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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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war. Dies Schlachtfeld betraf ihn eigentlich nicht. Nichts verband ihn mit einer der beiden Seiten, sah man davon ab, daß es sich um Menschen wie ihn selbst handelte, die verletzbar waren. Es wäre besser, wenn er sich auf die einzige Weise nützlich machte, die er zu rechtfertigen vermochte. Doch während er sich vorsichtig über den Wehrgang voranarbeitete und als erfahrener Krieger, dem seine Haut lieb ist, von Zinne zu Zinne sprang, konnte er nicht umhin, das Geschick gutzuheißen, mit dem Philip seine Bogenschützen und seine Wurfmaschinen postiert hatte, wie auch die umsichtige Art, mit der sich die Besatzung verteidigte.
    Unten im Rittersaal versorgten der Kaplan und ein älterer Verwalter die Verletzten. Noch waren keine schweren Wunden zu behandeln, sondern ausschließlich Abschürfungen und Verletzungen durch umherfliegende Steinsplitter, die sich beim Aufprall von Kugeln auf die Mauer gelöst hatten. Außerdem gab es eine oder zwei Fleischwunden von Pfeilen, die einen Arm oder eine Schulter getroffen hatten, die nicht hinter den schützenden Zinnen verborgen waren. Cadfael half den beiden und tröstete sich damit, daß er während der nächsten Stunden nur wenig zu tun haben würde. Doch wußte er nur zu gut, daß es lediglich eine Frage der Zeit war, bis auch schwere Verwundungen zu behandeln sein würden. Noch vor Mittag zeigte sich, daß FitzGilbert Befehl hatte, zum Angriff auf La Musarderie alle verfügbaren Mittel aufzubieten, um ein rasches Ende herbeizuführen.
    Schon zuvor hatten die Belagerer einen Angriff gegen das Torhaus geführt, der durch einen ununterbrochenen Steinhagel gegen den Westturm gedeckt worden war. Doch da die über dem Tor postierten Wurfmaschinen mit ihren Speeren eine Schneise in die Reihe der Angreifenden gerissen hatten, sah sich der Feind unter Mitnahme seiner Verwundeten zum Rückzug genötigt. Um den Angriff abzuwehren, mußte die Zahl der Verteidiger an den Tortürmen erhöht werden, was die Aufmerksamkeit der Besatzung zum Teil von der Hauptangriffsrichtung ablenkte. Das nutzten die Belagerer, um mit ihrer schwersten Belagerungsmaschine aus der Deckung des Waldes hervorzukommen und große Steine und Metallbrocken gegen die Burg zu schleudern. Als Ziel dafür hatte man die hölzerne Brustwehr ausersehen, die weit verwundbarer war als das feste Mauerwerk. Cadfael spürte, wie die Wände des Rittersaals bei jedem Aufprall bebten, und die Luft schwang mit wie bei einem Gewitter. Sofern es den Angreifenden gelang, noch weiter vorzurücken und über die Mauer hinweg Geschosse zwischen die Gebäude im Hof zu schleudern, würden sich die Verteidiger wohl bald gezwungen sehen, mitsamt ihren Verwundeten den Schutz des Bergfrieds aufzusuchen, dessen feste Mauern nichts erschüttern konnte.
    Ein junger Bogenschütze kam vom Wehrgang herab; schlaff hing ein Arm in seinem blutigen Ärmel. Schweratmend und schweißbedeckt saß er da, während man seine Wunde freischnitt, säuberte und verband.
    »Ein großes Stück der Brustwehr ist zersplittert«, berichtete er und verzog das Gesicht vor Schmerzen. »Fast wäre eine unserer Steinschleudern abgestürzt, aber wir haben es geschafft, sie über die Zinnen wieder hochzuwinden. Dabei habe ich mich zu weit vorgebeugt und diesen Pfeil abgekriegt.
    Bohuns Bogenschützen verstehen ihr Handwerk. Er hat meinen Zugarm getroffen, aber ich kann die Wurfmaschine auslösen, wenn ein anderer sie spannt.«
    Als nächstes werden sie Brandpfeile auf das zersplitterte Holz der Brustwehr schießen, dachte Cadfael, während er den Verband am Arm des Mannes glättete. Sie liegt in ihrer Reichweite. Es ist fast windstill, so daß ihre Pfeile nicht abgelenkt werden. Bei dem starken Frost ist das Holz trocken wie Zunder.
    »Haben sie nicht versucht, zur Mauer darunter vorzudringen?« fragte er.
    »Noch nicht.« Vorsichtig spannte der junge Mann seinen verbundenen Arm, zuckte zusammen, verdrängte dann aber den Schmerz und erhob sich, um auf seinen Posten zurückzukehren. »Sie haben es zwar eilig, aber so eilig auch wieder nicht. Vielleicht versuchen sie es nach Einbruch der Dunkelheit.«
    In der Abenddämmerung trat Cadfael in den Burghof hinaus, stieg zum Wehrgang empor und blickte aus der Deckung einer Zinne zum geborstenen Stück der hölzernen Brustwehr hinüber. Es hing schief im Winkel von Turm und Ringmauer herab. Unter dem von schweren Wolken verhangenen Himmel, an dem man den Mond nicht sah, waren im Feuerschein, der hin und wieder im Waldgebiet auf

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