte abrupt beendet, weil sich nämlich der Vizeboss der Crows und die Enkelin des Libanon-Patriarchen ziemlich heftig ineinander verguckt hatten, mit allem Pomp und Gloria, wie man sich so erzählt. Weil aber der Rocker vermutlich weder beschnitten war, noch an den richtigen Religionsstifter geglaubt haben dürfte, wenn er denn überhaupt an einen geglaubt hat, wurde die Beziehung vom Vater der Wüstenschönheit der Einfachheit halber strikt untersagt. Als das nichts half, weil nämlich die Gute sich für den Kuttenträger und gegen den strengen Erzeuger gewandt hat, wurde sie kurzerhand und natürlich gegen ihren erklärten Willen zurück in den Libanon exportiert. Zumindest vermutet man das bis heute, exakte Angaben dazu fehlen leider, weil sie seitdem nicht mehr aufgetaucht ist.«
    Wieder ein Durchschnaufen.
    »Wie ihr euch vorstellen könnt, war die für beide Seiten vorteilhafte und bis dahin ungetrübte geschäftliche Stimmung zwischen den beiden Gruppen von Stund an, sagen wir mal vorsichtig, dauerhaft gestört, was sich darin manifestierte, dass es zwar keine Toten, aber einen Haufen Verletzte und jede Menge warm sanierte Gebäude gab.«
    »Stimmt«, meinte Lenz zustimmend, »an die Brände kann ich mich noch gut erinnern. Und der ganze Rest spukt irgendwo auch noch in meinem Hirn herum.«
    »Na, ja, weder ihr noch wir vom KDD haben damals viel davon mitbekommen, weil das schon immer das Spielfeld von OK gewesen ist. Ich kann mich noch gut an eine Nacht erinnern, in der zwei Libanesen niedergestochen wurden und wir als Erste am Tatort waren, aber von meinen jetzigen Kollegen oder deren Vorgängern, höchst unsanft zur Seite gebeten wurden.«
    »Ja«, bemerkte Hain süffisant, »da ist ZK 30 eigen, wenn ein anderes Kommissariat sich in ihrem Spielfeld tummelt.«
    »Die Zeiten haben sich zum Glück geändert, Kleiner. Und in der Regel geschieht das auch eher zum Schutz der Kollegen, weil mit den Gesellen, mit denen wir es zu tun haben, wirklich nicht gut Kirschen essen ist.«
    Lehmann stand auf, befüllte einen Wasserkocher, und schaltete ihn ein.
    »Letzte Chance auf einen indischen Beruhigungstee«, ließ er die beiden Kollegen

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