Bruchlandung
»und dachte mir, ich lass die Handschellen lieber dran.«
Lenz nickte.
»Gut gemacht. Immerhin ist er Beteiligter am Mordversuch an einem Polizisten. Deshalb werden wir die Dinger auch dran lassen. Aber jetzt können Sie uns gern mit ihm allein lassen, wir kriegen das schon geregelt.«
Das Gesicht des Uniformierten hellte sich schlagartig auf.
»Ja gut, dann mach ich das mal. Wenn Sie mich brauchen sollten, bin ich draußen vor der Tür.«
Ein paar Sekunden später hatte er den Raum verlassen. Lenz baute sich mit einem Din-A4-Blatt vor dem Tisch auf, an dem Trosser noch immer völlig regungslos verharrte.
»Das liest sich schon nicht schlecht, was unser Herr Trosser hier so auf dem Kerbholz hat.«
Bei der Nennung seines Namens hob der Mann hinter dem Tisch vorsichtig den Kopf und grinste den Kommissar hämisch an.
»Na, eure Minimalhausaufgaben habt ihr ja wenigstens gemacht.«
»Ja, was das angeht, sind wir pfiffig«, erwiderte Lenz ruhig und warf wieder einen Blick auf den Zettel. »Ganz anders als du übrigens, der sich schon bei einem popeligen Raubüberfall erwischen lässt, weil er sich so blöd anstellt wie eine Büchse Thunfisch.«
Trosser warf dem Polizisten einen verächtlichen Blick zu.
»Du kannst mich mal, Bulle.«
»Ja, das hättest du gern«, mischte Hain sich von der Seite ein. »Aber das wird nichts, weil du in den nächsten Jahren ganz anderen Besuch an deiner Heckluke erwarten darfst. Für das, was da gestern Abend gelaufen ist, fährst du nämlich auf Jahre ein, und der versuchte Mord an dem armen Adolfo Vasquez kommt als Sahnehäubchen noch on top.«
»Ach, das weißt du ja noch gar nicht, Thilo«, bluffte Lenz. »Wir haben in der Wohnung jede Menge DNA-Spuren gefunden, und wenn uns der gnädige Herr Trosser hier mit seiner Speichelprobe versorgt hat, bin ich sicher, dass ihm auch der beste Anwalt aus der Nummer nicht mehr raus helfen kann.«
Der Gefesselte schluckte.
»Von mir kriegt ihr gar nichts.«
»Ach lass mal, das haben schon ganz andere gesagt, und gekriegt haben wir bis jetzt immer, was wir wollten.«
Trosser hob die rechte Hand und bewegte den Mittelfinger nach oben.
»Fuck you«, zischte er. »Und überhaupt, ich will jetzt meinen Anwalt sehen, und zwar sofort.«
»Das haben wir den Herrn Blatter schon gestern Abend wissen lassen, wie du es angeordnet hast, aber offenbar hat er keine Lust auf dich als Mandanten.«
»Quatsch, was reden Sie denn da für einen Scheiß?«
Hain drehte den Kopf hin und her und tat dabei, als würde er das Verhörzimmer absuchen.
»Hallo, Erde an Stefan Trosser! Hier ist kein Anwalt!«
Damit trat er an den Tisch, zog sich einen Stuhl heran, und ließ sich verkehrt herum darauf nieder.
»So, und nun mal Butter bei die Fische, Kollege. Du und dein Kumpel haben gestern Abend versucht, mich um die Ecke zu bringen, und das nehme ich euch echt übel. Du kannst Punkte bei mir sammeln, wenn du mir erzählst, wer der andere ist, und wenn du das nicht willst und wir ihn deshalb nicht finden, wanderst du allein in den Knast, und zwar, wie schon erwähnt, für lange, lange Zeit.«
»Hör doch auf, so einen Scheiß zu erzählen! Als draußen vor der Tür auf dich geschossen wurde, lag ich mit der Fresse nach unten im Dreck, die Hände hinter dem Rücken festgebunden.«
»Das stimmt. Aber jeder halbwegs begabte Staatsanwalt macht daraus eine Mittäterschaft, weil du erstens eine Knarre dabei hattest und weil du zweitens mit dem festen Vorsatz ausgerückt bist, dir den Weg auf die gleiche Weise frei zu schießen wie dein Kumpel. Und Ruck-Zuck wanderst du lebenslänglich in den Bau. LEBENSLÄNGLICH!«
Nun wurde zum ersten Mal in Trossers Gesicht so etwas wie eine Regung erkennbar. Hain bewegte sich mit seiner Aussage zwar auf ganz, ganz dünnem Eis, doch das schien er nicht zu erkennen.
»Nun mal halblang, Kollegen«, brummte er. »Mordversuch läuft nicht mit mir, damit hab ich nicht die Bohne zu tun.«
»Dann lässt du uns am besten möglichst schnell wissen, wer auf mich geschossen hat.«
»Nie im Leben. Normal würde ich nicht mal mit euch reden.«
»Tja«, erwiderte Hain seelenruhig, stand auf, und schob den Stuhl in seine Ausgangsposition zurück.
»Dann siehst du im Lauf des Vormittags den Haftrichter, der dich garantiert nicht auf freien Fuß setzen wird, was nichts anderes heißt, als dass du in der U-Haft landen wirst. Und während du dir den Kopf darüber zermartern darfst, warum der gute Herr Blatter dich so schmählich im
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