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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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unvollendet. In seine Augen trat ein Ausdruck von Ungläubigkeit. Cadfael, der seinem Blick folgte, sah einen Mann, der auf der gegenüberliegenden Seite die breite Steintreppe herabkam, die zum großen Saal führte. Da sich außer ihm niemand dort befand, konnte man ihn oberhalb der quirligen Menge deutlich sehen. Er wirkte nicht unsympathisch, war gut gebaut und bewegte sich mit eleganter Überheblichkeit. Er war barhäuptig, und ein kurzer Umhang hing ihm lose von einer Schulter. Der Mann mochte an die fünfunddreißig Jahre alt sein und schien sich seiner Bedeutung durchaus bewußt. Als er den Fuß auf den gepflasterten Hof setzte, wich die Menge beiseite, als teile sie seine Selbsteinschätzung. Doch das konnte nicht der Grund sein, warum Yves innegehalten und die dunklen Brauen in feindseliger Abwehr zusammengezogen hatte.
    »Er hat die Stirn, sich hier zu zeigen?« knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen. Unvermittelt schmolz das Eis und wurde zu Feuer. Mit einem Sprung war Yves aus dem Sattel, stürmte dem kräftig ausschreitenden Fremden entgegen und trieb mit der flachen Klinge seines Schwertes Reitknechte und Pferde aus dem Weg. Seine Stimme erhob sich, sie klang laut und scharf.
    »He, de Soulis! Verräter an Eurer Sache und Euren Gefährten. Wagt Ihr es, Euch unter Ehrenmännern zu zeigen?«
    Einen entsetzten Moment lang verstummte jede Stimme im Hof; gleich darauf redeten alle unruhig, erregt und aufbegehrend durcheinander. So wie die Menschen zuerst zur Seite gewichen waren, strömten sie jetzt in einer Gegenbewegung zur Mitte der Szene, um die bevorstehende Kraftprobe zu unterbinden. Doch de Soulis war bereits herumgefahren, um sich seinem Herausforderer zu stellen. Auch er hielt das entblößte Schwert in der Hand und verschaffte sich Platz, indem er die Klinge um sich herum durch die Luft pfeifen ließ. Dann drangen die beiden aufeinander ein, und Stahl klirrte auf Stahl.

3. Kapitel
    ugh Beringar sprang vom Pferd, warf ihm den Zügel über den Hals - mochte sich ein Reitknecht darum kümmern - und drang in den Kreis erschreckter Menschen vor, der sich um die Kämpfenden gebildet hatte. Jeder achtete ängstlich darauf, außerhalb der Reichweite der blitzenden Schwerter zu bleiben. Cadfael folgte dem Freund mit ergebener Geduld, wenn auch ohne Eile, nahm er doch an, daß er kaum in der Lage sein dürfte, mehr als dieser zur Schlichtung beizutragen. Keinesfalls würde der Kampf so lange dauern, bis dabei einer der beiden Gegner den Tod fand - solch ungehöriges Tun würden die in großer Zahl anwesenden kirchlichen und weltlichen Würdenträger zu verhindern wissen.
    Die aus allen Richtungen widerhallenden Kampfgeräusche waren dazu geeignet, binnen weniger Minuten eine ganze Anzahl von ihnen am Ort des Geschehens eintreffen und wortgewaltig einschreiten zu lassen.
    Doch als Cadfael erst festen Boden unter den Füßen hatte, drängte er sich doch geschwind in die wogende Menge. Er wollte wenigstens in der Nähe sein, wenn sich eine Gelegenheit ergeben sollte, einen der beiden Streithähne am Ärmel zu packen und aus der Gefahrenzone zu ziehen. Sofern es sich bei dem Angegriffenen tatsächlich um den Abtrünnigen von Faringdon handelte - dieser de Soulis hatte Yves im Schwertkampf ein Dutzend Jahre an Übung voraus, eine Erfahrung, die durch nichts zu ersetzen war. Während sich Cadfael unverdrossen weiter durch die Menge voranarbeitete, hörte er irgendwo hinter sich vom Torweg eine laute Stimme und sah am Eingang zum großen Saal Farben aufleuchten. Erst, als sich ohne Vorwarnung ein langer Stab gebieterisch über seine linke Schulter in die Mitte des Kreises der Umstehenden schob, in dem die beiden mit ihren Schwertern aufeinander einhieben, erkannte er, daß sich jemand nachhaltig darum bemühte, sie zu trennen. Als nächstes sah er einen langen Arm, der den Stab führte und damit die Schwerter kräftig nach oben stieß, ohne die Hände zu schonen, die sie hielten. An der Spitze des Stabes blitzte etwas silbern auf. Yves ließ seine Waffe fahren, so daß die Klinge klirrend auf die Pflastersteine schlug. De Soulis bemühte sich, sein Schwert erneut fester zu packen, doch zitterte ihm der Knauf in der Hand, und er sprang vor dem schweren silberbeschlagenen Krummstab zurück, der jetzt senkrecht zwischen den beiden stand. Atemlose Stille trat ein.
    »Weg mit den Waffen«, sagte der Bischof Roger de Clinton, ohne die Stimme zu erheben. Er war ein hochgewachsener, schlanker und offenbar kräftiger

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