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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wandte, mußte er an der Brücke vorbei, und dort würden, wenigstens bis zum Einbruch der Dunkelheit, wahrscheinlich aber sogar die ganze Nacht hindurch, Soldaten postiert sein.
    Obwohl er auf Eile bedacht war, gestaltete sich sein Vorhaben schwierig. Die plötzliche Durchsuchungsaktion hatte alle Einwohner aufgeschreckt und verängstigt. Torold mußte es unter diesen Umständen vermeiden, von irgend jemandem bemerkt zu werden. Er war fremd in dieser Gegend, wo jeder jeden kannte, und ein Unbekannter würde hier sofort auffallen und vielleicht gestellt werden. Mehrere Male mußte er sich ein Versteck suchen und abwarten, bis die Gefahr vorbei war.
    Schließlich aber hatte er Willem Ten Heyts Straßensperre hinter sich, an der die flämischen Söldner aufgebrachten Reisenden eine große Menge Güter und ein Dutzend guter Pferde abgenommen hatten. Hier standen die letzten Häuser, die zu der Stadt gehörten; danach kamen nur noch Felder und einige kleine Dörfer. Eine halbe Meile hinter der Sperre herrschte auf der Straße kaum noch Verkehr. Torold überquerte sie, verbarg sich wieder einmal in einem Gebüsch, von dem aus er den Bachlauf übersehen konnte, und überdachte die Lage.
    Da der Mühlkanal an einem Wehr etwas weiter oberhalb abzweigte, gab es hier zwei Wasserläufe. Er konnte sie im Licht der Sonne, die sich jetzt langsam nach Westen neigte, glitzern sehen. Es mußte jetzt beinahe Zeit für die Vesper sein. Sicher war die Durchsuchung des Klosters jetzt beendet, und man hatte sich die Stadt vorgenommen.
    Die Böschung war hier sehr abschüssig und diente den Schafen als Weide. Torold ließ sich hinunter, setzte mit Leichtigkeit über den Mühlkanal und überquerte den Bach, indem er von Stein zu Stein sprang. Langsam und jede Deckung ausnutzend, arbeitete er sich bachabwärts vor, bis er die flachen Wiesen erreicht hatte, die den Erbsenfeldern gegenüberlagen. Hier war das Gelände zu offen; er zog sich in ein Gestrüpp zurück, das ein Stück vom Bach entfernt lag, und überlegte sein weiteres Vorgehen. Von seinem Versteck aus konnte er über der Gartenmauer die Dächer der Klostergebäude und den hoch aufragenden Turm und das Dach der Kirche erkennen, aber was dort vorging, konnte er nicht sehen. Das abgeerntete Erbsenfeld, der Strohhaufen, in dem Godith und er vor kaum neunzehn Stunden das Boot und den Schatz versteckt hatten, die rostbraune Gartenmauer dahinter und das steile Dach einer Scheune – alles das machte einen friedlichen Eindruck. Er konnte noch eine Weile warten, bis die Dämmerung einsetzte, oder aber, wenn sich eine Gelegenheit ergab, das Risiko auf sich nehmen, in aller Eile durch den Bach zu waten und sich im Strohhaufen zu verbergen. Aber es kamen hier ab und zu Leute vorbei, die ihrer Arbeit nachgingen: ein Schafhirte, der seine Herde nach Hause trieb, eine Frau, die Pilze im Wald gesucht hatte, zwei Kinder mit einer Schar Gänsen. Er hätte vielleicht mit einem freundlichen Gruß an ihnen vorbeigehen können, ohne weiter aufzufallen, aber er durfte auf keinen Fall von ihnen gesehen werden, wenn er durch die Furt und in den Klostergarten rannte. Das hätte nur ihre Aufmerksamkeit erregt und einen Alarm ausgelöst. Von jenseits der Gärten waren immer noch aus der Ferne ungewohnte Geräusche zu hören: Rufe, Befehle und das Quietschen von Ochsenkarrenrädern. Außerdem sah er einen Reiter auf seiner Seite des Baches. Er war zwar noch ein ganzes Stück entfernt, kam aber langsam näher. Offenbar bewachte er diesen Abschnitt, den einzigen Zugang zum Kloster, der nicht von einer Mauer versperrt war. Er ließ sein Pferd im Schritt gehen und schien es mit seiner Pflicht nicht sehr genau zu nehmen. Zwar war er allein, aber ein Mann reichte. Ein Ruf, ein lauter Pfiff, und ein Dutzend Soldaten wäre zur Stelle.
    Torold duckte sich unter die Büs che und beobachtete ihn. Er saß auf einem großen, grobknochigen und starken, wenn auch nicht besonders schönen Apfelschimmel, und der Reiter selbst war ein junger, schwarzhaariger Bursche mit einem schmalen, selbstsicheren und düsteren Gesicht. Seine ganze Körperhaltung drückte Überheblichkeit aus. Diese lässige Arroganz und die auffallende Färbung des Apfelschimmels ließen Torold aufmerken. Dieses Pferd hatte er morgens an der Spitze der Patrouille am Fluß gesehen, und dieser Mann war abgestiegen und hatte als erster und allein Torolds verlassenes Versteck in der Mühle durchsucht. Er hatte ein halbes Dutzend Fußsoldaten bei sich gehabt,

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