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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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noch völlig offen.
    So gingen sie hintereinander auf dem engen Waldweg. Sie waren beide etwa gleich groß, obwohl Cadfael einen eher stämmigen Körperbau hatte, während Beringar schlank und geschmeidig war. Bedachtsam folgte er Cadfael. Die Dunkelheit, die nur durch das hier und da durch die Blätter der Bäume fallende Sternenlicht erhellt wurde, schien ihm nicht das Geringste auszumachen. Ungezwungen begann er zu plaudern:
    »Der König hat vor, nach Gloucester zu gehen, und zwar mit verstärkten Truppen, daher diese Beschlagnahme von Pferden und Proviant. Ich bin sicher, daß er in einigen Tagen abmarschieren wird.«
    »Und Ihr werdet mit ihm marschieren?« Warum ihn nicht ermutigen, wenn er redseliger Stimmung war? Natürlich war alles, was er sagte, wohl überlegt, aber früher oder später würde auch er einen Fehler machen.
    »Das liegt beim König. Der Mann mißtraut mir, stellt Euch das vor! Natürlich käme es mir viel gelegener, wenn er mir hier ein Kommando übertragen würde, wo meine Besitzungen sind. Ich habe mich so oft bei Hofe sehen lassen, wie ich es wagen konnte – wenn man sein Gesicht zu häufig zeigt, kann das nachteilige Auswirkungen haben, und noch schlechtere, wenn man sich zu rar macht. Eine knifflige Entscheidung!«
    »Ich habe das Gefühl«, sagte Cadfael, »daß man sich auf Euer Urteil verlassen kann. Wir haben jetzt den Bach erreicht, könnt Ihr ihn hören?« Im Wasser lagen einige Trittsteine. Nach einem kurzen, abschätzenden Blick überquerte Beringar den Bach mit zwei geschwinden Schritten.
    »Glaubt Ihr wirklich, daß ich ein so gutes Urteilsvermögen habe?« nahm er die Unterhaltung wieder auf. Sie gingen jetzt nebeneinander her. »Und gilt das nur für Risiken und Vorteile?
    Oder auch für Männer und Frauen?«
    »Da Ihr mir vertraut«, sagte Cadfael trocken, »kann ich Euer Urteil in Bezug auf Männer kaum in Zweifel ziehen.«
    »Und wie steht es mit Frauen?«
    »Ich glaube, sie sind gut beraten, sich vor Euch in acht zu nehmen. Was erzählt man sich, abgesehen vom kommenden Feldzug, sonst noch am Hof des Königs? Hat man etwas von FitzAlan und Adeney gehört?«
    »Nein, und das wird man auch nicht mehr«, antwortete Beringar bereitwillig. »Sie haben Glück gehabt. Ich kann nicht sagen, daß mir das leid tut. Man weiß nicht, wo sie sich aufhalten, aber sie sind mit Sicherheit auf dem Weg nach Frankreich.«
    Es gab keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln; offenbar wollte er eher durch Wahrheit als durch Lügen an sein Ziel gelangen. Godith brauchte sich also nicht zu sorgen – die Entfernung zwischen ihrem Vater und Stephen wurde mit jedem Tag größer. Und jetzt standen zwei ausgezeichnete Pferde an Godiths und Torolds Fluchtweg bereit, in der sicheren Obhut zweier Laienbrüder, die sie auf Cadfaels Geheiß aushändigen würden. Die erste Hürde war überwunden. Jetzt mußt Cadfael die Satteltaschen aus dem Fluß bergen, und dann konnten sie sich auf den Weg machen. Keine einfache Sache, aber gewiß nicht unmöglich.
    »Jetzt weiß ich, wo wir sind«, sagte Beringar etwa zwanzig Minuten später. Sie waren geradeaus gelaufen, während der Bach in einem weiten Bogen verlief. Nun standen sie wieder an seinem Ufer. Auf der anderen Seite waren im Sternenlicht die abgeernteten Erbsenfelder zu erkennen, und dahinter lagen die Gärten und die mächtig aufragenden Schatten der Klostergebäude. »Ihr habt ein gutes Orientierungsvermögen, sogar im Dunkeln. Geht Ihr voraus, Ihr kennt diese Furt besser als ich.«
    Cadfael brauchte nur seine Kutte zu schürzen, damit außer seinen Sandalen nichts naß wurde. Sie befanden sich direkt gegenüber dem Schuppen, in dem Godith schlief. Sein Dach überragte knapp die Büsche und die Umfassungsmauer des Kräutergartens. Beringar stieg nach ihm in den Bach. Er hatte seine Stiefel und Hose angelassen. Cadfael bemerkte, wie vorsichtig er sich bewegte: das Wasser kräuselte sich kaum bei seinen Schritten. Beringar hatte die wachen Instinkte eines wilden Tieres, er war immer auf der Hut. Als er ans Ufer stieg, vermied er es, auf die vertrockneten Büschel der Erbsenpflanzen zu treten, damit kein Rascheln sie verriet.
    »Als Verschwörer seid Ihr ein Naturtalent«, murmelte Cadfael; und die Tatsache, daß er sich erlauben konnte, diese Bemerkung zu machen, war ein Beweis für die starke, wenn auch nicht gerade freundschaftliche Beziehung zwischen ihnen.
    Beringar sah ihn an. Auf seinem Gesicht lag ein breites Lächeln. »Ja, wir haben uns

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