Bruder Cadfaels Buße
entschieden. »Wohl aber kann ich Anweisungen über ihren Gebrauch innerhalb dieser Mauern und während der bedeutsamen Verhandlungen erlassen. Wer in der Stadt umhergeht, mag sein Schwert tragen, wie er es gewohnt ist, könnte sich doch ein Mann sonst entblößt fühlen.« Mit der kräftigen Statur und seinem Adlergesicht hätte er ohne weiteres als Krieger eine gute Figur gemacht. Hieß es denn nicht auch von ihm, er strebe danach, bei der Verteidigung des christlichen Königreichs Jerusalem nicht nur eine passive Rolle zu spielen? »Innerhalb dieser Mauern«, sagte der Bischof eindringlich, »darf keine Klinge entblößt werden. Während der Versammlung ist es niemandem erlaubt, eine Waffe mit in den Saal zu nehmen, sie müssen alle im Quartier bleiben. Ebensowenig darf jemand bei den Gottesdiensten in der Kirche eine Waffe mit sich führen. Ganz gleich, wie die Verhandlungen ausgehen, niemand darf einen anderen mit der Waffe in der Hand zur Rede stellen, aus welchem Grund auch immer. Dies gelte bis wir, die wir hier zusammengekommen sind, uns wieder getrennt haben. Ist es Euch so recht?«
»So ist es gut«, sagte König Stephen. »Ihr, meine Herren, beherzigt die Anordung und haltet Euch daran.«
Der Blick seiner leuchtend blauen Augen richtete sich drohend auf Yves und Brien. Er kannte keins der beiden Gesichter und wußte auch nicht, zu welcher Partei die Männer gehörten. Wahrscheinlich hatte er sie nie zuvor gesehen und würde sie auch wieder vergessen, sobald er ihnen den Rücken zugekehrt hatte.
»Nunmehr werde ich den Fall in gleicher Weise der Dame darlegen«, sagte Roger de Clinton, »und überdies die Bedingungen öffentlich bekanntgeben, wenn wir uns morgen früh versammeln.«
»Das ist wohlgetan«, entgegnete der König munter und schritt zum Torweg, wo ein Reitknecht sein Pferd hielt.
Als Cadfael erneut den Blick auf den Eingang des Versammlungssaals richtete, sah er, daß sich die Dame bereits in ihre Gemächer zurückgezogen hatte.
Auf dem Weg zu ihrer Unterkunft in einer der Pilgerherbergen ging Yves schweigend neben ihnen, rasend vor unterdrücktem Zorn. Teils wirkte er wie ein Junge, den man öffentlich getadelt hat, teils wie ein Mann, der gezwungen wurde, von einer handfesten Auseinandersetzung Abstand zu nehmen.
»Nun grämt Euch doch nicht«, versuchte ihm Hugh vernünftig zuzureden, bemüht, den Jungen in Yves nachsichtig zu behandeln und zugleich darauf bedacht, den Mann in ihm nicht zu kränken. »Auch de Soulis hat man den Kopf zurechtgesetzt, sofern er es war. Ihr habt Euch Eure Zurechtweisung durch den Bischof selbst zuzuschreiben. Niemand kann bestreiten, daß Ihr ihn angegriffen habt. De Soulis seinerseits hätte Euch am liebsten durchbohrt. Ihr hättet Euch denken müssen, daß es sich die Kirche nicht gefallen läßt, wenn man hier auf ihrem Grund und Boden das Schwert zieht.«
»Das ist mir selbstverständlich klar«, räumte Yves widerwillig ein, »aber daran habe ich nicht gedacht, als ich ihn mit einem Mal hier umherstolzieren sah, als befände er sich in seiner eigenen Burg... Ich hätte nie geglaubt, daß er die Dreistigkeit besitzt, sich hier zu zeigen. Gott im Himmel, was muß sie empfinden, wenn sie ihn so unverfroren auftreten sieht, wo er ihr so viel angetan hat!
Dabei hatte sie ihn anderen vorgezogen und ihm ein hohes Amt gegeben!«
»Das ist auch bei Philip der Fall«, sagte Hugh schroff.
»Wollt Ihr auch ihm an die Kehle springen, wenn er den Versammlungssaal betritt?«
»Bei Philip liegen die Dinge anders«, entgegnete Yves aufbrausend. »Gewiß, er hat Cricklade verraten, aber die Besatzung der Burg ist aus freien Stücken gegangen.
Glaubt Ihr, ich wüßte nicht, daß es für einen Mann ehrenwerte Gründe geben kann, die Seiten zu wechseln?
Glaubt Ihr, daß es so leicht ist, ihr zu dienen? Ich habe gesehen, wie sie sogar Graf Robert abweisend und beleidigend behandelt hat. Wenn ihr danach war, ist sie mit ihm umgesprungen wie mit einem leibeigenen Bauern.
Dabei ist er ihre einzige Stütze und nimmt um ihretwillen alles auf sich!«
Er gab sich eine Weile einem Kummer hin, dessen Ursache Cadfael bereits erraten hatte. Es ging der schönen und unerschrockenen Herrscherin bei ihrem Kampf mehr um die Rechte ihres minderjährigen Sohnes als um ihre eigenen. All die treuherzigen jungen Männer, die sie umgaben, waren ein wenig in sie verliebt, hätten sie am liebsten vollkommen gesehen und wandten sich aufgebracht von allem ab, was darauf hinwies, daß sie
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