Bruchlandung
Hause gefahren.«
»Ach komm, ich hab dich schon öfter mal abends angerufen.«
»Ja, klar, das letzte Mal allerdings vor zehn Jahren.«
Aus dem Telefon erklang ein heiseres Lachen.
»Wie auch immer, was will denn der Chef der Mordkommission von der alten Schnüffelnase?«
»Ich brauche ein paar Informationen über Sprengstoff und die dazugehörigen Zünder, Heini.«
»Willst du ins Terrorgeschäft einsteigen?«
»Nein, das nun nicht gerade. Aber ich will von dir wissen, ob man einen Sprengsatz so konzipieren kann, dass er auch nach einem oder zwei Jahren völliger Abgeschiedenheit irgendwo im Wald oder unter der Erde noch ohne Probleme zünden könnte.«
Nun schnappte Kostkamp deutlich hörbar nach Luft.
»Ich glaube, so was machen wir besser nicht am Telefon, Junge. Entweder kommst du zu mir, oder ich komme zu dir, aber ich habe absolut keine Lust, dass morgen früh um fünf ein SEK bei mir die Tür eintritt und mich ans Bett fesselt.«
»Ich bin in einer Viertelstunde bei dir, wenn das geht.«
»Dann los. In der Glotze kommt eh nichts Gescheites, und ein paar Dosen Bier hab ich auch noch im Kühlschrank.«
»Dann bis gleich.«
»Ja, fahr vorsichtig.«
*
»Ich habe damals von der Sache gehört«, erwiderte der Mann von der Spurensicherung, nachdem Lenz ihm die kompletten Einzelheiten der Ermittlungen seit der Anfrage aus Jena erzählt hatte. »Es gab ein paar Untersuchungen, an denen wir allerdings nicht beteiligt waren und die auch ziemlich unter der Decke gehalten wurden.«
»Was heißt das genau?«
»Das heißt nichts anderes, als dass es einfach nicht an die große Glocke gehängt werden sollte, was die Jungs von der OK da draußen veranstaltet haben.«
»Gab es für diese, sagen wir mal, Diskretion einen besonderen Grund?«
»Das kann ich dir nicht sagen, aber meine Vermutung geht dahin, dass die ohnehin geringe Akzeptanz des neuen Flughafens in der Bevölkerung nicht noch weiter dezimiert werden sollte. Oder, um es anders auszudrücken, man wollte die Menschen vermutlich nicht noch weiter verunsichern.«
»Hast du eine Ahnung, was genau die Kollegen von der OK gemacht haben?«
Kostkamp schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck Bier.
»Nee, darüber weiß ich gar nichts. Angeblich, aber das habe ich nur aus dritter Hand, sind sie mit ein paar Hunden durch die halb fertigen Gebäude gestiefelt und haben die Tölen überall mal hinschnuppern lassen, aber das soll es dann auch schon gewesen sein.«
Er stellte die Bierdose zurück auf den Tisch.
»Und über die Rollbahn oder die Startbahn, oder wie das Ding auch immer heißt, hat überhaupt kein Mensch geredet.«
»Und genau deswegen bin ich hier, Heini. Weil damals niemand darüber geredet hat, und weil heute niemand darüber reden will.«
»Was ich in gewisser Weise nun wirklich verstehen kann, Paul. Diese Geschichte, die euch dieser Rocker erzählt hat, kommt mir, ehrlich gesagt, mehr wie eine Posse vor. So richtig kann ich wirklich nicht glauben, dass jemand tatsächlich so etwas ausheckt, noch dazu ohne wirklich stichhaltiges Motiv.«
»Unbestritten, ja, es könnte alles eine völlig hirnrissige Komödie sein, die er Thilo und mir aufgetischt hat. Aber wenn es auch nur einen Funken des Zweifelns gibt, und bei mir ist es deutlich mehr als ein Funken, dann will ich sichergehen, dass da draußen nichts passiert. Und deshalb musst du mir jetzt erklären, ob es möglich wäre, so einen Sprengstoff in die Asphaltdecke der Startbahn einzubauen, und ob es weiterhin möglich wäre, den Zündmechanismus so weit lebensfähig zu halten, dass er heute noch funktionieren würde.«
Kostkamp kratzte sich am Kinn, was zu einem deutlich hörbaren schabenden Geräusch führte.
»Ich muss dir als Erstes mal sagen, dass ich jetzt nicht der ausgewiesene Sprengstoffexperte bin, auch wenn dich das vielleicht traurig stimmt. Ich weiß ein bisschen was darüber, und auch über Zünder habe ich mir ziemlich viel angelesen, aber weil das bei uns halt nicht jeden Tag vorkommt, ist vieles davon auch wieder in Vergessenheit geraten bei mir. Also, alles was ich dir jetzt sage, steht unter diesem Vorbehalt.«
»Schon klar, Heini.«
»Gut, dann fangen wir mal an. Zuerst kommt es jedem klar denkenden Menschen, der sich damit beschäftigt, ziemlich spanisch vor, wenn einer behauptet, er hätte sich mal so eben 40 Kilo Semtex beschafft. Das allein ist schon ein Kunststück, sollte es denn stimmen, um das jeder Terrorist diesen Blatter beneiden dürfte.
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