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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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gefunden«, erwiderte er. »Mir ist noch etwas eingefallen, ein Gerücht, das gerade umgeht: Vor ein paar Tagen hat man hier in der Gegend einen Burschen aufgestöbert, der zu FitzAlans Gefolgsleuten gehört haben soll.
    Er ist in den Fluß geflohen, und ein Bogenschütze, der nach ihm schoß, hat ihn unterhalb der linken Schulter getroffen, vielleicht ins Herz. Jedenfalls ging er unter. Irgendwo bei Atcham wird er wohl angetrieben werden. Am nächsten Tag fand man ein reiterloses Pferd, das sicher ihm gehörte.«
    »Das müßt Ihr mir genauer erzählen«, sagte Cadfael neugierig.
    »Hier können wir sprechen. Niemand schleicht nachts in meinem Kräutergarten herum, und man weiß, daß ich zu den ungewöhnlichsten Zeiten auf den Beinen bin, um mich um meine Tinkturen zu kümmern.«
    »Ist das nicht die Aufgabe Eures neuen Gehilfen?« fragte Hugh Beringar unschuldig.
    »Ein Junge, der sich nachts aus dem Dormitorium schleicht«, sagte Bruder Cadfael, »würde das bald bereuen. Wir passen auf die Kinder besser auf, als Ihr anzunehmen scheint.«
    »Das freut mich zu hören. Es mag ja noch angehen, wenn kriegserfahrene alte Soldaten, die schließlich ein geruhsames Klosterleben gewählt haben, sich die Nächte um die Ohren schlagen. Kinder aber sollten gut beschützt werden.« Beringars Stimme klang völlig unverfänglich. »Ja, eine merkwürdige Sache ist das mit den Pferden... Stellt Euch vor: Einige Tage später fand man ein zweites, noch gesatteltes Reitpferd im Heideland nördlich der Stadt. Man glaubt, daß ein Reiter von der Burg ausgeschickt wurde, als der Angriff begann, der Adeneys Tochter aus ihrem Versteck holen und sicher durch den Belagerungsring um Shrewsbury bringen sollte. Das ist wahrscheinlich fehlgeschlagen. Sie ist also immer noch vermißt, und es wird angenommen, daß sie sich irgendwo in der Nähe versteckt. Man wird sie suchen, Bruder Cadfael – und zwar gründlicher als je zuvor.« Sie waren jetzt am inneren Garten angelangt. Hugh Beringar hauchte ein ›Gute Nacht!‹ und war im nächsten Augenblick wie ein Schatten in Richtung des Gästehauses verschwunden.
    Bruder Cadfael lag noch eine Weile wach und dachte scharf nach. Und je länger er nachdachte, desto mehr war er davon überzeugt, daß ihr Gespräch in der Mü hle tatsächlich von jemandem belauscht worden war, und daß es sich bei diesem Jemand zweifellos um Hugh Beringar handelte. Er hatte bewiesen, wie lautlos er sich bewegen konnte, er hatte sie aneinander gebunden, indem er Cadfael zur Mittäterschaft an einer illegalen Aktion bewegte, und schließlich hatte er einige vertrauliche Bemerkungen gemacht, die Panik und unüberlegte Handlungen hervorrufen sollten. Allerdings hatte Cadfael nicht die geringste Absicht, die Hoffnungen seines Gegenspielers in dieser Hinsicht zu erfüllen. Er glaubte nicht, daß der Lauscher viel gehört hatte. Aber die letzte Bemerkung, die Cadfael selbst gemacht hatte, verriet nur zu deutlich, daß er plante, zwei Pferde aufzutreiben, den Schatz aus dem Versteck zu holen und Torold mit ›ihr‹ wegzuschicken. Wenn Beringar nur einen Moment früher an der Tür gewesen war, mußte er auch ihren Namen gehört haben; aber auch ohne das hatte er sicher schon seine Schlüsse gezogen. Worauf wollte er in diesem Spiel, bei dem er seine besten Pferde einsetzte, hinaus?
    Warum hatte er die beiden Flüchtlinge, und mit ihnen Bruder Cadfael, noch nicht verraten? Ein Mann wie Beringar mochte lieber alles oder nichts riskieren – er konnte Torold, Godith und das Geld mit einem Schlag gewinnen. Hatte er nur seinen eigenen Gewinn im Sinn, oder wollte er die Gunst des Königs erlangen? Er schien tatsächlich ein junger Mann mit unbegrenzten Möglichkeiten zu sein.
    Cadfael dachte vor dem Einschlafen lange über ihn nach; zumindest eines lag auf der Hand: Wenn Beringar wußte, daß Cadfael vorhatte, den Schatz zu bergen, dann würde er Cadfael von jetzt an nicht aus den Augen lassen, denn er brauchte jemanden, der ihn zu der bewußten Stelle führte. Gerade als er einschlief, begann es zu dämmern. Als ihn die Glocke zur Prim weckte, schien es ihm, als sei kaum ein Augenblick vergangen.
    Als sie nach dem Frühstück im Garten waren, sagte Cadfael zu Godith: »Heute wirst du alles tun wie gewöhnlich. Du gehst zum Gottesdienst und danach zum Unterricht. Nach dem Mittagessen wirst du ein wenig im Garten arbeiten und dich um die Arzneien kümmern. Dann kannst du bis Vesper zur Mühle gehen, aber gib acht, daß dich niemand

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