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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ungewöhnlicher und geheimnisvoller erscheinen.
    »Wenn er mich doch nur so sehen könnte«, sagte sie sehnsüchtig. Sie hatte vergessen, daß sie bis jetzt außer Bruder Cadfael keinen Mann erwähnt hatte, und daß auch Aline zu diesem Zeitpunkt nichts von Torold und seinem Auftrag erfahren durfte. Über sich selbst hatte sie ihr fast alles erzählt, aber das war ihr wie die Abzahlung einer Schuld erschienen.
    »Oh, es gibt da einen Mann?« fragte Aline mit neugieriger Anteilnahme. »Und er wird Euch begleiten? Wohin Ihr auch geht? Aber nein, ich darf nicht in Euch dringen und verlangen, daß Ihr diese Frage beantwortet. Nur... warum solltet Ihr dieses Kleid nicht für ihn tragen? Wenn Ihr erst unterwegs seid, braucht Ihr Euch doch nicht mehr als Junge zu verkleiden.«
    »So, wie wir reisen werden, wird es sich wohl nicht vermeiden lassen«, antwortete Godith bedauernd.
    »Dann nehmt das Kleid wenigstens mit. Ihr könnt es ja in das große Bündel, das Ihr dabeihabt, einwickeln. Ich habe genug Kleider, und wenn Ihr auch auf der Reise keine Verwendung dafür habt, so werdet Ihr doch eines brauchen, wenn Ihr in Sicherheit seid.«
    »Ihr bringt mich in Versuchung! Nein, das ist wirklich sehr freundlich von Euch, aber ich kann es nicht mitnehmen. Wir werden ohnehin schon genug zu tragen haben. Aber habt vielen Dank – ich werde es Euch nicht vergessen.«
    Sie hatte, nur zum Vergnügen, mit Constances Hilfe jedes Kleid anprobiert, das Aline dabeihatte. Und jedesmal hatte sie sich vorgestellt, was für ein erstauntes und ehrfürchtiges Gesicht Torold machen würde, wenn sie ihm unvermutet so entgegentreten würde. Und irgendwie hatte sie, obwohl sie nicht wußte, wo er war und wie es ihm ging, einen wunderbaren und von Zweifeln ungetrübten Nachmittag verbracht. Eines Tages würde er sie gewiß, wenn nicht in diesem, so doch in einem anderen herrlichen Kleid und geschmückt mit Edelsteinen erleben. Aber dann fiel ihr ein, wie sie nebeneinander gesessen und einträchtig Pflaumen gegessen hatten, und sie mußte lachen. Nie mehr würde sie Torold etwas vorspielen können!
    Gerade als sie das Kleid wieder ausziehen wollte, hörten sie plötzlich ein leises Klopfen an der Haustür. Einen Augenblick lang erstarrten sie in ihren Bewegungen und sahen sich erschrocken an.
    »Werden sie am Ende doch das Haus durchsuchen?« flüsterte Godith ängstlich. »Habe ich Euch in Gefahr gebracht?«
    »Nein! Adam hat mir heute morgen versichert, daß uns niemand stören werde.« Aline stand resolut auf. »Ihr bleibt hier mit Constance und verriegelt die Tür. Ich werde nachsehen.
    Könnte es nicht auch Bruder Cadfael sein, der Euch holen kommt?«
    »Nein, um diese Tageszeit gewiß noch nicht. Es sind sicher noch Wachen aufgestellt.«
    Das Klopfen hatte zwar sehr respektvoll geklungen, aber trotzdem saß Godith bewegungslos hinter der verriegelten Tür und horchte angestrengt auf die Stimmen, die von draußen zu hören waren. Aline hatte ihren Besucher hereingebeten. Er sprach leise, und seine Stimme klang überaus höflich.
    »Adam Courcelle!« flüsterte Constance und lächelte wissend.
    »Er ist so verliebt, daß es ihn immer wieder hertreibt!«
    »Und sie – Aline?« fragte Godith neugierig.
    »Wer weiß! Nein, sie nicht – noch nicht.«
    Godith hatte am Morgen dieselbe Stimme gehört, als Courcelle dem Pförtner und den Laienbrüdern am Tor seine Befehle erteilt hatte, und da hatte sie ganz anders geklungen. Aber da hatte er eine unangenehme Pflicht zu erfüllen gehabt, die auch einen anständigen Mann launisch und hochfahrend machen konnte. Dieser aufrichtige und höfliche Mensch, der sich so besorgt nach Alines Wohlergehen erkundigte, mochte vielleicht Adam Courcelles wirkliches Selbst sein.
    »Ich hoffe, diese ganze Angelegenheit hat Euch nicht zu sehr erschreckt«, sagte er gerade. »Ihr könnt beruhigt sein – es wird jetzt keine Störungen mehr geben.«
    »Aber ich bin ja gar nicht belästigt worden«, versicherte ihm Aline heiter. »Ich kann mich nicht beschweren, Ihr seid wirklich sehr rücksichtsvoll gewesen. Mir tun nur die armen Menschen leid, denen man ihren Besitz fortgenommen hat. Ist in der Stadt dasselbe geschehen?«
    »Ja«, sagte er bedauernd, »und die Requirierungsmaßnahmen werden morgen fortgesetzt. Hier im Kloster jedoch ist unsere Aufgabe erledigt.«
    »Und habt Ihr sie gefunden? Das Mädchen, nach dem Ihr suchen solltet?«
    »Nein, wir haben sie nicht gefunden.«
    »Was würdet Ihr davon halten«, fragte

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