Bruchlandung
eins und zwei, wobei die Reihenfolge nicht so klar zu erkennen war. Auf jeden Fall waren sie ganz vorn, und jetzt plötzlich ist keiner von denen mehr im Geschäft. Das hat den Andreas gereizt, da wollte er hin. Er wollte schon immer das größte und bedeutendste Charter in Europa führen, und wenn ihm das am Flughafen gelungen wäre, dann hätte ihn niemand mehr stoppen können, dann hätten alle zu ihm aufgesehen.«
»Vielleicht hätten sie ihn ja auch verflucht, weil er die Blicke direkt auf die Geschäfte der Crows gezogen hätte.«
Trosser schüttelte den Kopf.
»Niemand von außerhalb hätte erfahren, wer wirklich hinter dem Anschlag steht. Es hätte einen Bekennerbrief gegeben, unterzeichnet von irgendeiner dieser dämlichen Windelträgerbanden aus Palästina oder sonstwo, und alles andere wäre schön still und heimlich innerhalb der Crows geblieben.«
»Du meinst, der Anschlag wäre irgendwelchen radikalen Muslimen in die Schuhe geschoben worden?«
»Genau das.«
»Aber jetzt ist es ja am Eröffnungstag nicht dazu gekommen«, warf Hain ein, »und ob Innenminister Röder irgendwann wieder einmal mit dem Flugzeug nach Kassel kommen wird, steht bestimmt nicht in der Zeitung. Also könnte Blatter die Sache doch einfach vergessen. Oder denkt er darüber nach, das Semtex auszugraben?«
»Das hat ihn einer der Brüder auch gefragt, aber darüber wollte er partout nicht reden. Es ist, wie es ist, hat er nur gemeint, und dass wir uns verdammt noch mal nicht seine Gedanken machen sollen . Es war …«
Der Rocker brach ab, weil es an der Tür geklopft hatte. Lenz öffnete und sah in das besorgte Gesicht von Uwe Wagner.
»Ja, was gibt’s, Uwe?«
»Ich muss dich kurz sprechen. Es ist dringend.«
Lenz warf Hain einen fragenden Blick zu.
»Von mir aus, wir sind hier ohnehin so gut wie fertig.«
Der Hauptkommissar nickte seinem Mitarbeiter zu, zog die Tür hinter sich ins Schloss und trat zu seinem Freund auf den Flur.
»Du siehst aus, als sei dir eine wirklich dicke Laus über die Leber gelaufen, Uwe.«
»Wie dick sie ist, kann ich noch nicht sagen, aber eine Laus ist es auf jeden Fall«, bestätigte der Pressemann.
»Also lass hören.«
»Vor knapp einer halben Stunde kam die Meldung rein, dass es auf der Königsstraße einen Unfall gegeben hätte. Ein Mann ist von einer Tram überrollt worden. Nach übereinstimmenden Zeugenaussagen war niemand anderes im Spiel, es sollte sich also wirklich um ein bedauernswertes Unglück handeln.«
»Ja und?«
»So weit war es für mich reine Routine, Paul. Ich hätte eine Pressemeldung rausgegeben, und morgen wäre die Sache vergessen gewesen, aber als ich gelesen habe, um wen es sich bei dem Toten handelt, haben alle Alarmglocken angefangen zu klingeln.«
»Och, Uwe, nun mach es doch nicht so spannend. Wer ist der Tote?«
»Es ist Thomas Blatter, der Bruder von Andreas Blatter, dem Rockerboss.«
Lenz brauchte eine Sekunde, bis er das Gehörte in den richtigen Schubladen im Hirn abgelegt hatte.
»Du sprichst von dem Rechtsanwalt?«
»Genau dem, ja.«
Wieder ein paar Augenblicke des Nachdenkens.
»Aber wenn es wirklich ein Unfall war, was sollen wir dann groß machen?«
»Lass ihn wenigstens obduzieren. Bei der Verwandtschaft solltet ihr total auf Nummer sicher gehen, was die Todesursache angeht. Und dabei würde sich ja auch klären, ob er irgendwas im Blut hatte, das da nicht hin gehört.«
»Gute Idee, ich veranlasse das gleich.«
Der Hauptkommissar deutete auf die Tür des Vernehmungszimmers.
»Ist eigentlich ganz gut, dass du da bist, ich hätte da auch ein paar Fragen an dich.«
»Wenn ich dir helfen kann, immer gern, das weißt du.«
»Ist aber vielleicht ein bisschen heikel, das Ganze«, gab Lenz kopfschüttelnd zurück. »Und es ist garantiert die größte Schnurre, die du jemals gehört hast.«
Fünf Minuten später war Wagner mit allen wichtigen Details der Trosser-Aussage vertraut.
»Und, was sagst du?«
Der Pressesprecher atmete tief durch.
»Normalerweise würde ich dir raten, den Kerl auf der Stelle in die Geschlossene bringen zu lassen, aber es gibt da ein Detail, das mir Kopfschmerzen bereitet.«
»Und was für ein Detail ist das genau?«
Wagner sah sich auf dem Flur um und zog seinen Freund und Kollegen dann ein paar Meter zur Seite, sodass sie garantiert außerhalb der Hörweite des Uniformierten waren, der vor der Tür des Vernehmungszimmers saß.
»Diese angebliche oder vermutete Verbindung unseres obersten Dienstherrn zum
Weitere Kostenlose Bücher