Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
Vom Netzwerk:
Rockermilieu. Dass es in dieser Richtung schon seit Jahren Gerüchte gibt, ist ja nichts umwerfend Neues, aber seit ein paar Monaten geistert ein wirklich interessantes Gerücht über die Flure der sogenannten informierten Kreise : In dem wird tatsächlich behauptet, dass Bernd Röder und die Schwester eines exponierten Rockers ein Verhältnis hätten.«
    Er zögerte.
    »Ich habe das Ganze irgendwo aufgeschnappt und eigentlich sofort wieder aus dem Datenspeicher in meinem Kopf gelöscht, weil ich viele solcher Informationen bekomme, wenn der Tag lang ist. Aber im Kontext zu dem, was der Knabe im Vernehmungszimmer dir da erzählt hat, könnte ja zumindest ein Fünkchen Wahrheit an der Sache sein. Und selbst wenn es nur ein homöopathisch kleines Fünkchen wäre, könnte es immer noch sinnvoll sein, der Sache nachzugehen.«
    »Du machst mich fertig, Uwe«, brummte Lenz. »Ich hatte erwartet, dass du mich auslachen würdest oder so was, und stattdessen rätst du mir, mich um diese Geschichte zu kümmern.«
    »Was würdest du machen, wenn irgendwann in der nächsten Zeit auf dem Flughafen wirklich was passiert?«
    »Maria hat mit Judy zusammen einen Flug nach Teneriffa gebucht. Die beiden wollen übermorgen losfliegen.«
    »Siehst du? So wie du klingst, findest du den Gedanken, dass an der Sache wirklich was dran sein könnte, nicht unbedingt prickelnd.«
    »Das stimmt und stimmt irgendwie auch wieder nicht. Ich will nämlich solch einem Arschloch wie diesem Trosser ums Verrecken so eine Geschichte nicht glauben.«
    »Dann denk mal lieber nicht darüber nach, dass du mit dieser Haltung auch voll daneben liegen könntest.«

23
    Andreas Blatter betrat die kleine Wohnung gegenüber der alten Hauptpost, öffnete kurz das Fenster, um den Mief ein wenig zu vertreiben, und goss sich im Anschluss einen Cognac ein.
    Du verkommst zusehends zu einem Penner , schoss es ihm durch den Kopf, nachdem der Schnaps ihm die Kehle hinab geronnen war. Dann stellte er das Glas auf den Tisch und legte die in den Cowboystiefeln steckenden Füße daneben. Sofort bildete sich eine hässliche Pfütze aus mit Streusalz versetztem, widerlich grauem Schmelzwasser auf dem Holz.
    Fuck , dachte der Rockerboss. Fuck, fuck, fuck.
    Irgendwie lief sein Leben im Moment ganz und gar nicht so, wie er es gern hatte und wie er es sich vorstellte. Die Sache mit dem Prospect konnte ihn für einige Jahre in den Knast bringen, wenn es schlecht lief und wenn diesem verdammten Bullen aus dem Schluchtenscheißerland nicht klar gemacht werden konnte, dass er sich seine Aussage schenken kann. Seine uneingeschränkte Macht über das Kasseler Charter hatte zwar während seines Knastaufenthalts nicht ernsthaft gelitten, doch es war abzusehen, dass, sollte er erneut für eine längere Zeit verschwinden müssen, die nächste Generation die Vorherrschaft beanspruchen würde. Männer, die er einst aufgenommen und ausgebildet hatte, würden ihn ohne jegliche Skrupel vom Hof jagen.
    Ist halt wie im Tierreich , sinnierte er. Der alte Rudelführer ist in die Jahre gekommen und wird von den jungen, kräftigen und zähen Tieren, vielleicht sogar den eigenen Söhnen, zum Abdanken gezwungen.
    Ihm fiel eine Szene aus dem Film Das Boot ein, in der Jürgen Prochnow als Der Alte auf der Brücke stehend den imaginären englischen Truppen Not yet, Kameraden, not yet, zuruft, die seiner Meinung nach schon die Versenkung des von ihm befehligten deutschen Kriegsschiffs feiern.
    Not yet, Kameraden, not yet.
    Blatter schmunzelte, goss sich einen weiteren Cognac ein und trank auch diesen in einem Zug aus.
    Nein, noch war seine Herrschaft in Kassel noch nicht beendet, so viel war klar. Und wenn der blöde Wehmeyer erst einmal mit der Kohle rüber gekommen war, würde seine ganze Situation sich schlagartig verbessern. Mit Geld, das wusste Andreas Blatter wie wenige Menschen sonst auf der Welt, war vieles möglich, wenn nicht alles, und wenn zum Geld noch unbedingter Durchsetzungswille und eine kaum zu übertreffende Brutalität kamen, wie es bei ihm der Fall war, gab es so gut wie keine Hindernisse.
    Wenn alles passte, gab es keine Hindernisse , musste er sich eingestehen; und im Augenblick passte nun mal leider nicht alles.
    Ganz und gar nicht passte die Sache mit dem Prospect, die passte wirklich überhaupt nicht. Wenn sich in Österreich nichts Entscheidendes tun würde, käme ein langer …
    Er wollte gar nicht weiter darüber nachdenken.
    Und er hätte Wehmeyer das Geld niemals leihen

Weitere Kostenlose Bücher