Bruder Cadfaels Buße
ich zuließe, daß man das Tier beschlagnahmt. So wurde er erst am späten Nachmittag, als die Nachhut steif an den beobachtenden und wartenden Siegern vorüberzog, Zeuge des Abzugs aus La Musarderie.
Jeder Angehörige des Trupps wurde von beiden Seiten scharf beäugt, und jedes Fuhrwerk wurde angehalten und nach verborgenen Bogen, Schwertern und Lanzen durchsucht. Camville kräuselte verächtlich die Lippen über das Mißtrauen der Sieger, sah jedoch zu, ohne sich zu äußern.
Er legte lediglich Protest ein, als man einige der Verwundeten für seinen Geschmack zu hart anfaßte. Als alles vorüber war, führte er seine Männer ostwärts über den Fluß und durch Winstone der Römerstraße entgegen.
Höchstwahrscheinlich war Cricklade sein Ziel, das vor einer unmittelbaren Bedrohung sicher war und inmitten eines Rings aus dem König ergebenen Burgen wie Bampton, Faringdon, Purton und Malmesbury lag. Auf diese sicheren Zufluchtsorte konnte er seine Krieger und seine Verwundeten verteilen. Es war derselbe Weg, den Olivier und der Müller von Winstone genommen hatten, doch endete deren Fahrt schon bald, ungefähr nach einem Dutzend Meilen.
Cadfael hatte noch in La Musarderie zu tun. Er konnte die Burg erst verlassen, nachdem er die Verwundeten, die zu schwach oder zu krank waren, um mit ihren Gefährten zu ziehen, der Obhut eines Pflegers unter dem Kommando des Marschalls anvertraut hatte. Außerdem war er der Ansicht, erst gehen zu dürfen, wenn der Zorn der Kaiserin zum Teil verraucht war und niemand mehr Gefahr lief, mit seinem Leben dafür zu büßen, daß man sie um ihren Toten betrogen hatte.
Bald würde ihre Hauptstreitmacht in den Burghof einreiten, um die nahezu leeren Ställe und Quartiere zu füllen, die erbeuteten Waffen zu mustern und sich häuslich einzurichten. Cadfael wollte vorher noch und möglichst unbeobachtet den beschädigten Turm aufsuchen. Vorsichtig unter den herabgestürzten Quadern und dem auf dem Boden liegenden Schutt tastend, fand er schließlich, in eine Mauerlücke gestopft, den Umhang. Olivier hatte ihn offenbar im letzten Augenblick abgelegt, bevor er in die Nacht hinaus unter die Belagerer getreten war. Um das Wappen mit dem Reichsadler zu verbergen, rollte Cadfael ihn so zusammen, daß es innen lag und nahm ihn mit in seine Zelle. Fast schien es ihm, als hinge noch ein Hauch der Wärme von Oliviers Körper darin.
Bis zum Einbruch der Nacht waren mit Ausnahme der Hofhaltung der Kaiserin alle in die Burg gezogen. Ein Voraustrupp hatte bereits begonnen, die am wenigsten spartanischen Räume mit Wandbehängen und Kissen für ihre kaiserliche Hoheit herzurichten. Der Rittersaal war wieder bewohnbar und sah im großen und ganzen aus wie immer, und die Köche und Dienstboten machten sich gleichmütig daran, die neuen Herren zu beköstigen und unterzubringen. Der beschädigte Turm wurde mit gut abgelagertem Bauholz abgestützt und eine Wache sollte Unvorsichtige am Betreten des Bauwerks hindern.
Noch hatte niemand die Tür zu Philips Kammer geöffnet und sie leer gefunden. Auch hatte niemand Zeit gehabt, auf den Benediktiner zu achten, der als letzter dort an der Seite des Verwundeten gesessen und sich dann, wie auch der Kaplan, lange in der Nähe des Gemeinschaftsgrabes und bei den Verwundeten aufgehalten hatte. Alle waren viel zu beschäftigt gewesen, als daß jemand auf den Gedanken gekommen wäre, sich zu fragen, wer während der Abwesenheit dieser beiden an Philips Lager wachte. Diesen Punkt hatte Cadfael in seine Überlegungen einzubeziehen vergessen. Jetzt, als die drängendsten Aufgaben erledigt waren, kam ihm allmählich der Gedanke, daß er selbst das Fehlen des verwundeten Burgherrn würde entdecken und melden müssen, um keinen Verdacht auf diejenigen von Philips Dienerschaft zu lenken, die sich noch in der Burg befanden. Er wollte dies aber möglichst nicht ohne Zeugen tun.
Etwa eine Stunde vor dem Vespergebet ging er in die Küche, wo er um einen Schoppen Wein und einen Ledereimer mit heißem Wasser für seinen Patienten bat. Den schweren Eimer ließ er sich von einem Küchenjungen über den Burghof zum Bergfried tragen.
»Als ich ihn vor einigen Stunden allein ließ, um hinaus zur Begräbnisstätte zu gehen«, sagte er, als sie in den Gang traten, »hatte er Fieber. Vielleicht kann ich es senken, wenn ich ihn bade und ihm etwas einzuflößen versuche.
Kannst du eine Weile dableiben und mir helfen, ihn zu heben und umzudrehen?«
Der Küchenjunge, ein Hüne mit wirrem
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