Bruchlandung
früheren Leben an der Seite von Theo Stark und von der Hoffnung, die sie trotzdem ausstrahlte.
»Die könnte von einem Bus überfahren werden, und sobald sie wieder bei Bewusstsein ist, freut sie sich, dass es kein Betonmischer war.«
»Unglaublich.«
Er machte sich ein wenig von ihr frei und setzte sich aufrecht.
»Ich habe den Koffer im Flur gesehen«, wechselte er das Thema. »Wann geht es denn morgen los?«
Maria legte die Stirn in Falten und fasste nach seiner Hand.
»Unser Abflug ist um 12:15 Uhr.«
»Soll ich mir zwei Stunden freinehmen und dich bringen?«
»Das ist lieb, aber Judy hat schon für unseren Transport gesorgt. Ihr Liebster fährt uns zum Flughafen.«
Erst jetzt nahm der Polizist wahr, wie nachdenklich seine Frau war.
»Was ist, Maria? Hast du die Lust verloren?«
Sie schüttelte ein wenig zu schnell den Kopf.
»Was denn?«
»Ach, vorhin, als du so im Erzählen warst über diesen Rocker und diese ganze Geschichte, da habe ich gedacht, dass ich einfach den Koffer wieder auspacke und hierbleibe. Vielleicht ist es im Augenblick wirklich besser, wenn ich an deiner Seite bin.«
Lenz zeigte seiner Frau einen Vogel.
»Das kannst du dir aber mal ganz gepflegt abschminken, meine Liebe. Ich könnte es verstehen, wenn du dich fürchten würdest, ins Flugzeug zu steigen, nach dem, was ich dir gerade erzählt habe, aber wegen mir bleibst du auf gar keinen Fall hier. Nie im Leben.«
»Ich könnte ja einfach sagen, dass ich Angst vor einem Anschlag habe, was würdest du dann machen?«
»Dann würde ich ein nettes kleines Waterboarding mit dir veranstalten, und zwar so lang, bis du damit rausrückst, was dich wirklich umtreibt. Schließlich bin ich Bulle, und wir Bullen finden immer raus, was wir rausfinden müssen.«
Nun fasste Maria sich an den Kopf.
»Jetzt wird es mir zu gewalttätig mit dir. Ich lass mir Badewasser ein und leg mich in die Wanne. Falls du deine Gewaltfantasien unter Kontrolle bringst, bis es so weit ist, bist du herzlich eingeladen, zu mir zu steigen.«
»Eigentlich wollte ich heute nicht schon wieder Schrumpelfinger kriegen, das hatte ich mir zumindest vorhin überlegt. Aber so ein charmantes Angebot auszuschlagen, wäre doch die pure Hybris, was meinst du?«
»Ich meine, dass du dir überlegen solltest, was du willst.«
»Und du könntest mir sagen, dass du morgen mit Freude in diesen Flieger steigst und für eine Woche in die Sonne düst.«
Maria stand auf, zog sich den Pullover über den Kopf, und sah ihn mit dem Kleidungsstück in den verdrehten Armen von oben an.
»Wenn du sagst, dass du allein zurechtkommst, steige ich wirklich gern in diesen Flieger, Paul. Ich freue mich auf die Tage mit Judy und die Erholung, und genauso freue ich mich auf die Sonne und das gute Essen, das mir einfach so auf den Teller fliegt.«
Der Pullover flog auf die Couch.
»Und wenn du mir dann noch versprichst, dass mich nicht irgend so ein gestörter Rockerkönig in die Luft jagt, während ich am Abheben oder Landen bin, dann mache ich es natürlich noch viel lieber.«
»Ich verspreche dir, dass ich auf dich aufpasse, Maria, und nach den Regeln des gesunden Menschenverstands hat dieser Blatter Besseres zu tun, als gerade in dem Moment seine Bombe zu zünden, in dem dein Flugzeug dich nach Teneriffa bringen will.«
»Aber du hast doch gesagt, dass es überhaupt nicht bewiesen ist, dass es diesen komischen Sprengsatz in der Startbahn wirklich gibt.«
»Bewiesen, das ist richtig, ist gar nichts, aber für Thilo und mich steht fest, dass Andreas Blatter seinem Kumpel Theo Stark für irgendetwas zwischen 35.000 und 40.000 Euro gegeben hat, und es könnte sein, dass es dafür war, dass er etwas an der Bahn herummanipulieren durfte.«
»Auf jeden Fall«, brachte sie das Thema zum Abschluss, während ihre Hose auf den Boden fiel, »werde ich mich beim Start und bei der Landung gut festhalten, damit mir nichts passiert. Und für den Rest habe ich ja dich.«
Mit diesen Worten sprang sie ins Bad, und kurz darauf hörte Lenz das Rauschen des in die Badewanne schießenden Wassers. Doch anstatt sich zu entscheiden, ob er nun gemeinsam mit seiner Frau das Bad genießen oder ihr doch lieber vom Toilettensitz aus dabei zusehen sollte, griff er zum Telefon und wählte.
»Ja, Kostkamp«, kam es aus dem Lautsprecher.
»Ich bin’s, Paul.«
»Meine Güte, wenn das die Millionenfrage bei Jauch gewesen wäre, ob du mich heute Abend noch anrufst oder nicht, wäre ich als armer Schlucker nach
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