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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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verkehrte. Solange die beiden in Verbindung blieben, würden sie einander gegen die ganze Welt verteidigen, auch wenn der eine das Handeln des anderen nicht verstand.
    Auch ich verstehe es nicht, dachte Cadfael, aber das ist auch nicht erforderlich. Ich empfinde Vertrauen, Achtung und Liebe. Trotzdem habe ich gerade den Ort aufgegeben und verlassen, dem ich am meisten Vertrauen, Achtung und Liebe entgegenbringe. Ob ich je dorthin zurückkehren kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Es kommt auf einen Versuch an. Mein Sohn hat die Freiheit wiedererlangt, er ist unverletzt und steht in Gottes Hand.
    Ich habe ihn befreit, und er seinen Freund. Was zwischen ihnen steht, müssen sie überwinden. Sie brauchen mich nicht. Aber ich brauche gewisse Dinge, o Gott, wie sehr.
    Während die Zahl der Jahre, die vor mir liegt, nur noch gering ist, hat sich meine Schuld, von einem Maulwurfshügel, zu einem Gebirge aufgetürmt, und mein Herz sehnt sich zurück.
    »Möge dir unser Fasten angenehm sein, Herr, wir bitten Dich, und mache uns Deiner Gnade würdig, indem Du uns unsere Sünden vergibst...«
    Ja, Amen! Schließlich hat Gottes Segen auf der langen Reise hierher geruht. Sofern sich der Heimweg als mühselig erweist und an seinem Ende die Zurückweisung stehen sollte, darf ich da an diesem Preis herummäkeln, den ich zu zahlen habe?
    Die Kaiserin zog am folgenden Tag ausgesprochen mißgestimmt und schlecht gelaunt in La Musarderie ein, hatte sich aber mehr oder weniger im Griff. Ihre schwarzen gerunzelten Brauen hoben sich sogar ein wenig beim Anblick der Beute, die ihr in die Hände gefallen war, und sie fand sich ungnädig damit ab, auf ihren großen Triumph verzichten zu müssen.
    Cadfael sah zu, wie sie einritt, und mußte zugeben, daß diese hochgewachsene und befehlsgewohnte Frau eine herrscherliche Gestalt war, ob zu Fuß oder zu Pferde.
    Selbst in ihrem Mißvergnügen war sie von eindrucksvoller Schönheit. Wenn sie es darauf anlegte, jemanden zu bezaubern, konnte sie unwiderstehlich sein. So hatte sie sich so manchem jungen Mann wie Yves gezeigt, bis er die stählerne Härte ihres Willens kennenlernte.
    Sie saß glänzend gekleidet auf einem edel aufgezäumten Pferd. Ritter in glänzender Rüstung begleiteten sie und ihre Damen zu beiden Seiten, und den Abschluß bildete ein ganzer Trupp von Gewappneten. Cadfael erinnerte sich noch an die beiden Hofdamen, die ihr in Coventry aufgewartet hatten und nach Gloucester gefolgt waren.
    Die ältere, groß und schlank, trug Witwentracht, und hatte ein hageres Gesicht sowie silbergraues, fast weißes Haar. Sie mochte an die sechzig sein, war aber nach wie vor von jugendlicher Anmut. Ihre junge Nichte Isabeau ähnelte ihr trotz der vielen Jahre, die zwischen ihnen lagen, so sehr, daß sie in all ihrer Lebenskraft und Schönheit vermutlich so aussah wie Jovetta de Montors einst als junges Mädchen. Kein Wunder, daß so viele edle junge Männer sie in Coventry umschwärmt hatten.
    Der Trupp hielt im Burghof an, und FitzGilbert sowie ein halbes Dutzend seiner Ritter wetteiferten darin, den Damen aus dem Sattel zu helfen und sie zu den für sie vorbereiteten Gemächern zu geleiten. La Musarderie hatte eine Burgherrin.
    Wo aber befand sich der einstige Burgherr, und wie mochte es ihm ergehen? Falls Philip den Transport überstanden hatte, dürfte er noch am Leben sein. Olivier würde ihn bestimmt nicht verlassen, solange sein Zustand noch im geringsten unsicher war.
    Inzwischen kam Yves, saß ab und führte sein Pferd in den Stall. Sobald seine Zeit es ihm gestattete, würde er Cadfael aufsuchen. Es gab Neuigkeiten auszutauschen, und sicherlich war Yves bereits ungeduldig.
    Sie setzten sich nebeneinander auf das schmale Bett in Cadfaels Zelle, wie schon vor wenigen Tagen, und teilten einander alles mit, was geschehen war, seit sie sich am knorrigen Rebstock getrennt hatten, während der Wächter keine zwanzig Schritt entfernt patrouillierte.
    »Natürlich habe ich gleich gestern erfahren«, sagte Yves voll Staunen und Begeisterung, »daß Philip auf und davon war, verschwunden wie der Morgennebel. Aber wie war das möglich? Wenn er wirklich so schwer verwundet wurde, daß er nicht einmal stehen konnte... ? Ihr ist es erspart geblieben, sich mit dem Grafen zu überwerfen und... und Schlimmeres... So vieles ist uns erspart geblieben. Aber wie ist das zugegangen?« Es war deutlich zu merken, daß ihm die Entwicklung der Dinge nur recht war. Dann fragte er mit ernster Stimme: »Und was ist

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