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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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tiefe Wunde, vermutlich von einem Schwertstreich, und sein ganzer Körper wies blaue Flecken und Blutergüsse auf. Außerdem hatte er merkwürdigerweise einen unterbrochenen Kratzer an der linken Halsseite und einen anderen, ganz ähnlichen, an der Außenseite seines rechten Handgelenks. Sie waren schon ein oder zwei Tage älter als seine anderen Wunden und fast verheilt. »Zweifellos hast du in letzter Zeit ein sehr interessantes Leben geführt«, sagte Cadfael.
    »Ich bin froh, daß ich es noch habe«, murmelte der Junge. Er war schon fast eingeschlafen.
    »Wer war hinter dir her?«
    »Die Soldaten des Königs – wer sonst?«
    »Und sie werden dich weiterverfolgen?«
    »Mit Sicherheit. Aber in ein paar Tagen werde ich Euch nicht mehr zur Last fallen...«
    »Darüber würde ich mir an deiner Stelle jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Dreh dich ein wenig zu mir herüber – so! Ich will erst einmal deinen Oberschenkel verbinden.« Als Godith mit dem Krug voller Wasser zurückkam, hatte Cadfael die Verletzung schon versorgt.
    »Jetzt wollen wir uns die Schulter ansehen. Da hast du viel Blut verloren. Das war ein Pfeil.« Der Schuß war durch den äußeren Teil des Oberarms knapp unterhalb der Schulter gedrungen und hatte eine klaffende Wunde hinterlassen. Mit einem nassen Lappen tupfte Cadfael das verkrustete Blut weg, drückte die Wundränder vorsichtig zusammen und legte ein Tuch auf, das er vorher mit einer seiner Salben bestrichen hatte. »So, das wird jetzt sauber verheilen«, sagte er, während er den Verband anlegte. »Jetzt mußt du essen, aber nicht zuviel – du bist noch zu erschöpft. Wir haben dir Brot, Käse und Fleisch mitgebracht.
    Heb dir etwas für morgen früh auf. Wenn du aufwachst, wirst du wahrscheinlich sehr hungrig sein.«
    »Wenn noch etwas Wasser da ist, würde ich mir gerne die Hände und das Gesicht waschen«, sagte der Jüngling. »Ich bin fürchterlich schmutzig.« Godith kniete neben ihm nieder, befeuchtete ein Leintuch mit Wasser, aber anstatt es ihm in die Hand zu geben, wischte sie ihm damit selber sorgfältig über das Gesicht. Überrascht ließ er es geschehen. Während sie sich über ihn beugte, wendete er seinen Blick nicht von ihr – mit großen, verwunderten Augen sah er sie an. Die ganze Zeit hatte sie kaum ein Wort gesagt.
    Der junge Mann war fast zu müde, um überhaupt etwas zu essen. Er nahm nur ein paar Bissen zu sich und ließ sich wieder auf sein Lager zurücksinken. Eine Zeitlang lag er so da und betrachtete seine Retter unter halb geschlossenen Lidern.
    Mühsam gegen den Schlaf ankämpfend, sagte er: »Ihr habt schon so viel für mich getan und wißt noch nicht einmal wie ich heiße...«
    »Das hat Zeit bis morgen«, sagte Cadfael bestimmt. »Jetzt mußt du erst einmal schlafen, und hier bist du in Sicherheit.
    Trink dies – es verhindert den Wundbrand und ist gut für das Herz.« Er reichte ihm ein kleines Fläschchen mit einem starken Herzmittel, das er selber hergestellt hatte. »Und hier ist eine Flasche Wein. Du kannst davon trinken, wenn du aufwachst.
    Ich werde morgen früh kommen und nach dir sehen.«
    »Wir!« sagte Godith leise aber nachdrücklich.
    »Noch etwas!« Es war Cadfael im letzten Moment noch eingefallen. »Du hast keine Waffe bei dir, und doch mußt du wenigstens ein Schwert getragen haben.«
    »Ich habe es weggeworfen«, murmelte der Junge schläfrig, »als ich im Fluß trieb. Ich hatte zuviel Gewicht an mir, um schwimmen zu können, und sie schossen auf mich. Der Pfeil hat mich im Wasser erwischt... Da habe ich mich untergehen lassen. Hoffentlich glauben sie, daß ich ertrunken bin.«
    »Nun, morgen werden wir weitersehen. Auf jeden Fall brauchst du eine Waffe. Aber jetzt mußt du ruhen!«
    Noch bevor sie die Tür hinter sich zugezogen hatten, war er eingeschlafen. Nachdem sie schweigend ein Stück über das Stoppelfeld gegangen waren, fragte Godith unvermittelt:
    »Bruder Cadfael – wer war Ganymed?«
    »Ein schöner Jüngling, Mundschenk der Götter auf dem Olymp.
    Jupiter liebte ihn sehr. Aber einige meinen, das sei nur ein anderer Name für Hebe.«
    »Oh! Und wer ist Hebe?«
    »Ein schönes Mädchen, Mundschenkin der Götter auf dem Olymp. Auch sie liebte Jupiter sehr.«
    »Aha«, sagte Godith tiefsinnig. Und als sie die Straße, die zum Kloster führte, erreichten, fragte sie: »Ihr könnt Euch denken, wer er ist, nicht wahr? Ein sächsischer Name, und hellblondes Haar, wie die Sachsen es haben, und er ist auf der Flucht vor den Soldaten

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