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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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heiratete einen anderen. Ich kann es ihr nicht verdenken.«
    »Habt Ihr sie denn jemals wiedergesehen?«
    »Nein, nie. Sie hat jetzt schon Enkelkinder. Ich hoffe, sie sind gut zu ihr. Sie war eine gute Frau.«
    »Aber auch im Osten gibt es Männer und Frauen, und Ihr wart ein junger Kreuzritter. Ich kann mich über Euch nur wundern«, sagte Beringar verträumt.
    »Dann wundert Euch! Auch ich wundere mich über Euch«, antwortete Cadfael gutmütig. »Kennt Ihr zwei Menschen, die sich im Innersten ihres Herzens einander nicht doch fremd sind?«
    Ein kleines Licht schimmerte durch die Bäume. Die beiden Laienbrüder waren also noch wach. Wahrscheinlich waren sie beim Würfelspiel, vermutete Cadfael. Und warum auch nicht?
    Die Langeweile hier war sicher nicht einfach zu ertragen. Ihr Kommen bot den Brüdern gewiß eine willkommene Abwechslung.
    Daß die beiden jedoch sehr wohl auf der Hut waren, zeigte sich bald, als ihr unangemeldeter Besuch sich näherte. Die Tür öffnete sich, und Bruder Anselm trat aus dem Haus. Trotz seiner fünfundfünfzig Jahre war er groß und breit gebaut, und in einer Hand hielt er einen dicken Stock. Neben ihm stand Bruder Louis, der klein und flink war. Er trug einen Dolch und wußte ihn auch zu gebrauchen. Ihre Gesichter waren wachsam und entschlossen, aber beim Anblick von Bruder Cadfael breitete sich ein Grinsen darauf aus.
    »Ach, Ihr seid es! Was für eine Freude, einmal ein bekanntes Gesicht zu sehen, obwohl wir kaum mitten in der Nacht mit Euch gerechnet haben. Bleibt Ihr bis morgen? Und wohin reitet Ihr?«
    Sie betrachteten Beringar mit neugierigem Interesse, aber der überließ das Sprechen Cadfael. Der Wille des Abtes galt hier mehr als der Befehl des Königs.
    »Wir reiten nicht weiter als bis hierhin«, sagte Cadfael und stieg ab. »Dieser edle Herr hier bittet Euch, seine beiden Pferde einige Tage lang aufzunehmen und dafür zu sorgen, daß niemand sie zu Gesicht bekommt. Man wird in den nächsten Tagen Packpferde für die Armee beschlagnahmen, und das ist nicht das Richtige für diese beiden Rösser. Ihr Besitzer jedenfalls weiß eine bessere Verwendungsmöglichkeit für sie.«
    Mit Kennermiene betrachtete Bruder Anselm das Pferd, auf dem Beringar saß, und tätschelte es am Hals. »Es ist eine ganze Weile her, seit unser Stall so schöne Tiere beherbergt hat! Eigentlich ist er völlig unbenutzt, nur Prior Robert stellt seinen Esel dort ab, wenn er uns besucht, und das geschieht selten genug. Dieser Hof wird wohl bald aufgegeben werden - er liegt zu einsam und wirft zu wenig Gewinn ab. Ja, mein Guter, wir werden dich bestens unterbringen, und deinen Gefährten ebenfalls. Darf ich ihn hin und wieder einmal bewegen, mein Herr?«
    »Er wird Euch willig tragen«, erwiderte Beringar liebenswürdig.
    »Aber Ihr dürft die Pferde niemandem außer mir und Bruder Cadfael aushändigen.«
    »Das versteht sich von selbst. Hier wird sie niemand zu sehen bekommen.« Die beiden Brüder führten die Pferde in den Stall.
    Sie waren sehr zufrieden über diese Abwechslung und auch mit dem großzügigen Entgelt, das Beringar ihnen für ihre Dienste überreichte.
    Cadfael und Hugh Beringar machten sich auf den Heimweg.
    »Es ist ein Fußmarsch von etwas mehr als einer Stunde«, sagte Cadfael. »Für Pferde ist der Pfad an einigen Stellen zu eng, aber ich kenne ihn gut. Wenn es Euch nichts ausmacht, nasse Füße zu bekommen, werden wir oberhalb der Mühle den Bach überqueren, denn dann kommen wir unbemerkt von der Gartenseite her auf das Klostergelände.«
    »Mir scheint, Ihr wollt ein Spielchen mit mir treiben«, sagte Beringar nachdenklich, aber völlig gelassen. »Wollt Ihr mich im Wald abschütteln oder mich im Mühlbach ertrinken sehen?«
    »Ich bezweifle, daß mir das gelingen würde. Nein, Ihr werdet sehen, das wird ein sehr geselliger Spaziergang. Ihr werdet ihn genießen.«
    Und es war wirklich eine angenehme Wanderung, obwohl beide wußten, daß der eine den anderen für seine Zwecke einsetzte - der ältere Mönch, der keinen persönlichen Ehrgeiz besaß, und der junge Mann, dessen Ehrgeiz keine Grenzen kannte.
    Wahrscheinlich rätselte Beringar herum, warum Cadfael ihm so bereitwillig half, und mit Sicherheit beschäftigte Cadfael sich genauso angestrengt mit der Frage, warum Beringar sich in dieser Sache überhaupt an ihn gewandt hatte. Nicht, daß das eine Rolle spielte, aber es machte ihren Wettstreit interessanter. Und wer von ihnen gewinnen und das meiste herausschlagen würde, war

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