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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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dann Joscelin ein Zeichen, worauf dieser schnell hineinschlüpfte. Simon verriegelte hinter ihm die Tür und zeigte ihm den niedrigen Heuschober in der Nähe der Mauer. Drinnen roch es nach trockenem Gras, und der feine Staub, den ihre Füße aufwirbelten, kitzelte und stach in der Nase.
    »Hierher wird niemand kommen«, sagte Simon leise. »In den Ställen liegt noch genug Heu. Es ist warm und trocken hier. Sei leise und geh nicht hinaus! Mein Onkel ist heute beim Abt zum Abendessen eingeladen, und ich werde ihn begleiten, aber vorher bringe ich dir noch etwas zu essen und zu trinken. Du kannst dich mit dem Heu abtrocknen.«
    »Mir kommt es vor wie ein Palast«, sagte Joscelin und drückte dankbar den Arm seines Freundes. »Ich werde dir das nicht vergessen. Was auch immer geschehen wird - ich werde immer wissen, daß ich einen Freund habe, auf den ich mich verlassen kann und der nicht glaubt, daß ich ein Dieb bin. Aber denk daran: Wenn es zum Schlimmsten kommt, werde ich lieber allein untergehen, als dich mit mir hinabziehen.«
    »Überlaß Simons Wohlergehen getrost einem, der ihn liebt wie sich selbst, und kümmere du dich um das deinige. Ich komme schon zurecht«, sagte der junge Mann mit einem selbstbewußten Lächeln. »Aber jetzt muß ich gehen. Er wird bestimmt schon nach mir rufen, damit ich ihm helfe, sich für den Vespergottesdienst anzukleiden. Das ist der Preis, den er dafür zu zahlen hat, daß er mit dem Abt speist.«
    Bruder Cadfael sah sie beim Vespergottesdienst: Huon de Domville trug ein kostbares, in Rot und Schwarz gehaltenes Gewand, der Kanonikus Eudo wirkte unerschütterlich zurückhaltend und asketisch, wie ein viel jüngerer Prior Robert, der nach Heiligkeit strebte, aber nichtsdestoweniger auch weltliche Dinge wohl im Auge behielt, und auf dem sonnengebräunten, offenen Gesicht unter den Locken des athletisch gebauten jungen Knappen Simon Aguilon, der sich diskret im Hintergrund hielt, lag - wohl infolge der ungewöhnlichen Ereignisse des Tages - ein ernster Schatten.
    Auch die Picards nahmen am Gottesdienst teil, aber Cadfael fiel auf, daß weder die Braut noch die Zofe gekommen war. Am späten Nachmittag hatte er Iveta zweimal gesehen, aber beide Male wieder in Begleitung ihres Onkels und ihrer Tante. Sie hatte ruhig und gefaßt gewirkt, ihr Gesicht war blaß, aber stolz und selbstbewußt gewesen, und immer schien jenes leichte Lächeln um ihre Lippen zu spielen; aber nur jenes eine Mal war sie wirklich allein und ohne Aufsicht gewesen und hatte Gelegenheit gehabt, frei auszusprechen, was sie dachte und empfand. Und das hatte sie getan und gesagt, was niemand erwartet hatte. Es führte kein Weg daran vorbei: sie war zutiefst enttäuscht von Joscelin Lucy und hatte mit einer Entschlossenheit, die man ihr auf den ersten Blick nicht zugetraut hätte, alle Gedanken an ihn aus ihrem Herzen verbannt. Sie hatte sich für die Heirat entschieden - möglicherweise mit bitteren Nachgedanken an einen weit angenehmeren Traum, der sich jedoch beim Erwachen als Illusion erwiesen hatte.
    Aber wenn es so war, dann war sie viel zu arglos, viel zu leicht zu überzeugen, fand Cadfael. War nicht in Benjamins Sack ein Becher versteckt gewesen, der den Vorwand für seine Gefangennahme lieferte? Und war nicht seit biblischen Zeiten dieselbe List immer und immer wieder angewendet worden?
    Aber sie war noch sehr jung, und vielleicht war ihre Liebe so unschuldig gewesen, daß es keiner großen List bedurft hatte, ihre allzu schnell verschenkte Zuneigung ins Gegenteil zu verkehren. Das Schlimme an einem so offensichtlichen Verdacht, wie er gegen Joscelin Lucy bestand, war jedoch, daß er sich als begründet erweisen konnte.
    Er sah die Gäste nach dem Vespergottesdienst zum Haus des Abtes gehen. Agnes Picard kehrte ins Gästehaus zurück.
    Für Cadfael gab es im Augenblick nichts zu tun. Er begab sich zum Abendessen der Mönche ins Refektorium und danach in den Kapitelsaal, wo aus der Heiligen Schrift vorgelesen wurde, aber aus irgendeinem Grund mangelte es ihm sowohl an Appetit als auch an Konzentration.
    Das Essen beim Abt war zweifellos ausgezeichnet, aber danach blieben die Gäste nicht sehr lange bei ihm sitzen. Nach der Komplet hatte Cadfael noch seine Kräuterküche abgesperrt, bevor er sich zu Bett legte, und wollte gerade ins Dormitorium gehen, als er im Schein der Torlaterne sah, daß Domville und sein Knappe die Pferde bestiegen und sich von Picard verabschiedeten, um zum Haus des Bischofs

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