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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Aufgaben möglichst gleich zu erledigen, und auf dem Weg in die Stadt gab es Bettler genug. Die Hose gab er einem alten, blinden Mann, der im Schatten des Stadttores hockte. Die Jacke erhielt ein schwachsinniger, unkontrolliert zuckender Jüngling von etwa zwanzig Jahren, den eine gebeugte alte Frau an der Hand führte. Ihre Segenswünsche klangen Cadfael bis zum Tor der Burg nach. Der Umhang lag immer noch zusammengefaltet vor ihm, als er den Wachtposten am Eingang des königlichen Feldlagers erreichte und unter einem Baum ganz in der Nähe den Krüppel Osbern erblickte.
    Als dieser den Mönch auf dem Esel heranreiten sah, rollte er sich auf seinem kleinen Karren ihm in den Weg.
    »Bitte gebt einem Krüppel eine milde Gabe«, flehte Osbern, »Gott wird es Euch lohnen!«
    »Ja, ich werde dir etwas geben, mein Freund«, sagte Cadfael, »und zwar etwas Besseres als eine kleine Münze. Und du magst ein Gebet für die Dame sprechen, die dir dies durch meine Hand geschickt hat.« Und er entfaltete Giles Siwards Umhang und ließ ihn in die Hände des verdutzten Bettlers fallen.
    »Ihr habt recht daran getan, mir wahrheitsgemäß zu berichten, was Ihr herausgefunden habt«, sagte der König nachdenklich.
    »Es ist nicht sehr verwunderlich, daß mein Burgvogt diese Sache nicht entdeckt hat – er hatte alle Hände voll zu tun. Ihr sagt, der Mann sei von hinten erwürgt worden? Was für eine gemeine, hinterhältige Art – so tötet nur ein Schurke! Und um das Verbrechen zu vertuschen, hat er sein Opfer unter meine hingerichteten Feinde gelegt. Das werde ich nicht ungestraft lassen! Er hat es gewagt, mich und meine Offiziere zu Komplizen seiner Tat zu machen! Das ist eine Beleidigung der Krone, und dafür allein verdient er es, angeklagt und verurteilt zu werden. Und der Name des jungen Mannes war Faintree?«
    »Nicholas Faintree. Das jedenfalls sagte jemand, der ihn erkannte, als wir ihn in der Kirche aufgebahrt hatten. Er stammt aus einer Familie aus dem Norden des Landes. Aber das ist alles, was ich von ihm weiß.«
    »Möglicherweise«, sagte der König, »war er auf dem Weg nach Shrewsbury, um in meine Dienste zu treten. Mehrere junge Männer aus dem Norden sind hier zu uns gestoßen.«
    »Das ist möglich«, räumte Cadfael ein.
    »Und dann wurde er von einem Wegelagerer wegen seiner Habseligkeiten umgebracht! Ich wollte, ich könnte sagen, daß unsere Straßen sicher sind, aber, weiß Gott!, in diesen gesetzlosen Zeiten sind sie es nicht. Gut, Ihr mögt in dieser Sache weiter Nachforschungen anstellen, wenn Ihr wollt. Ich werde nicht zulassen, daß man mich als Schutzschild für ein so gemeines Verbrechen mißbraucht.«
    Das war die Wahrheit, und vielleicht hätte sich an seiner Einstellung nicht einmal dann etwas geändert, dachte Cadfael, wenn er gewußt hätte, daß Faintree FitzAlans Gefolgsmann und Kurier gewesen war. Alle Zeichen deuteten darauf hin, daß es in naher Zukunft in Stephens Reich noch viele Tote geben würde, und sicher würde das dem König keinen unruhigen Schlaf bescheren. Aber einen hinterhältigen Mörder, der in seinem Schatten Zuflucht suchte, betrachtete er als tödliche Beleidigung, die entsprechend bestraft werden mußte. Energie und Lethargie, Großzügigkeit und Bosheit, kluges Handeln und unbegreifliche Tatenlosigkeit wechselten bei König Stephen ständig und verwirrten seine Umgebung. Aber irgendwo in diesem stattlichen, einfältigen Menschen war ein edler Kern verborgen.
    »Ich danke Euer Gnaden für Eure Unterstützung«, sagte Bruder Cadfael wahrheitsgemäß, »und ich werde mein Bestes tun, um der Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen. Außer seinem Namen weiß ich nicht viel über diesen jungen Mann. Er hat ein offenes und unschuldiges Gesicht, er war keines Verbrechens angeklagt, er hat niemandem ein Leid zugefügt, und er ist unrechtmäßig getötet worden. Ich glaube, daß Ihr diese Sache ebensowenig hinnehmen könnt wie ich. Wenn ich sie klären kann, will ich das tun.«
    In Edric Fleshers Haus in der Fleischergasse wurde Cadfael mit jener achtsamen Höflichkeit empfangen, die die Bürger der Stadt den Mönchen des Klosters entgegenbrachten. Petronilla ließ ihn ein, und er übergab ihr sofort das Pergamentblatt, auf dem Godith aufgeschrieben hatte, daß sie dem Überbringer trauen konnten. Sie überflog es und sah ihn mit tränenverschleierten Augen an.
    »Ach, mein Lämmchen! Geht es ihr gut? Sorgt Ihr auch gut für sie? Aber hier steht es ja, ich kenne ihre Schrift. Ich habe

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