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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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sein. Es wäre nicht gut, wenn man mich mit Euch reiten sähe, aber Ihr könnt ja Eure Pferde bewegen, wenn es Euch beliebt, ohne daß jemand Fragen stellt.«
    »Gut«, sagte Beringar befriedigt. »Wo ist dieser Ort? Müssen wir irgendwo den Fluß überschreiten?«
    »Nein, nicht einmal den Bach. Es ist ein alter Gutshof, den das Kloster hinter Pulley im Großen Wald unterhielt. Aber seit die Zeiten so unsicher geworden sind, haben wir dort kein Vieh mehr. Nur zwei Laienbrüder leben noch in dem Haus. Niemand wird Eure Pferde dort suchen – jeder weiß, daß das Gut praktisch verlassen ist. Und die beiden Brüder werden meinen Anweisungen gehorchen.«
    »Liegt St. Giles denn auf unserem Weg?«
    »Ja. Wir werden südlich bis nach Sutton reiten und von da aus westlich in den Wald. Der Rückweg ist etwas kürzer. Wir werden etwas mehr als drei Meilen zu Fuß gehen müssen.«
    »Ich glaube, das werde ich meinen Beinen zumuten können«, sagte Beringar. »Nach der Komplet also, bei St. Giles.« Ohne ein weiteres Wort beschleunigte er seine Schritte und ließ Cadfael hinter sich, denn gerade hatte Aline Siward das Haus, in dem sie wohnte, verlassen, um in die Kirche zu gehen. Sie hatte das Klostertor noch nicht erreicht, als Beringar an ihrer Seite war; sie hob den Kopf und lächelte ihn vertrauensvoll an.
    Wenn sie auch stolz war und einen scharfen Verstand besaß, so war sie doch ein argloser Mensch, und sie blühte förmlich auf beim Anblick dieses jungen Mannes, der, ganz gleich, was sich sonst noch über ihn sagen ließ, so listig wie eine Schlange war. Sprach das, dachte Cadfael und betrachtete die beiden, die in eine angeregte Unterhaltung vertieft vor ihm hergingen, am Ende zu seinen Gunsten? Oder war es ein Beweis für ihre kindliche Vertrauensseligkeit?
    Es wäre nicht das erstemal gewesen, daß sich eine untadelige junge Frau in einen skrupellosen Verbrecher, ja sogar Mörder verliebt hätte; und man hatte von skrupellosen Verbrechern und Mördern gehört, die untadeligen jungen Frauen treu ergeben waren und so in dieser einen Hinsicht ihrer eigenen Natur zuwider handelten.
    Der Anblick von Godith in der Kirche riß Cadfael aus seinen düsteren Gedanken. Sie warf ihm einen kurzen, fragenden Blick zu, den er mit einem beruhigenden Nicken und einem Lächeln beantwortete. So bewundernswert Aline auch war – an Godith hing sein Herz. Sie erinnerte ihn an Arianna, das griechische Mädchen, das er vor langer Zeit gekannt hatte. Arianna mit den gelockten Haaren, in denen der Wind spielte. Ihren Rock bis über die Knie geschürzt, hatte sie sich auf das lange Ruder ihres Bootes gestützt und es auf sein Schiff zu gelenkt...
    Nun ja! Torold war noch nicht einmal so alt wie er damals gewesen war. Das war etwas für junge Leute. Er hatte andere Dinge im Kopf: Bei St. Giles, nach der Komplet!

Kapitel VII
    Der Ritt durch Sutton in den ausgedehnten und urwüchsigen Großen Wald erschien ihm wie eine plötzliche Rückkehr in vergangene Zeiten. Einst waren ihm nächtliche Ritte und Hinterhalte so vertraut gewesen, daß sie fast zur Routine geworden waren, aber heute empfand er diesen heimlichen Ausflug fast als Aufregung. Sein Pferd war ausgezeichnet, seit fast zwanzig Jahren hatte er ein solches Tier nicht geritten, und der Genuß und die Versuchung, die er dabei empfand, führte ihm erneut vor Augen, daß er fehlbar und sterblich war. Auch der junge Mann, der neben ihm ritt, erinnerte ihn an vergangene Tage, als die Kameradschaft begeisterter und abenteuerlustiger Gefährten alle Mühsalen und Entbehrungen erträglich gemacht hatte.
    Als sie die Straße verlassen und den Wald mit seinen nächtlichen Schatten betreten hatten, schien Hugh Beringar völlig gelassen. Offenbar hegte er keinerlei Befürchtungen, sein Begleiter könnte ihn verraten haben. Er begann sogar ein Gespräch und stellte Bruder Cadfael neugierige Fragen über seine Vergangenheit und die Länder, die er bereist hatte, bevor er ins Kloster eingetreten war.
    »Ihr habt in jenen Jahren soviel von der Welt gesehen – ist Euch nie der Gedanke gekommen zu heiraten? Immerhin heißt es doch, die Hälfte der Menschheit bestehe aus Frauen.«
    »Ja, einmal habe ich daran gedacht zu heiraten«, gab Cadfael offen zu. »Das war, bevor ich auf die Kreuzfahrt ging, und sie war eine sehr schöne Frau. Aber, um die Wahrheit zu sagen, ich habe sie vergessen dort im Osten, so wie sie mich vergessen hat. Ich war lange fort – so gab sie schließlich das Warten auf und

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